Bei manchen Tieren verändert sich infolge des Klimawandels das Aussehen. Sie bekommen größere oder längere Schnäbel, Beine und Ohren, um ihre Körpertemperatur besser regulieren zu können, während sich die Erde immer weiter aufheizt. Das berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachblatt "Trends in Ecology and Evolution".
An heißen Tagen brauchen die meisten Lebewesen Abkühlung. Beim Menschen hilft etwa das Schwitzen gegen große Hitze. Viele Tiere müssen sich anders behelfen, etwa durch ihren Körperbau. Afrikanische Elefanten (Loxodonta africana) und Eselhasen (Lepus californicus) pumpen beispielsweise bei hohen Temperaturen möglichst viel Blut in ihre großen Ohren, das sie dann dort durch Wedeln abkühlen. Dem Riesentukan (Ramphastos toco) dient sein gewaltiger Schnabel als eingebautes Kühlsystem: In den kühleren Abendstunden leitet er über diesen überschüssige Wärme an die Umgebung ab.
Tiere aus kalten Regionen haben oft kleinere Gliedmaßen als verwandte Arten aus wärmeren Erdteilen
Gemeinhin haben Tiere aus kalten Regionen oft kleinere Gliedmaßen, Schwänze und Ohren als mit ihnen eng verwandte Arten aus wärmeren Regionen. Jener Zusammenhang wurde von dem US-amerikanischen Zoologen Joel Allen bereits vor über hundert Jahren in der "Allenschen Regel" beschrieben, die sich biologisch erklären lässt: So bedeuten kleinere Gliedmaßen weniger Körperoberfläche und damit weniger Wärmeverlust, während eine große Oberfläche eine leichtere Abführung überschüssiger Körperwärme erlaubt.
Wie sich der Klimawandel und die damit einhergehende Erderwärmung gemäß dieser Allenschen Regel auf Tierarten rund um den Globus auswirkt, hat das Team um die Vogelforscherin Sara Ryding von der australischen Deakin University nun untersucht.
Vor allem Vögel verändern ihr Aussehen als Reaktion auf die Erderwärmung
Die Biologinnen und Biologen durchforsteten frühere Studien nach Hinweisen darauf, dass Tiere ihre Form infolge von Erwärmung ändern. Und tatsächlich fanden sie vor allem in der Vogelwelt mehrere wissenschaftliche Beispiele für dieses im Englischen Shapeshifting genannte Phänomen, etwa in Studien, in denen Forscher ausgestopfte Vertreter einer Art aus Museen mit heute lebenden Exemplaren verglichen haben.
Einige dieser Arbeiten zeigten, dass die Schnabelgröße bei mehreren australischen Papageienarten seit 1871 im Durchschnitt um vier bis zehn Prozent zugenommen habe, was positiv mit der jährlichen Sommertemperatur korrelierte. Eine ähnliche Entwicklung gibt es bei der nordamerikanischen Winterammer (Junco hyemalis), bei der ein Zusammenhang zwischen der Zunahme der Schnabelgröße und kurzfristigen Temperaturextremen in kalter Umgebung festgestellt wurde.
Doch auch bei Säugetieren wurden Veränderungen beobachtet: So berichteten Forscher von einer Zunahme der Schwanzlänge bei Waldmäusen (Apodemus sylvaticus) und einer Zunahme der Schwanz- und Beingröße bei Amerikanischen Masken-Rotzahnspitzmäusen (Sorex cinereus).
"Die bisher beobachteten Größenzunahmen der Gliedmaßen fallen mit weniger als zehn Prozent recht gering aus, so dass die Veränderungen wahrscheinlich nicht sofort auffallen", erklärt Hauptautorin Ryding in einer Mitteilung zur Studie. "Es wird jedoch damit gerechnet, dass herausragende Körperteile wie die Ohren größer werden - wir könnten also in nicht allzu ferner Zukunft einen Dumbo in Aktion sehen."
Insgesamt stelle der Klimawandel ein komplexes und vielschichtiges Phänomen dar, das sich schrittweise vollziehe, so dass es schwierig sei, nur eine Ursache für die Gestaltveränderung der Tiere zu benennen. Diese Veränderungen seien allerdings in zahlreichen geografischen Regionen und bei einer Vielzahl von Arten zu beobachten, so dass es außer dem Klimawandel kaum Gemeinsamkeiten gebe.
In der Debatte um den Klimawandel gehe es meist darum, ob der Mensch diesen bewältigen könnte und welche Technologien dafür notwendig seien. Es sei höchste Zeit anzuerkennen, dass sich auch Tiere an die klimatischen Veränderungen anpassen müssten – und zwar in einem evolutionsgeschichtlich sehr kurzen Zeitfenster, betont Ryding. "Der von uns verursachte Klimawandel übt einen enormen Druck auf sie aus, und während sich einige Arten anpassen werden, werden andere es nicht tun."
Als Nächstes will die Biologin 3D-Scans von Museumsexemplaren australischer Vögel aus den vergangenen 100 Jahren auf Formveränderungen untersuchen. Dadurch will ihr Team besser verstehen, welche Vögel aufgrund des Klimawandels die Größe ihrer Extremitäten verändern und warum. "Shapeshifting bedeutet nicht, dass die Tiere mit dem Klimawandel zurechtkommen und alles in Ordnung ist", so Ryding. "Es heißt nur, dass sie sich weiterentwickeln, um den Klimawandel zu überleben – aber wir sind uns nicht sicher, was die anderen ökologischen Konsequenzen dieser Veränderungen sind oder ob sich alle Arten verändern und überleben können."