Bevor die Schlammschlacht beginnt, bevor Wasser und Dreck spritzen oder in Wolken aus Staub nur noch Hufe und Mähnenfetzen zu sehen sind, trinkt er eine Tasse Tee. Und wartet. Stundenlang. Fast ironisch, dass ausgerechnet den dramatischsten Bildern von Anup Shah die größte Ereignislosigkeit vorausgeht. Der Fotograf Anup Shah hat zu warten gelernt. Geduld ist ein Teil seiner Ausrüstung, genau wie die ferngesteuerte Kamera, die er mal als Stein getarnt in den Laufweg einer Gnuherde legt, mal mit Staub einreibt, mal mit Elefantendung umgibt. „Die Kamera muss wie ein Spion sein“, sagt Shah. „Man darf sie nicht erkennen.“ Nicht die Arbeitsweise soll auffallen, sondern ihr Ergebnis.
Insgesamt zwölf Monate hat Shah in der Serengeti an seinem Projekt gearbeitet. Über einen Zeitraum von drei Jahren ist er auf der Suche nach Orten umhergezogen, an denen ihm eine innere Stimme sagte: „Das ist ein guter Platz!“ Eine Vorahnung für das Geschehen zu entwickeln sei die größte Herausforderung, sagt Shah. Bauchgefühl ist wichtig. Und präzise Planung. Vor dem ersten Foto ist Shah daher immer wieder an den Ort der Erwartung zurückgekehrt, hat sich notiert, über welchen Weg die Tiere kommen, wohin sie weiterziehen, wo die Sonne dann steht.
Schließlich hat er die Kamera getarnt und in Position gebracht. Wieder gewartet. Eine mühevolle Arbeit. Für Tierfotografen wie Shah erfordert es immer mehr Aufwand und Einfallsreichtum, ein Publikum zum Staunen zu bringen, das längst (fast) alles gesehen hat.
Anup Shah wurde vielfach ausgezeichnet; neben zahlreichen anderen Preisen gewann er dreimal den renommierten „Wildlife Photographer of the Year“- Wettbewerb. Mehrfach hat der in Kenia aufgewachsene und in Großbritannien lebende Shah seine Arbeiten auch in GEO veröffentlicht. Nicht immer waren seine Projekte so verlustreich wie dieses: Insgesamt hat ihn der Einsatz einer ferngesteuerten Bodenkamera fünf Gehäuse und Objektive gekostet - einige wurden zertrampelt, andere landeten im Wasser.