Uluch Ali war ursprünglich Fischer aus Kalabrien. Korsaren verschleppten ihn und machten ihn zum Galeerensklaven. Später nahm er den muslimischen Glauben an – und stieg in Nordafrika zum Piratenführer auf. Bei der türkischen Belagerung von Malta kämpft er auf Seiten Sultan Süleymans gegen christliche Ritter. Danach holen ihn die Osmanen in ihre Flotte. Und so befehligt der Mann mit der heiseren Stimme in Lepanto den südlichen Flügel der türkischen Armada. Dort kämpft er gegen die Galeeren unter dem Kommando von Admiral Gian Andrea Doria.
Plötzlich reißt im Norden der Front ein Loch auf
Es geht gegen Mittag, die Sonne scheint Doria und seinen Männern direkt ins Gesicht. Immer weiter zieht das Geschwader Uluch Alis nach Süden, Doria verschiebt seine Galeeren parallel. Dadurch aber reißt im Norden ein Loch zum Zentrum hin auf - und wird immer größer.
Der einstige Pirat erkennt die Chance sofort. Blitzschnell lässt er seine Galeeren wenden und genau auf diesen Zwischenraum zurudern. Er will den Christen in den Rücken fallen. 16 Galeeren Gian Andrea Dorias versuchen, die Lücke zu schließen. 75 türkische Schiffe halten direkt auf sie zu, zum Entern bereit. Um sie aufzuhalten, sprengt ein Admiral der Liga sein Schießpulverlager in die Luft. Seine Galeere geht in Flammen auf, mehrere Schiffe der Türken werden durch die Explosion beschädigt.
Uluch Ali zieht weiter. Mit 30 Galeeren rudert er ins Zentrum. Seine Kriegslist hätte den Osmanen möglicherweise den Sieg gebracht - doch er kommt zu spät. Denn der türkische Oberbefehlshaber der Flotte ist gefallen. Auch er hat im Zentrum gekämpft. Eine Kugel hat ihn in die Stirn getroffen. Als er niedersinkt, erlischt die Gegenwehr seiner Soldaten. Christen erobern sein Flaggschiff und recken den abgeschlagenen Kopf des Admirals als blutige Trophäe zum Himmel.
Ein aufziehender Sturm sichert den Muslimen den Rückzug
Um 13.20 Uhr sind alle türkischen Galeeren im Zentrum erbeutet oder versenkt. Die letzten Soldaten des Sultans werden abgeschlachtet wie Vieh. Uluch Ali befehligt nur noch knapp 30 Schiffe. Alle anderen türkischen Admiräle sind tot. Der Seeräuberkapitän flieht aufs offene Meer.
Don Juan d'Austria, der Oberbefehlshaber der Heiligen Liga, will ihn verfolgen. Aber die Admiräle der christlichen Allianz überzeugen ihn, bei der Hauptflotte zu bleiben. Wind kommt auf, der Luftdruck sinkt, man erwartet einen Sturm. Die Flotte, die Beute – und die Überlebenden müssen dringend in einen sicheren Hafen gebracht werden.
Uluch Ali ist der einzige überlebende Kommandeur der Muslime
Während der nächsten Tage kreuzt Uluch Ali mit seinem Geschwader zwischen den nahe gelegenen griechischen Inseln, lauert auf Kriegsbeute. Tatsächlich kann er die „Bua“ kapern, einen Nachzügler der christlichen Allianz. Mit dem Schiff im Schlepptau führt er sein kleines Geschwader nach Osten, Richtung Konstantinopel.
Statt als Sieger von Lepanto kehrt Uluch Ali als einzig überlebender Kommandeur zurück. Der Sultan verleiht ihm dennoch den Ehrentitel „Kilic“, „das Schwert“. Bald darauf stampfen die Türken eine neue Flotte von 200 Kriegsschiffen aus dem Boden. Und der Sultan ernennt zu deren Oberbefehlshaber seinen erfahrensten Kapitän: Uluch Ali.
20 000 Arkebusen lässt der einstige Seeräuber für seine Krieger anfertigen. Die Ressourcen des Osmanischen Reiches scheinen unermesslich. Die Allianz der Christen bröckelt. Die Türken beherrschen das östliche Mittelmeer.
Zwar erobert Don Juan d'Austria 1573 Tunis. Doch im Jahr darauf entreißt „das Schwert“ Uluch Ali den Christen den Stützpunkt wieder. Zehn Jahre wird er weiterkämpfen, Putschversuche und Aufstände niederschlagen.
Seine letzte Ruhe findet der Pirat in einer Moschee
Über sein Ende kursieren nur Gerüchte. Im Sommer 1587 stirbt er. Woran, ist nicht überliefert, vielleicht an den Spätfolgen einer Skorbut-Erkrankung.
Uluch Alis Gebeine ruhen heute in einem prunkvollen Sarkophag in einer kleinen Istanbuler Moschee. Und in seinem Geburtsort La Castella an der kalabrischen Küste erinnert eine Statue an den Seeräuberkapitän, der im Dienste des Osmanischen Reiches Karriere gemacht hat.