Karibische See Gold unter Wellen: Neue Erkenntnisse über das Wrack der legendären "San José"

COLOMBIA - SPAIN - NAVY - SHIPWRECK - GALLEON SAN JOSE
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Bild: AFP PHOTO / COLOMBIAN PRESIDENCY, Video: Reuters, ENEX
Im Jahr 1708 versank die "San José" in der Karibik. Das Wrack soll einen Schatz im Wert von über 17 Milliarden Euro bergen. Forschende wollen es nun eindeutig identifiziert haben

Mehr als 300 Jahre nach ihrem Untergang gibt die spanische Galeone "San José" ihre Geheimnisse Stück für Stück preis. Nun liefern hochauflösende Unterwasseraufnahmen neue Hinweise auf den Schatz, den die als "heiliger Gral" unter den Schiffswracks geltende Galeone vor der kolumbianischen Küste birgt. Im Mittelpunkt stehen kunstvoll geprägte Goldmünzen, die nicht nur rund 17 Milliarden Euro wert sein sollen, sondern auch kulturgeschichtliches Gewicht besitzen.

Die San José, das Flaggschiff der spanischen Schatzflotte, wurde am 7. Juni 1708 von britischen Kriegsschiffen in der Karibik nahe Cartagena versenkt. Auf dem Heimweg von der Neuen Welt nach Spanien transportierte das Schiff große Mengen Gold, Silber, Edelsteine und andere Reichtümer – es heißt, an Bord hätten sich rund 200 Tonnen Gold befunden. Die meisten Seefahrer der etwa 600 Mann starken Besatzung kamen bei dem Gefecht ums Leben.

Wobei der Hergang des Untergangs bis heute umstritten ist. Spanische Berichte sprechen von einer Explosion infolge eines britischen Angriffs, nach einem Treffer im Pulvermagazin, britische Quellen hingegen halten fest, dass das Schiff kampflos sank.

Erst 2015 gelang die Ortung des Wracks in fast 600 Meter Tiefe. Der genaue Fundort wird seither geheim gehalten. Im Mai 2024 erklärte die kolumbianische Regierung das Areal zum "geschützten archäologischen Gebiet" – ein Schritt, der dem wissenschaftlichen Zugang Vorrang vor kommerziellen Interessen einräumt.

Neue Studie untersucht Goldmünzen

Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der kolumbianischen Marine analysierte nun neue Bilddaten, die von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen aufgenommen wurden. Auf den Aufnahmen sind Dutzende Goldmünzen zu erkennen, die rund um das Wrack verstreut auf dem Meeresboden liegen. Ihre Zahl sei wegen der "dynamischen Beschaffenheit des Fundortes" schwer zu beziffern, so die Wissenschaftler. Doch die Münzen lassen sich vermessen: Durchschnittlich 32,5 Millimeter im Durchmesser, rund 27 Gramm schwer.

Auffällig ist unter anderem ihre Prägung: Die Inschrift "PVA" – ein Kürzel für das Motto Plus Ultra ("Weiter hinaus") – verweist auf den Expansionsdrang der spanischen Krone im Zeitalter der Entdeckungen. Auch das Prägejahr 1707 ist zu erkennen. Einige der Münzen zeigen auf der Vorderseite kastilische Burgen, Löwen und Kreuze, auf der Rückseite die "gekrönten Säulen des Herkules" über stilisierten Wellen – ein ikonografisches Motiv, das für die Macht Spaniens über die Meere stand.

Die Münzen zählen zur Kategorie der sogenannten Macuquinas: handgefertigte, oft unregelmäßig geformte Münzen, die aus geschnittenen Edelmetallbarren bestanden. Diese Form des Geldes prägte über zwei Jahrhunderte den Zahlungsverkehr in den spanischen Kolonien Amerikas. Und gilt nun als weiterer Beweis, dass es sich tatsächlich um die sagenumwobene Galeone handelt. Denn genau jene Münzen sollte das Schiff auf Geheiß der spanischen Krone transportieren.

Der Streit um den Schatz geht weiter

Neben den Münzen entdeckten die Unterwasserfahrzeuge bereits im August 2023 weitere Artefakte, darunter einen Anker, Keramikgefäße und Glasflaschen – stille Zeugen des Alltags an Bord und der letzten Fahrt der "San José". Die kolumbianische Regierung plant jetzt, mit robotergestützten Gerätschaften weitere Teile des Wracks zu sichern und wissenschaftlich zu erschließen.

Doch über dem historischen Fund liegt ein Schatten heutiger Auseinandersetzungen. Mehrere Parteien erheben Anspruch auf das Wrack: Kolumbien, Spanien und die indigene Ethnie der Qhara Qhara aus dem heutigen Bolivien, die argumentiert, die einstigen Schätze an Bord seien durch koloniale Ausbeutung aus ihren Regionen geraubt worden. Auch das US-Unternehmen "Sea Search Armada" beansprucht einen Anteil – es hatte bereits in den 1980er-Jahren Hinweise auf die Position des Wracks veröffentlicht.