11.11.: Einmal durch den Dschungel: Aktivisten-Schiff erreicht COP30
Aus den verschiedensten Ecken Süd- und Mittelamerikas haben sich Dutzende Indigene per Schiff zusammen auf den Weg gemacht. An die Klimakonferenz in Brasilien haben sie eine klare Botschaft
3000 Kilometer per Schiff von den Anden bis in den Amazonas: So sind mehr als 60 indigene Aktivistinnen und Aktivisten zur Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém gereist. "Wir sind in Ecuador gestartet und dann nach Peru, Kolumbien und Brasilien gereist, um die verschiedenen Realitäten der Gebiete in diesem fragilen Ökosystem, dem Amazonas, kennenzulernen und zu verstehen", erzählt der Aktivist Leo Cerda bei der mit bunten Flaggen und kämpferischen Schlachtrufen begleiteten Ankunft der "Amazon Flotilla" am Hafen von Belém.
Gemeinsam mit Vertretern anderer indigener Gemeinschaften will Cerda sich auf der Weltklimakonferenz Gehör verschaffen. Seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter stammen unter anderem aus Ecuador, Peru, Guatemala, Brasilien und Mexiko. Sie tragen bunte Farben, riesige Blumenohrringe, Federn im Haar oder traditionelle Bemalungen auf dem Gesicht.Viele Völker – eine Mission So unterschiedliche ihre Hintergründe sind, haben sie eine gemeinsame Mission, wie die Aktivisten betonen: Klimagerechtigkeit könne es nur geben, wenn die Ausweitung der Ölförderung gestoppt werde und indigene Völker, die den Regenwald schützen, direkt und effektiv finanziell unterstützt würden.
Die derzeitige Klimafinanzierung ist ein Labyrinth, das darauf ausgelegt ist, uns scheitern zu lassen", kritisiert Katty Gualinga aus Ecuador. Während in reichen Industrieländern weiter Subventionen für fossile Brennstoffe flössen, "werden wir aufgefordert, den Planeten ohne Ressourcen zu retten". Amazonas nicht nur elementar für IndigeneAuch Cerda wird deutlich: "Man kann die fossile Industrie in diesem zerbrechlichen Ökosystem nicht ausweiten, denn die Ressourcen stammen aus dem Amazonas und der Amazonas kann nicht länger standhalten." Das Ökosystem sei "sehr wichtig für die Welt – nicht nur für Indigene, sondern für das Weltklima selbst."
10.11.: UN-Gipfel startet mit Kampfansage an Klimaleugner
Donald Trump nennt die Erderwärmung einen Schwindel. Solchen Klimaleugnern stellt sich Brasiliens Staatsoberhaupt zu Beginn der COP30 am Amazonas entschlossen entgegen
Zu Beginn der Weltklimakonferenz in Brasilien hat Präsident Luiz Inácio Lula da Silva den Leugnern der Erderwärmung eine Kampfansage gemacht. Auf dieser "Konferenz der Wahrheit" gehe es auch darum, sich der Desinformation zur Klimakrise entgegenzustellen, sagte der linke Politiker in Belém vor Vertretern aus rund 200 Staaten. "Es ist jetzt an der Zeit, den Leugnern eine neue Niederlage zuzufügen." Unter anderem hatte US-Präsident Donald Trump die Erderwärmung einen "Schwindel" genannt.
Die Gastgeber des zweiwöchigen UN-Gipfels erwarten rund 50.000 Teilnehmer. Die Stadt Belém am Amazonas, eine der ärmsten Brasiliens, ist mit den vielen Besuchern stark überlastet. Dazu sagte Lula, die Konferenz ins Herz des Amazonas zu bringen, sei schwierig, aber notwendig gewesen. "Wer den Wald nur von oben sieht, weiß nicht, was unter seinem Dach geschieht." Nur so könne die Welt der Realität im tropischen Amazonas-Regenwald ins Auge sehen, wo indigene Gemeinschaften durch die Abholzung gigantischer Flächen ihren Lebensraum verlieren.
