
Der Wirtschafts- und Autoboom in Südostasien sorgt nicht nur für mehr Verkehr auf den Straßen, Smog in den Megacities, klimaschädigende CO2-Emissionen: Um den Gummi-Hunger der Reifenindustrie zu stillen, wuchern Kautschukplantagen - zunehmend auch in Gebieten, die klimatisch und ökologisch für den Anbau dieser Pflanze nicht geeignet sind. Die Plantagen verdrängen nicht nur wertvolle Natur. Sie stellen auch für Kleinbauern ein schwer kalkulierbares Risiko dar. Darauf weist eine neue Studie hin.
Günstige Bedingungen findet Hevea brasiliensis vor allem in tropischen Klimaten zwischen dem 10. nördlichen und dem 10. südlichen Breitengrad vor, dem ursprünglichen Kautschukanbaugebiet. Ursprünglich wurde der aus Südamerika stammende Kautschukbaum vor allem in Indonesien kultiviert. Weil die Nachfrage rasant wächst, ist im ganzen kontinentalen Südostasien der Kautschukanbau seit dem Jahr 2000 um mehr als 50 Prozent angestiegen. So wurden vor allem seit der Jahrtausendwende 20.000 Quadratkilometer Land, eine Fläche so groß wie Rheinland-Pfalz, in Kautschukplantagen umgewandelt - darunter auch Schutzgebiete. Ein Viertel davon war einmal Wald.

"Dabei gibt es in China gar keine Gebiete, die für den Kautschukanbau wirklich gut geeignet wären", sagt die wissenschaftliche Leiterin der Studie, Antje Ahrends vom Königlichen Botanischen Garten in Edinburgh und dem World Agroforestry Centre. Sie und Ihre Kollegen schätzen, dass 57 Prozent der Kautschukplantagen schon heute in Gebieten liegen, in denen eine ökonomisch nachhaltige Bewirtschaftung langfristig mit großer Wahrscheinlichkeit nicht möglich ist.
Kurzfristig rechnet es sich für die Bauern trotzdem, weil sich die Preise für Naturkautschuk zwischen 2001 und 2011 mehr als verdreifacht haben. Doch um die Standortnachteile auszugleichen, müssen die Bauern mehr Wasser, Pestizide, Dünger und Arbeit einsetzen. Und seit 2011 sind die Weltmarktpreise für Kautschuk um rund 70 Prozent eingebrochen. Zu den Verlusten an unberührter Natur und Biodiversität kommen also unsichere Einkünfte für die Bauern. Antje Ahrends nennt das ein "Loss-loss-Szenario".
Besonders problematisch: Schon jetzt zeichnet sich ab, dass der Klimawandel die Situation für die Plantagenwirtschaft weiter verschlechtern wird. Im Jahr 2013 haben tropische Wirbelstürme allein in Vietnam Plantagen im Wert von umgerechnet fast 230 Millionen Euro verwüstet. "Gerade in den Hanglagen wird sich durch eine Zunahme von Starkregenfällen die Erosionsgefahr erhöhen. Wir müssen auch mit längeren Trockenzeiten und mehr Taifunen rechnen", sagt Antje Ahrends. Und plädiert darum für mehr Nachhaltigkeit im Kautschukanbau.
Eine mögliche Lösung wären traditionelle Anbauformen. Im Gegensatz zu den modernen, intensiv bewirtschafteten Monokulturen werden in der Agroforstwirtschaft unter Kautschukbäume und Obstbäume Kakao, Kaffee, Hülsenfrüchte und andere Nutzpflanzen gepflanzt. Solche Anbauformen schonen nicht nur die Böden, sondern bieten auch einer größeren Zahl von Tier- und Pflanzenarten Unterschlupf.
Immerhin zeichne sich ab, dass China die Gefahr erkannt hat und gegensteuert, sagt Antje Ahrends. So sollen Flächen in starken Hanglagen nicht mehr in Kautschukplantagen umgewandelt werden - wegen der Gefahr von starker Bodenerosion bis hin zu Erdrutschen. Und es gebe sogar Bemühungen, solche Plantagen durch ökologische Ausgleichszahlungen an Bauern in Wälder zurückzuverwandeln.
Doch ein Zertifizierungssystem für nachhaltigen Kautschukanbau fehlt bislang. So dürfte der ökologisch und sozial nachhaltige Anbau vorerst unattraktiv bleiben.

Current trends of rubber plantation expansion may threaten biodiversity and livelihoods