Die Seite der Deklaration von Helsinki (englisch)
GEO.de: Vergangene Woche haben Sie www.walrecht.de online gestellt. Wollen Sie parlamentarische Mitbestimmung für Meeressäuger?
Karsten Brensing: [Lacht] Natürlich nicht. Mit der Seite wollen wir Unterschriften für die Helsinki-Deklaration sammeln.
Was ist das für eine Deklaration?
In Helsinki kamen 2010 führende Walforscher und Wissenschaftler anderer Disziplinen zusammen, um darüber zu beraten, wie man Wale und Delfine besser schützen kann – angeregt von dem Buch „In Defense of Dolphins“ von Thomas I. White, einem amerikanischen Wirtschaftsethiker. White argumentiert so: Im juristischen Sinne schützen Menschenrechte nicht nur Menschen, sondern Personen überhaupt. Wenn es nun aber Tiere gibt, die die Merkmale einer Person erfüllen, dann muss man auch ihnen diese Rechte zugestehen. Am Ende einigten sich die Wissenschaftler auf eine Deklaration, die Persönlichkeitsrechte für Wale und Delfine fordert, also in erster Linie das Recht auf Freiheit und Unversehrtheit.
Moment, Tiere haben Persönlichkeit?
Ja. Wir wissen heute genug, um davon auszugehen, dass Wale und Delfine, Menschenaffen und Elefanten so etwas wie eine Persönlichkeit entwickeln. Dass sie sich ungefähr so empfinden, wie wir uns empfinden. Auch sie haben ein Selbstbewusstsein und eine theory of mind, wissen also, dass auch andere neben ihnen existieren und ihr eigenes Selbstbewusstsein haben.
Wozu diese juristischen Finessen? Sind Wale und Delfine nicht schon gut geschützt?
Ja und nein. Wale und Delfine haben in der EU den höchsten Schutzstatus, den wir einem Tier geben können. Trotzdem sind sie nach wie vor auch in der EU gefährdet, werden nach wie vor getötet, ob als Beifang in der Fischerei oder bei seismischen Untersuchungen. Auf den Färöer-Inseln, die zu Dänemark gehören, ist es Tradition, jedes Jahr Hunderte Grindwale an die Küste zu treiben und grausam abzuschlachten.
Wie ist das möglich?
Das Problem ist, dass wir den Schutz einer Art und den Schutz einer Person unterschiedlich handhaben. Beim Artenschutz versucht man, eine Gesamtheit zu erhalten. Das Individuum dagegen, etwa ein bestimmter Grauwal oder Tümmler, ist uns relativ egal. Darum ist es überhaupt möglich, über Fangquoten nachzudenken. Dabei ignoriert man allerdings die wissenschaftlichen Fakten. Die sprechen dafür, dass diese Individuen auch Personen sind. Wirklicher Schutz wäre also erst gewährleistet, wenn es nicht mehr möglich wäre, den Tod eines Individuums einfach so in Kauf zu nehmen.
Angenommen, Sie hätten Erfolg: Würde das bedeuten, dass nirgendwo auf der Welt Delfine und Wale getötet werden dürften, egal von wem und zu welchem Zweck?
Absolut!
Es wäre das Aus für Delfintherapien und Delfinarien?
Ja.
Wie realistisch ist denn so ein Rechtsstatus? Und wer sollte ihn durchsetzen?
Der sinnvollste Anker wären natürlich die Vereinten Nationen. Aber so etwas bei der UN auf den Weg zu bringen, ist astronomisch teuer und bürokratisch extrem aufwändig. Wir wollen also der Sache erst einmal eine gewisse Aufmerksamkeit verschaffen, speziell im deutschsprachigen Raum. Wir hoffen, in den drei deutschsprachigen Ländern eine Regierung dafür zu gewinnen, die Idee zu unterstützen.
Dabei wünschen wir Ihnen viel Erfolg!
Danke schön!
Persönlichkeitsrechte für Tiere
Herder Verlag 2013
200 S., 17,99 Euro
Mehr Informationen
Links zum Thema
Deutsche Seite zum Thema Persönlichkeitsrechte für Wale und Delfine
Mehr über Thomas I. White und sein Buch "In Defense of Dolphins"