Emotionen Können Hunde Eifersucht spüren? Das sagt die Forschung

Eifersüchtiger Hund schaut zu seinem Besitzer auf, der mit einer anderen Person spricht
"Und ich?" – Fachleute diskutieren, ob Hunde Eifersucht (und wenn ja, in welcher Form) empfinden können
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Empfinden unsere Vierbeiner Eifersucht? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchen Antworten – und finden immer mehr Hinweise, dass Hunde komplexere Gefühle haben als gedacht

Ein leises Knurren, ein energisches Stupsen mit der Schnauze – und schon schiebt sich der Hund zwischen sein Frauchen und den fremden Vierbeiner, der gerade gestreichelt wird. Oder zwischen sein Herrchen und einen Bekannten, die sich angeregt unterhalten. Solche Szenen dürften vielen Hundebesitzern bekannt vorkommen. Kaum richtet sich die Aufmerksamkeit auf einen anderen Hund oder eine andere Person, drängt sich der eigene Vierbeiner in den Vordergrund, als wolle er sagen: "Beachte mich! Du bist mein Mensch!"

Doch steckt hinter einem solchen Verhalten tatsächlich Eifersucht? Können Hunde dieses Gefühl in einer Weise empfinden, die mit der des Menschen vergleichbar ist? Oder interpretieren wir womöglich menschliche Emotionen in unsere Haustiere hinein, vermenschlichen diese also zu sehr?

Ein Spektrum der Emotionen

Die Existenz komplexer Emotionen bei Tieren haben Wissenschaftler in der Geschichte oft debattiert. Rene Descartes postulierte gar, Tiere seien nur Maschinen, und sprach ihnen jede Art von Schmerzempfinden ab. 

Beobachtete Verhaltensweisen wurden eher einfacheren Instinkten oder gelernten Reaktionen zugeschrieben als komplexen emotionalen Zuständen. So wurde lange Zeit auch angenommen, dass Hunde keine komplexen kognitiven Fähigkeiten besitzen – schon gar nicht jene, die für Emotionen wie Eifersucht notwendig sind. Große Fortschritte in der jüngeren Tierkognitionsforschung widerlegen derlei Ansichten jedoch und eröffnen ein nuancierteres Verständnis des emotionalen Innenlebens unserer Vierbeiner.

Die moderne Wissenschaft erkennt an, dass Hunde ähnliche Gehirnstrukturen wie wir Menschen besitzen und von neurochemischen Prozessen (zum Beispiel der Ausschüttung von Oxytocin, die mit Liebe und Zuneigung verbunden ist) beeinflusst werden, die auch beim Menschen Emotionen hervorrufen. Hunde zeigen Empathie, indem sie menschliche Emotionen wahrnehmen und darauf reagieren, und sie können Emotionen sogar durch "emotionale Ansteckung" spiegeln. Ein zentraler Mechanismus für die tiefe Bindung und ein Hinweis auf das hohe Maß an emotionaler Intelligenz der Vierbeiner.

Diese gemeinsame neurologische und chemische Grundlage liefert eine starke biologische Basis für die Annahme, dass Hunde Emotionen ähnlich wie wir Menschen erleben.

Eifersucht: Ein rein menschliches Gefühl?

Heute ist klar: Hunde erleben eine breite Palette von Emotionen, die ihr Verhalten und Wohlbefinden tiefgreifend beeinflussen. Dazu gehören Freude, Furcht, Wut, Angst, Liebe, Stress, Geborgenheit und Unsicherheit. Freude zeigt sich oft durch wedelnde Ruten und spielerisches Bellen, während sich Gefühle wie Furcht und Angst als übermäßiges Hecheln, Vermeidungsverhalten oder Aggression manifestieren können.

Hundeblick: Was Hunde uns mit ihren Blicken sagen wollen
Was Hunde uns mit ihren Blicken sagen wollen

Und tatsächlich zeigen zahlreiche Studien auch, dass Hunde in bestimmten Situationen durchaus Verhaltensweisen an den Tag legen, die stark an menschliche Eifersucht erinnern. So demonstrierten Forscherinnen der Universität San Diego bereits vor einigen Jahren in einer wegweisenden Studie, dass Hunde deutlich häufiger versuchen, die Interaktion zwischen ihrem Besitzer oder ihrer Besitzerin und einem vermeintlichen Rivalen – im Versuchsaufbau war es ein bellender Plüschhund – zu unterbrechen, als wenn der Mensch sich einem neutralen, unbelebten Gegenstand wie einem Buch oder einem Eimer widmet.

