Als die Maler der Romantik in die damals noch unzugänglichen Landschaften der Hochgebirge aufbrachen, fanden sie eine sagenhafte Welt vor: unentdeckt, ungenutzt und unerschlossen von Industrie, Landwirtschaft und Tourismus. Es war eine Begegnung mit der urtümlichen Natur, dem Rätselhaften, Gewaltigen, das in Jahrtausenden entstanden war und seither fast unverändert überdauert hatte.
Heute müssen auch die abgelegensten Almen und Gletscher der Alpen vor den anbrandenden Touristenströmen geschützt werden. Von jeder Bergspitze Patagoniens kursieren im Netz Dutzende, wenn nicht Tausende Fotos. Gibt es heute überhaupt noch unbekannte, rästselhafte Landschaften?
Ja, sagt der britische Fotograf Darren Almond. Und machte sich zu Beginn dieses Jahrtausends auf eine Reise um die Welt - um menschenleere Orte zu fotografieren, mitten in der Nacht, erleuchtet nur vom Licht des Vollmonds. Durch Langzeitbelichtungen von bis zu einer Viertelstunde lässt er Landschaften in einem Licht erscheinen, das dem menschlichen Auge normalerweise verborgen bleibt.
"Während der langen Belichtung siehst du nie, was du gerade fotografierst", sagt Almond. "Aber du gibst der Landschaft mehr Zeit sich auszudrücken." Seine Fotos umgibt der Nimbus des Mythischen - eine Atmosphäre, die auch ausgetretenen Felsstufen und abgegriffenen Steinen den Zauber der Unberührtheit und Fremdheit zurückgibt.
"Almond widersetzt sich [wie William Turner] einer topografischen Deutung seiner Kunst. Wie sein Vorläufer steht er ganz im Bann der Natur und der Sprache des Lichts. Mehr noch, sein Schaffen kann als zeitgenössische Fortsetzung der britischen Landschaftstradition verstanden werden," schreibt die Kunsthistorikerin und Kuratorin Sheena Wagstaff in ihrem Begleittext.
Mehr Informationen über den Bildband: www.taschen.com
Fullmoon
Deutsch, Englisch, Französisch
Taschen Verlag 2015, 49,99 Euro