EM-Sieg 1989 Ein Bild und seine Geschichte: Ein Kaffeeservice für die deutschen Fußballfrauen

Geblümtes Porzellan der Serie "Mariposa", daneben ein Sticker mit der Aufschrift "Euro '89"
Zarte Blümchen und Wellenlinien zieren das Kaffeeservice, das die Spielerinnen der deutschen Fußballnationalmannschaft nach ihrem ersten EM-Sieg 1989 als Prämie mit nach Hause nehmen durften (hier im Museum)
© Rolf Vennenbernd / picture alliance
Im Sommer 1989 feiert die deutsche Fußballnationalmannschaft der Frauen ihren ersten EM-Sieg. Der DFB lässt als Prämie ein ganz besonderes Geschenk springen

Deutschland ist Europameisterin! Am 2. Juli 1989 siegt die deutsche Fußballnationalmannschaft der Frauen im EM-Finale gegen den Favoriten Norwegen mit 4:1. Es ist die erste Fußball-EM der Damen in der Bundesrepublik, erstmals überträgt die ARD Spiele live im Fernsehen, tausende Zuschauer in den Stadien, Millionen fiebern vor den Bildschirmen mit. 

Ruhm, Respekt, mediale Aufmerksamkeit ist den DFB-Damen sicher, endlich, so scheint es, hat der Frauenfußball den überfälligen Durchbruch geschafft. Und der DFB überreicht den EM-Siegerinnen als Prämie ein ganz besonderes Präsent: ein Kaffeeservice. "Mariposa" von Villeroy & Boch, 41-teilig, mit Blümchendekor. 

Die Fußballwelt ist ungleich

Frauen an die heimische Kaffeetafel statt aufs Spielfeld? Aus heutiger Sicht klingt das fast so unangemessen und vor Geschlechterklischees triefend, als hätte man die DFB-Männer nach einem EM-Sieg mit einem Felgenreinigungs-Set abgespeist. 

Aber damals ist die Zweiteilung der Fußballwelt noch extremer als heute: 1989 existiert in der Bundesrepublik noch keine Damen-Bundesliga; sie startet erst ein Jahr später. Die Nationalspielerinnen sind allesamt noch Amateurinnen, für die generell keine finanziellen Zuwendungen vorgesehen sind. Manche sind froh, überhaupt dabei sein zu können: Die (kürzlich verstorbene) Nationalspielerin Doris Fitschen, die 1989 noch zur Schule geht, muss zwei Mal fragen, um für die EM-Teilnahme überhaupt schulfrei zu bekommen.

Das Turnier wird für die deutschen Frauen zum Triumph. Besonders das EM-Halbfinale zwischen Deutschland und Italien entwickelt sich damals zum Fußball-Krimi. Nach 80 und nach 100 Minuten (die Frauen spielten kürzer als die Männer) steht es immer noch 1:1. Ein Elfmeterschießen muss die Entscheidung bringen. 

Die Torhüterin schießt den Siegtreffer

Die deutsche Torhüterin Marion Isbert pariert drei Schüsse – und erzielt am Ende selbst den entscheidenden Treffer für das deutsche Team. Von den anderen deutschen Spielerinnen wollte keine mehr schießen, erzählt sie später. "Also musste ich ran." Für das live übertragene Spiel wird an diesem Abend sogar der Start der 20-Uhr-Tagesschau verschoben.    

Und dann gibt es nach dem Finalsieg nur ein Blümchen-Service als Prämie. Die Europameisterinnen bleiben damals allerdings gelassen. Silvia Neid, die die deutsche Nationalmannschaft 1989 erstmals als Kapitänin anführte und von 2005 bis 2016 als Bundestrainerin Erfolge feierte, erzählt fast 25 Jahre später, dass das Geschenk in ihren Augen von Respekt gezeugt habe. "Und ehrlich gesagt, meine Mutter freut sich heute noch darüber. Es ist eine richtig schöne Erinnerung." Heute, so Neid, würde man auf ein solches Präsent allerdings eher mit einem "Hallo, geht’s noch?" reagieren.

Bei der diesjährigen EM in der Schweiz fallen die Prämien des DFB für die Spielerinnen so hoch aus wie noch nie: Für das Erreichen des Viertelfinales gibt es 45.000 Euro, für das Halbfinale 65.000 Euro, und für das Erreichen des Endspiels 90.000 Euro. Für den Titelgewinn am 27. Juli 2025 in Basel bekäme jede Spielerin 120.000 Euro. 

"Equal pay" ist das allerdings noch lange nicht. Die DFB-Männer hätten 2024 für einen EM-Sieg 400.000 Euro bekommen. Im Viertelfinale war Schluss, dafür gab es immerhin noch 100.000 Euro pro Spieler. Fast so viel wie 2025 für einen möglichen EM-Sieg der Frauen. Hallo?