Eine neuere Untersuchung der Universität Auckland aus dem Jahr 2021 belegt zudem, dass Hunde nicht nur auf sichtbare Rivalen reagieren: Die Vierbeiner zeigen auch dann typische Eifersuchtsreaktionen, wenn sie lediglich vermuten, dass Herchen oder Frauchen einen anderen Hund streicheln – selbst wenn sie die Szene gar nicht sehen können. Das spricht dafür, dass Hunde nicht nur auf unmittelbare visuelle Reize reagieren, sondern in der Lage sind, eifersuchtauslösende Situationen mental zu repräsentieren – eine Fähigkeit, die bislang vor allem Menschenkindern zugeschrieben wurde.

Kinder und Hunde: Eine Entwicklungsanalogie

Tatsächlich greifen Forschende oft zu einem Vergleich zur menschlichen Entwicklung, um die emotionale Bandbreite von Hunden verständlich zu machen. Der Konsens besagt, dass der Verstand eines Hundes in Bezug auf die meisten mentalen Fähigkeiten, einschließlich Emotionen, in etwa dem eines menschlichen Kindes zwischen 2 und 2,5 Jahren entspricht. Dies bedeutet, dass Hunde alle grundlegenden Emotionen wie Freude und Liebe, Furcht, Wut oder Ekel besitzen.

Dieser Vergleich bringt allerdings auch Einschränkungen mit sich: Komplexere soziale Emotionen wie Schuld, Stolz und Scham, die typischerweise später in der menschlichen Entwicklung (nach dem dritten Lebensjahr für Scham und Stolz und noch später für Schuld) auftreten, werden Hunden im Allgemeinen nicht zugeschrieben. Verhaltensweisen, die oft als Schuldgefühl interpretiert werden (zum Beispiel das Ducken nach einem "Missgeschick"), sind genauer als Furcht vor Bestrafung aufgrund vergangener Erlebnisse zu verstehen. Während die Analogie zu einem 2- bis 2,5-jährigen Kind also hilfreich ist, um grundlegende Emotionen bei Hunden begreifbar zu machen, ist sie ebenso entscheidend, um den Vierbeinern bestimmte komplexe Emotionen abzusprechen.

Hundeverhalten: Eifersucht oder Ressourcenschutz?

Die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nehmen deshalb an, dass Hunde zwar in manchen Situationen Verhaltensweisen zeigen, die an das Benehmen von eifersüchtigen Menschen erinnern. Doch spricht man bei Hunden in der Wissenschaft von einer "primordialen" Form der Eifersucht, anstatt den Vierbeinern die kognitiv komplexe menschliche Emotion zuzuschreiben. Diese "Kernform" der Eifersucht kann durch die relativ einfache Wahrnehmung bei den Vierbeinern ausgelöst werden. Zum Beispiel, wenn den Hunden auffällt, dass die Aufmerksamkeit von Herrchen oder Frauchen von einem potenziellen Rivalen in Anspruch genommen wurde.

Aus evolutionärer Sicht kann das eher negativ besetzte Gefühl der Eifersucht nämlich durchaus Vorteile bieten, wie den Schutz sozialer Bindungen oder den Schutz von Ressourcen. Wenn man annimmt, dass diese Funktion der Eifersucht universell ist, bietet das eine theoretische Grundlage dafür, dass Eifersucht auch bei anderen sozialen Spezies wie Hunden vorkommt, bei denen starke soziale Bindungen zu Menschen oder ihren Artgenossen für ihr Wohlbefinden und das Überleben von entscheidender Bedeutung waren und immer noch sind.

Trotzdem lässt sich auch mit dem heutigen Forschungsstand noch nicht zweifelsfrei belegen, ob Hunde tatsächlich Eifersucht wie wir Menschen empfinden oder nicht. Denn obwohl Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Verhaltensweisen beobachten und anhand biochemischer Prozesse berechtigte Rückschlüsse ziehen können, ist ein direkter Zugang zu den Gefühlen von Hunden nicht möglich. Der Fokus verlagert sich daher darauf, ob die beobachteten Verhaltensweisen bei Hunden klare Anzeichen von Eifersucht sind und ob sie deren funktionale Definition erfüllen.

Dies bedeutet, dass selbst wenn Hunde Eifersucht nicht genau wie wir Menschen "fühlen", ihre Verhaltensreaktionen dennoch denselben adaptiven Zweck erfüllen, was wiederum wissenschaftlich objektiv messbar ist. Und dass unsere Vierbeiner durchaus Emotionen wie Wut oder Unsicherheit fühlen. Dank immer neuer Forschungen bekommen wir Stück wir Stück eine bessere Vorstellung davon, was in den Köpfen unserer Hunde vor sich geht. Und das wird uns künftig helfen, die Vierbeiner besser zu verstehen.