Heimliche Klimahelden Mikroben im Grundwasser fressen Hunderte Millionen Tonnen Methan

Methanblasen im Eis auf dem Baikalsee: Aus dem Grundwasser gelangen große Mengen des klimaschädlichen Gases über Oberflächengewässer in die Atmosphäre
Methanblasen im Eis auf dem Baikalsee: Aus dem Grundwasser gelangen große Mengen des klimaschädlichen Gases über Oberflächengewässer in die Atmosphäre
© Gulgun Ulusoy / Getty Images
Einzeller im Untergrund verstoffwechseln jedes Jahr zwei Drittel des im Grundwasser gelösten Methans, rechnen Forschende in einer neuen Studie vor

Kohlenstoffdioxid (CO2) ist zwar das wichtigste Treibhausgas – aber bei weitem nicht das schädlichste: Methan wirkt in der Atmosphäre etwa 80-mal stärker als CO2. Es stammt aus der Erdöl- und Erdgas-Förderung und aus der Landwirtschaft. Doch auch im Boden – gelöst im Grundwasser – finden sich große Mengen. Methan wird hier von Mikroorganismen, den Archeen, gebildet und gelangt über Bäche und Flüsse, aber auch bei der Aufbereitung von Grundwasser für die Trinkwasserversorgung, in die Atmosphäre.

Wie eine gigantische Maschine nehmen Bäume in ihren Kronen verschmutzte Luft (dunkler Qualm) auf und geben sie gereinigt wieder ab (helle Schwaden). Zudem hilft ihr weit verzweigtes Wurzelsystem im Waldboden, schädliche Rückstände aus dem Sickerwasser zu entfernen

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Wälder leisten einen wertvollen Beitrag für die klimatischen Bedingungen – auch in Siedlungen und Städten: Sie säubern die Luft, filtern Regenwasser und gleichen Temperatur­extreme aus. Unter­suchungen zeigen: Schon einzelne Bäume können einen bedeutenden Unterschied machen

Neben den mikroskopischen Klimaschädlingen leben im Grundwasser aber auch Klimaschützer: Mikroorganismen, die das Methan im Grundwasser für ihren Stoffwechsel nutzen – und es dabei in weniger schädliches CO2 und Wasser zerlegen. Wie groß diese "Filterwirkung" der Bodenorganismen ist, war bislang jedoch kaum bekannt.

Ein Forschungsteam aus Jena hat nun an zwei Standorten in Niedersachsen und Thüringen oberflächennahes Grundwasser analysiert und erstmals Schlussfolgerungen für den weltweiten Beitrag der unterirdischen Klima-Nützlinge hochgerechnet.

Weltweit bauen die Einzeller demnach zwischen 167 und 778 Millionen Tonnen Methan ab. Der Mittelwert entspricht rund zwei Dritteln des weltweit im Grundwasser gelösten Gases. Allerdings sind die Einzeller beim Fressen nicht in jedem Fall gleich schnell: Bei niedrigen Methan-Konzentrationen können die hilfreichen Mikroorganismen das schädliche Gas innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen abbauen, bei hohen dauert es länger: Monate oder gar Jahrzehnte.

Zum Vergleich: Schätzungen zufolge emittieren Binnengewässer und Feuchtgebiete zusammen 164 bis 329 Millionen Tonnen Methan jährlich. Durch menschliche Aktivitäten, vor allem Landwirtschaft, Energiesektor und Abfallwirtschaft kommen noch einmal etwa rund 372 Millionen Tonnen im Jahr hinzu.

Entscheidende Rolle bei der Begrenzung von Methan-Emissionen

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein hochaktiver, mikrobieller Methanfilter im Grundwasser eine entscheidend dazu beiträgt, die Freisetzung von Methan in Oberflächengewässer, Böden und Atmosphäre zu begrenzen", resümiert die Jenaer Doktorandin Beatrix M. Heinze in einer Presseerklärung. Die Analysen zeigten außerdem, dass die hilfreichen Mikroben das Methan hauptsächlich zur Energiegewinnung und weniger für das eigene Wachstum einsetzen.

Die Studie liefert damit einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Methan-Kreislaufs – und damit für die Abschätzung zukünftiger Emissionen.

"Wir wissen bisher sehr wenig über die unterirdische Biosphäre, über die vorhandene Biomasse sowie das dazugehörige aktive Mikrobiom", kommentiert die Geobiologin Prof. Christine Heim von der Universität Köln gegenüber dem Science Media Center. Die Studie sei ein "ein wichtiger Beitrag zum Prozessverständnis in Grundwasserleitern und auch zur Verdeutlichung von Konsequenzen, die bei unbedachter Nutzung auftreten können." Etwa beim Fracking.

In den USA sei schon nachgewiesen worden, ergänzt der Mikrobiologe Prof. Tillmann Lüders von der Universität Bayreuth, dass beim großflächigen Fracking große Mengen Methan ins Grundwasser übergehen. Und von dort in die Atmosphäre.