Wie kann die Krise eingedämmt werden?
Kernfrage des Treffens ist, wie die Erderhitzung eingedämmt werden kann. Die dazu vorgelegten Klimaschutzpläne reichen bei weitem nicht aus, ihre fatalen Folgen abzuwenden. Dies sind etwa häufigere und heftigere Dürren, Stürme, Waldbrände und Überschwemmungen. Zudem geht es auf der COP30 um Forderungen armer Staaten nach hohen Milliardensummen der Industriestaaten, um sich an diese lebensfeindlicheren Bedingungen anzupassen.
UN-Klimachef Simon Stiell strich zur Eröffnung die Erfolge im Kampf gegen die Erderwärmung heraus. Das vor zehn Jahren geschlossene Pariser Klimaabkommen habe den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase gebremst. Doch wolle er nichts schönreden. "Wir müssen viel, viel schneller werden."
Solar- und Windkraft inzwischen am kostengünstigsten
Hoffnung setzt er nach eigenen Worten in die Abkehr von Öl, Gas und Kohle, deren Verbrennung die Klimakrise anheizt. Solar- und Windenergie seien mittlerweile in 90 Prozent der Welt die kostengünstigste Energiequelle. Und erneuerbare Energien hätten die Kohle jetzt als weltweit wichtigste Energiequelle abgelöst. "Jetzt zu zögern macht weder wirtschaftlich noch politisch Sinn – in einer Zeit, in der Megadürren die nationalen Ernten vernichten und die Lebensmittelpreise in die Höhe treiben."
"Die Wissenschaft wird wirklich nervös"
Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Johan Rockström, äußerte sich beunruhigt. "Die Wissenschaft wird wirklich nervös", sagte er in Belém. "Verliert die Erde ihre Widerstandsfähigkeit? Wird ihre Kühlleistung geschwächt?", fragte er. Selbst wenn alle Klimaschutzpläne aller Staaten umgesetzt werden, sinke der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis 2030 nur um etwa fünf Prozent. Die fünf Prozent müsste aber Jahr für Jahr erreicht werden. "Bis 2030 müssen die Emissionen um 40 bis 45 Prozent gesenkt werden", sagte er.
An die Konferenz appellierte Rockström, ins Handeln zu kommen. "Wir brauchen keine weiteren Verhandlungen über Regeln. Diese COP, und alle zukünftigen, muss liefern."
Deutschland ist in Belém aktuell mit Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan und dem Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth (beide SPD) vertreten. Beide kündigten an, Deutschland werde als verlässlicher Partner für ehrgeizigen Klimaschutz antreten. Allerdings ist die EU mit einem in letzter Minute beschlossenen, abgeschwächten Klimaziel im Gepäck angereist.
Nächste Klimakonferenz in Bonn?
Für Nervosität in der Bundesregierung sorgt, dass die UN-Klimakonferenz nächstes Jahr möglicherweise nach Deutschland kommen könnte. Deutschland will dies angesichts der gigantischen Herausforderungen bei der Organisation möglichst vermeiden. "Um Himmels willen, einigt euch zwischen Australien und der Türkei, damit diese technische Lösung nicht zum Zuge kommt", sagte Klimastaatssekretär Jochen Flasbarth.
Australien und die Türkei wollen beide 2026 die Weltklimakonferenz COP31 austragen. Gelingt keine Einigung, würde die Konferenz mit Zehntausenden Delegierten am Ort des UN-Klimasekretariats stattfinden – und dieses hat seinen Sitz in Bonn.
"Das ist keine Frage des Wollens", betonte in der Klimadiplomatie sehr erfahrene Flasbarth. "Wir müssten es, wir wollen es aber nicht." Man hätte nur zwölf Monate Zeit für die Vorbereitung, brauche aber mehr Zeit. "Deutschland ist ein Land, das aus guten Gründen viele Regeln hat." Die Austragung der Weltklimakonferenz rotiert zwischen den Weltregionen, die Staatengruppen müssen sich intern auf einen Gastgeber einigen.