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Reizdarmsyndrom Darmhypnose, Yoga oder Ernährungsumstellung: Expertin erklärt, wie sich ein Reizdarm regulieren lässt

Illustration eines Darms mit verschiedenen Lebensmitteln drin
Bei rund drei Millionen Menschen in Deutschland führt ein Reizdarm zu Einschränkungen im Alltag. Bis zur sicheren Diagnose können allerdings einige Jahre vergehen
© VectorMine / Adobe Stock
Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall – das Reizdarmsyndrom betrifft mindestens drei Millionen Menschen in Deutschland. Eine Heilung ist noch nicht möglich, die Beschwerden lassen sich aber lindern

GEO: Was genau ist eigentlich ein Reizdarm?

Dr. Viola Andresen: Ein Reizdarm ist charakterisiert durch chronische Bauchbeschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung, wobei sich in den medizinischen Untersuchungen keine Befunde ergeben, die die Symptome erklären könnten.

Das klingt, als ob es lange dauern kann, bis man Gewissheit hat?

Viele verschiedene Erkrankungen können vergleichbare Beschwerden verursachen und sollten ausgeschlossen werden. Daher kann es mitunter aufwendig sein, das Leiden sicher zu diagnostizieren. Mitunter vergehen Jahre bis zu einer korrekten Diagnose. Es gibt weder valide medizinische Tests noch eindeutige körperliche Veränderungen, die Gewissheit bieten. Nicht selten werden Beschwerden zunächst als übertriebene Körper-Aufmerksamkeit eingestuft oder sogar als eingebildet. Aber das ist eben nicht so.

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Wie viele Menschen in Deutschland sind betroffen?

Rund 2,9 Millionen Erwachsene hierzulande haben offiziell die Diagnose Reizdarm erhalten. Damit ist es eines der häufigsten gesundheitlichen Probleme überhaupt. Das Reizdarmsyndrom betrifft mehr Menschen als an Demenz erkrankt sind, mehr als an Rheuma leiden. Die Zahl der diagnostizierten Fälle ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen, was auch an der größeren Aufmerksamkeit von Patienten und Ärzten gegenüber dieser Erkrankung liegt. Bei rund der Hälfte der Patienten zeigen sich die Symptome bereits erstmals vor dem 35. Lebensjahr, bei manchen reichen die Anfänge sogar bis in die Kindheit zurück. Frauen sind mindestens doppelt so häufig betroffen wie Männer. Oftmals stehen die Patienten mitten im Leben, in einer stressbelasteten Phase, mit Herausforderungen im Berufsleben, in der Partnerschaft, bei der Familiengründung oder der Aufbau einer eigenen Existenz.

Ist ein Reizdarm denn wirklich so schlimm?

Viele Menschen kennen gelegentliche Verdauungsbeschwerden, zum Beispiel nach Sauerkraut oder Hülsenfrüchten oder scharf gewürzten Speisen . Reizdarmpatienten werden hingegen immer wieder oder gar permanent von ihrem Verdauungstrakt gequält, oft über viele Jahre hinweg. Jede Zugfahrt, jede Theatervorstellung, jedes Konzert wird dann zu einer Herausforderung. Manch einer traut sich dann gar nicht mehr aus dem Haus zu gehen. Die Lebensqualität nach einer Reizdarmdiagnose ist deutlich reduziert. Nicht wenige Patienten entwickeln Ängste, manche werden sogar depressiv.

Ist Reizdarm eine moderne Wohlstandsdiagnose?

Nein, die ersten anekdotischen Berichte über das Syndrom finden sich bereits vor mehr als 2000 Jahren bei Hippokrates, der einen Patienten mit Bauchbeschwerden, verändertem Stuhlverhalten, Blähungen und Stuhldrang beschrieb – also den typischen Symptomen eines Reizdarms. Anfang des 20. Jahrhunderts fand der Begriff „irritables Kolon“, gereizter Dickdarm, Eingang in medizinische Schriften. Und in den 1960 Jahren sprachen Ärzte erstmals vom „Irritable Bowel Syndrome“ – was nichts anderes ist als der im englischen Sprachraum gebräuchliche Begriff für das Reizdarmsyndrom.

Lässt sich die Erkrankung vollständig heilen?

Bislang leider nicht. Jedoch lassen sich die Beschwerden effektiv lindern. Dazu empfiehlt sich eine ganzheitliche Behandlungsstrategie, wir Mediziner sprechen von einem „multimodalen Behandlungskonzept“: Dazu zählen neben Medikamenten und Probiotika zum Beispiel auch Entspannungsübungen, Yoga, oder Psychotherapien, wie zum Beispiel die „Darmhypnose“ und auch individuelle Änderungen des Lebensstils. Und nicht zuletzt Ernährungstherapien, insbesondere die seit Jahren zunehmend etablierte Low-FODMAP-Diät. Diese spezielle Ernährungsweise hat sich in vielen wissenschaftlichen Studien als sehr wirksam erwiesen. Wichtig ist es aber auch, den genauen „Übeltätern“ in der Nahrung auf die Spur zu kommen, etwa einer Unverträglichkeit gegen Fruchtzucker oder Milchzucker, einer Histamin-Unverträglichkeit oder einer Nahrungsmittelallergie.

Wie sind Sie Expertin für dieses Krankheitsbild geworden?

Aus Interesse bin ich zu einer Forschungsgruppe am Universitätskrankenhaus Charité in Berlin gestoßen, die sich intensiv mit dem Reizdarmsyndrom beschäftigte. Danach war ich zu einem Forschungsaufenthalt an der Mayo Clinic in den USA, die bis heute führend ist beim Thema Reizdarm. Und seit einigen Jahren arbeite ich nun als Fachärztin für Innere Medizin am Israelitischen Krankenhaus in Hamburg, das deutschlandweit bekannt ist für seine Expertise in der Diagnostik und Behandlung von chronischen Verdauungsbeschwerden.

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