GEO.de: Im Untertitel eures neuen Buches ist von "unerforschten Tiefen" die Rede. Gibt es die wirklich noch? Weiß man nicht inzwischen eine ganze Menge über die Ozeane und das Leben in ihnen?
Lars Abromeit: Je mehr Wissenschaftler herausfinden, desto deutlicher wird, dass wir eigentlich noch kaum etwas wissen. Es werden immer wieder neue Arten gefunden, bei fast jeder Expedition - zum Teil sogar ganze Gruppen von Tieren, die bislang unbekannt waren. Man muss sich klarmachen, dass der Ozean der größte Lebensraum des Planeten ist. Gerade die Tiefsee ist noch weitgehend unerforscht. In den größten Tiefen der Meere waren bis heute weniger Menschen als auf dem Mond.
Du hast eine sehr persönliche Beziehung zum Thema "Ozeane". Du bist in allen Weltmeeren getaucht. Was war dein intensivster Unterwassermoment?
Einer der spannendsten Augenblicke war mein erster Tauchgang in einem Korallenriff im Roten Meer. Ich hatte gerade mein Abitur in der Tasche und wollte unbedingt einmal in einem Korallenriff tauchen. Das war wie eine Offenbarung. Da waren so viele Fische und kleine Organismen, die ich nicht kannte ... das hat mich extrem fasziniert. Und seither hat mich das nicht mehr losgelassen, diese ganz eigene Welt dort unten.
Für das GEO Magazin 10/2013 warst du mit Solvin Zankl auf Recherchereise in Patagonien. Was war besonders am Tauchen dort und wie lief die Zusammenarbeit?
Patagonien war deshalb spannend, weil das Wasser sehr kalt ist, und sehr trüb. Man muss aufpassen, dass man zusammenbleibt, auch wegen der Strömung. Die Felswände sind von Wasserorganismen überwuchert, wie in einem tropischen Korallenriff. Das würde man in so einer Gegend gar nicht vermuten.
Solvin hatte einen Assistenten dabei, Tom Arpe, der aufgepasst hat, dass bei ihm die Tarierung klappt, dass der Luftvorrat stimmt. So konnte Solvin sich ganz auf das Fotografieren konzentrieren. Und ich habe mich beim Tauchen auch ein bisschen an Tom orientiert. Aber natürlich musste ich auch schauen, dass ich die Wissenschaftler begleite, mit denen wir da unterwegs waren. Was messen sie? Welche Tiere beobachten sie?
Wie kam es zu der Idee zu dem Bildband?
Die Idee hatte Solvin, als wir die Patagonien-Geschichte planten. Er fragte mich, ob ich nicht Interesse hätte, unsere gemeinsame Leidenschaft für die Ozeane mit einem größeren Publikum zu teilen. Er hatte ja schon sehr lange an vielen Unterwasser-Geschichten gearbeitet, auch für GEO. Seine Idee war, ein Porträt der Unterwasserwelt zu machen, wie man es bisher noch nicht gesehen hat.
Es gibt inzwischen eine Fülle von Büchern und Bildbänden über das Leben unter Wasser und die Ozeane. Was ist besonders an diesem?
Es gibt bislang nur sehr wenige Bücher, die gleichzeitig eine grandiose, spektakuläre Fotografie zeigen, die aber auch das Wissen über die gezeigten Geschöpfe und über die ökologischen Zusammenhänge spannend vermitteln. Ich glaube, dass unser Buch genau das leistet. Wir nehmen unsere Leser mit auf eine Reise durch alle Weltmeere, von den Polarmeeren bis in die Tropen, von den Küstengebieten, den Riffen und Sandbänken, bis hinab in die Tiefsee. Wir erklären die Charakteristika dieser verschiedenen Lebensräume und erzählen spannende Geschichten dazu. Und zwar auf dem neuesten Stand der Forschung.
Das Buch ist auch ein Plädoyer für einen behutsameren Umgang mit den Ozeanen. Kann es mir nicht egal sein, ob und warum die Korallenriffe kränkeln?
Ganz sicher nicht. Man macht sich selten bewusst, wie wichtig die Ozeane auch für uns Menschen sind. Wir könnten ohne sie gar nicht existieren. Die Ozeane liefern uns nicht nur Nahrung. Sie filtern auch Schadstoffe. Meeresalgen erzeugen enorme Mengen an Sauerstoff. Und wir finden in den Meeren immer neue Wirkstoffe für Medikamente. Darum ist es gerade für die kommenden Generationen unglaublich wichtig, dass wir die Ozeane schützen und nur nachhaltig bewirtschaften. Das ist kein altruistisches Anliegen, sondern ganz in unserem eigenen Interesse.
Ozeane. Expedition in unerforschte Tiefen
GEO/Frederking & Thaler
264 S., 220 Farbab., 49,99 Euro
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