Erstmals betreten Fast 100 Meter hoch: Spezialisten untersuchen Schuttberg am Bergdorf Blatten

Fachleute auf dem Schuttberg bei Blatten
Ein Helikopter bringt Expertinnen und Experten auf den Schuttberg, der das Dorf Blatten unter sich begraben hat
© KEYSTONE | CYRIL ZINGARO / picture alliance
Erstmals haben Fachleute den gigantischen Schuttberg betreten, der das Schweizer Dorf Blatten vergangene Woche verschüttet hat. Sorge bereitet das Eis darin, das schmelzen dürfte

Nachdem in der vergangenen Woche durch einen Gletscherabbruch in der Schweiz das Dorf Blatten im Lötschental verschüttet worden ist, fließt das aufgestaute Wasser langsam ab. Doch normalisiert hat sich die Lage noch längst nicht. Der rund zwei Kilometer lange Schutthaufen, der auf dem Dorf Blatten liegt und das Flussbett der Lonza blockiert, ist nach wie vor instabil und gefährlich. Erkundungstrupps der Armee prüfen derzeit, ob und wo mögliche Aufräumarbeiten beginnen können. 

Der Schuttberg ist nach Schätzungen teils 100 Meter hoch, so die Einschätzung von Spezialistinnen und Spezialisten, die nun erstmals direkt auf dem Schuttberg gelandet sind, um dessen Konsistenz zu prüfen. Das Material sei bislang fest, aber das könne sich schnell ändern, sagte Mayoraz der Schweizer Zeitung "Le Nouvelliste". "Bisher haben wir keine größeren Risse oder Einstürze festgestellt. Das kann sich jedoch ändern, wenn das Eis zu schmelzen beginnt."

Schuttberg in Blatten
Ein Helikopter fliegt über den Berg aus Schutt und Geröll, der letzte Woche das Schweizer Dorf Blatten verschüttete
© KEYSTONE | CYRIL ZINGARO / picture alliance

Noch gibt es keine Entwarnung

Rund ein Drittel der neun Millionen Kubikmeter, die das Dorf und das Flussbett der Lonza nach dem Gletscherabbruch am vergangenen Mittwoch verschüttet haben, dürften Gletschereis sein, schätzen die Expertinnen und Experten. Im Katastrophengebiet seien überall Kameras installiert worden, die den Schuttberg und den Stausee dahinter rund um die Uhr überwachen, berichtet Mayoraz: "Die Lonza fließt derzeit in einer neuen Rinne - und zwar relativ kontrolliert." Bislang seien keine größeren Mengen Material aus dem Schuttberg mitgerissen worden.

Schweiz: Nach Gletscherabbruch: Die aktuelle Lage im Lötschental
© JEAN-CHRISTOPHE BOTT / dpa picture-alliance
Nach Gletscherabbruch: Die aktuelle Lage im Lötschental
© Foto: JEAN-CHRISTOPHE BOTT / dpa picture-alliance

Das gestaute Wasser der Lonza, von den Behörden "Blattensee" getauft, bahnt sich in Rinnsalen seinen Weg und läuft langsam ab. Aus Hubschraubern wurden rote Schwimmbarrieren platziert, um zu verhindern, dass Schwemmmaterial aus den zerstörten Häusern den Abfluss über und durch den Schuttkegel blockiert. Weiter unten im Tal füllt sich der Stausee bei Ferden mit dem durchdringenden Wasser der Lonza. Es führt viel Abrieb und Sand mit sich, der sich auch im Stausee ablagert. Von dort wird ständig Wasser abgelassen, das dann kontrolliert im Flussbett der Lonza Richtung Rhone fließt. 

Das Staubecken darf höchstens zu Zweidritteln gefüllt sein, der Pegelstand lag am Sonntag darunter. Damit bleibt die Rückhaltefunktion des Sees im Falle eines Murgangs erhalten. Ein sogenannter Murgang entsteht, wenn Wassermassen Geröll und Schlamm wie eine Lawine in Bewegung setzen.

Gewitterwarnung und Sturmböen

Die Wettervorhersage bereitet den Expertinnen und Experten Sorge. Erhebliche Gewittergefahr und mögliche Sturmböen, dazu die Eisschmelze auf den umliegenden Bergen und im Schuttkegel selbst - all diese Faktoren können zu einer Destabilisation des Schuttberg führen.

Am vergangenen Mittwoch (28. Mai) passierte dort ein Jahrhundertereignis: über Wochen waren Felsbrocken vom Kleinen Nesthorn auf den darunterliegenden Birschgletscher gestürzt. Unter der Last brach das Eis zusammen und donnerte mit Millionen Kubikmetern Fels, Eis und Geröll in die Tiefe. Das vorher geräumte Schweizer Dorf Blatten wurde fast vollständig verschüttet. 

sho / mit Material der dpa