Achtzig Meter über dem Mond sitzt Olaf Winkler im Dachgebälk. Der Höhenarbeiter verankert das Tragseil des Erdtrabanten, den 8200 Kubikmeter Luft in den vergangenen sechs Stunden aufgeblasen haben. Über eine Winde wird der Globus, groß wie ein siebengeschossiges Mehrfamilienhaus, in seine finale Position gehievt, zehn Meter über dem Boden der großen Halle. Es ist das letzte Stück Weg für einen Ballon, an dessen Entstehung eine Raumsonde der NASA und eine Nähmaschine in Lübeck beteiligt waren, viel Mathematik, etwas Retusche - und ein Mann fürs Große.
Bei Letzterem handelt es sich um Wolfgang Volz, der als Kurator für den wohl voluminösesten Ausstellungsraum in Deutschland verantwortlich ist: die obere Halle des Gasometers in Oberhausen, mit 68 Meter Durchmesser und 110 Meter Höhe die größte ihrer Art in Europa. Der 61-jährige Fotograf ist das Denken in solchen Dimensionen gewohnt, seit er als Student in den 1970er Jahren die Arbeiten von Christo und Jeanne-Claude dokumentierte.
25 Meter im Durchmesser
Als Prunkstück der Ausstellung "Sternstunden" soll der künstliche Mond ab dem 2. April 2009 den Besuchern die Faszination der Astronomie sinnlich vermitteln. Die Schau ist zweigeteilt: In den unteren Etagen des Gasometers wird gelernt - dort erzählen die Experten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) anhand von historischen Teleskopen, Planeten-Modellen und echtem Mondgestein, wie der Mensch sich den Himmel im Lauf der Jahrhunderte zu eigen gemacht hat. Oben aber, im riesigen, leeren Rund des Gasometers, wird gestaunt: über das vernarbte Antlitz der erdzugewandten Seite des Mondes, deren Krater greifbar nah über dem Betrachter schweben.
Als Vorlage für das verkraterte Antlitz des Mondes haben die Ausstellungsmacher die Bilddaten der US-amerikanischen "Clementine"-Mission benutzt. Im Jahre 1994 hat die Sonde den Mond 300-mal umrundet und dabei mehr als 1,8 Millionen Fotos gemacht, aus denen sich das bis heute vollständigste digitale Bild seiner Oberfläche zusammensetzt. Und nun auch das Rohmaterial für das aufgedruckte Kleid des Oberhausener Mond-Ballons. Dafür haben DLR-Mitarbeiter die Einzelbilder in eine sogenannte zylindrische Projektion umgerechnet und zu einer globalen Karte zusammengefasst.
Nach neun Monaten Planung und Produktion geht im Gasometer der Mond auf - bis zum 10. Januar 2010.
Weitere Informationen: www.gasometer.de
Die Homepage des Fotografen: www.wolfgangvolz.com