Insekten Studie: Im Wald summt es immer weniger

Die Larven des Schwarzfleckigen Zangenbocks (Rhagium mordax) leben im Holz von Laubbäumen
Die Larven des Schwarzfleckigen Zangenbocks (Rhagium mordax) leben im Holz von Laubbäumen
© Marek R. Swadzba / Adobe Stock
Nicht nur in Agrarlandschaften, auch im Wald schwinden die Insektenpopulationen. Das zeigt die bislang größte Studie dieser Art

Insekten haben es in ausgeräumten Agarlandschaften nicht leicht. Pestizide, Maisanbau, der Schwund von blühenden Randstreifen und unbewirtschafteten Flächen setzt den Sechsbeinern zu, Studien wie die mittlerweile berühmte des Krefelder Entomologenvereins bestätigen den Trend. Doch wie ist die Lage im Wald? Immerhin ist fast ein Drittel Deutschlands mit Bäumen bedeckt.

Außer über die Entwicklung von so genannten Schadinsekten wie dem Borkenkäfer ist darüber wenig bekannt. In diese Wissenslücke stoßen nun Forschende der Technischen Universitäten Darmstadt und München mit einer aktuellen Studie, veröffentlicht im Fachmagazin Natur Communications Biology.

Die Wissenschaftler*innen nahmen die Populationsentwicklung von mehr als 1800 Insektenarten im Verlauf der Jahre 2008 bis 2017 unter die Lupe. Die Untersuchungsgebiete lagen im Nationalpark Hainich (Thüringen), im Unesco-Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin (Brandenburg) und im Unesco-Biosphärenreservat Schwäbische Alb (Baden-Württemberg). Die Vermutung der Forschenden, dass der Wald, weil er von den Störungen der Agrarlandschaften verschont ist, stabile Insektenpopulationen beherbergt, erwies sich als Irrtum: Etwa 60 Prozent der untersuchten Arten waren rückläufig.

Insekt

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Mit deutlichen Unterschieden: Denn größere und häufigere Spezies hatten besonders große Verluste zu verzeichnen. Die meisten Arten, die sich räuberisch oder von Totholz ernähren, waren über die Jahre zurückgegangen. Lediglich bei den Pflanzenfressern gab es mehr Arten, die zu- als solche, die abnahmen.

Weniger Verluste in geschützten, natürlichen Wäldern

Unterschiede gab es auch bei den Lebensräumen: In den ursprünglichen Buchenwäldern des Hainichs fielen die Verluste geringer aus als in Wäldern, die überwiegend aus angepflanzten, gebietsfremden Fichten und Kiefern bestehen. Zudem konnten die Forschenden feststellen, dass die Rückgänge in geschützten Wäldern ohne forstliche Nutzung geringer ausfielen als in intensiv genutzten Wirtschaftswäldern.

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Artensterben Verschwinden die Insekten bald für immer?

Die Zahlen sind dramatisch: Um mehr als Dreiviertel ist die Masse aller Insekten in den vergangenen rund 30 Jahren zurückgegangen. Was lässt Bienen und Käfer, Schmetterlinge und Heuschrecken von unseren Wiesen und Fluren verschwinden?

Der Artenschwund werde sehr wahrscheinlich Auswirkungen auf alle Organismen in unseren Wäldern haben, sagt der Hauptautor der Studie, Michael Staab von der TU Darmstadt, in einer Presseerklärung. "Ganze Nahrungsnetze drohen sich zu verschieben."

Und das auch in Zukunft. Denn die deutschen Wälder leiden unter der zunehmenden Trockenheit. "Unsere Wälder sind durch die Klimakrise gerade dabei, sich drastisch zu verändern", sagt Co-Autor Nico Blüthgen von der TU Darmstadt. "Wir versuchen derzeit zu verstehen, wie sich dies auf die Insektenpopulation auswirkt."

Vier von fünf Bäumen in deutschen Wäldern gelten schon heute als geschädigt. Einer der wichtigsten Gründe dafür sind die aufeinanderfolgenden Dürrejahre.