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Langzeitfolgen Was bisher über Long-Covid bei Kindern bekannt ist

Mädchen sitzt vor dem PC und reibt sich die Augen
Müdigkeit ist eins der häufigsten Symptome bei Long-Covid
© Prostock-studio/Shutterstock
Die Corona-Infektion ist überstanden, doch so fit wie vorher fühlen sich manche Patientinnen und Patienten noch nicht. Auch bei Kindern treten Langzeitfolgen auf – was dazu bisher bekannt ist

Auch wenn Kinder und Jugendliche in den meisten Fällen nicht schwer an Sars-CoV-2 erkranken, können sie noch Monate nach der eigentlichen Infektion mit Symptomen kämpfen.

Manche Kinder spielen ganz anders als vor der Covid-19-Infektion, andere Mädchen und Jungen werden schon durch kleinste Anstrengungen an die Grenze ihrer körperlichen Belastbarkeit gebracht oder die kleinen Patientinnen und Patienten leiden unter ständiger Müdigkeit. Für diese langwierigen Symptome gibt es zwei Begriffe: Post-Covid oder Long-Covid.

Doch noch ist nicht viel über die Langzeitfolgen von einer Corona-Infektion bei Kindern und Jugendlichen bekannt: "Wir stehen noch ganz am Anfang und es fehlt uns so ziemlich alles", erklärt Dr. Daniel Vilser, Leiter der Long-Covid-Ambulanz an der Uniklinik Jena.

Diffuse Symptome machen die Diagnose schwierig

Daniel Vilser
Daniel Vilser, Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Uniklinik Jena
© Uniklinik Jena (UKJ)

Long-Covid sei sehr schwer zu diagnostizieren, weil noch nicht festgelegt ist, wann man von den Langzeitfolgen einer Sars-CoV-2-Infektion spricht. "Die Symptome des Long-Covid-Syndroms sind sehr diffus und überschneiden sich mit vielen anderen Krankheiten. Letztlich ist es eine Ausschlussdiagnose. Heißt: Wenn es eine Covid-19-Infektion gab, bevor die Beschwerden anfingen und wir keine andere Ursache für die Symptome finden, gehen wir von Long-Covid aus."

Einige Studien berichten von verschiedenen Symptomen bei den Kindern, die unter Langzeitfolgen einer Sars-CoV-2-Infektion leiden. Eine britische Umfrage zählt Schlafstörungen, Müdigkeit, Husten, Kopf- oder Muskelschmerzen, Konzentrationsprobleme und der Verlust des Geruchs- oder Geschmackssinns zu den häufigsten Beschwerden.

Auch bei einer Fallstudie mit fünf schwedischen Kindern traten bei den vier Mädchen und dem einem Jungen Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Kopfschmerzen, Atemnot, Herzklopfen, Schwindel oder Halsschmerzen auf. Nach sechs bis acht Monaten hatten sich einige Symptome gebessert, doch alle Kinder litten noch unter Müdigkeit.

"Bisher haben wir einen Eindruck über die häufigsten Symptome", berichtet Vilser. Führend sei das Fatigue-Syndrom: Über Müdigkeit und eine schlechte Belastbarkeit klagen die meisten Patientinnen und Patienten in der Long-Covid-Ambulanz in Jena. Kopfschmerzen und mentale Probleme wie Schlaf-, Konzentrations- und Merkstörungen treten ebenfalls oft auf. Daniel Vilser konnte auch bei kleinen Kindern Wesensveränderungen feststellen.

Junge Patientin ist 14 Monate krank

"Manche Kinder, die früher problemlos in den vierten oder fünften Stock hochgesprintet sind, müssen jetzt nach dem dritten eine Pause einlegen – das Maximum ihrer Leistungsfähigkeit wurde also nach unten gedrückt. Und es gibt Kinder, die nach kleinen Belastungen zwei bis drei Tage im Bett liegen. Zum Beispiel nach einer Fahrt mit dem Rad zur Schule", berichtet Vilser aus der Long-Covid-Ambulanz.

Die Folgen einer Corona-Infektion können sich nicht nur bei Erwachsenen lange hinziehen, sondern auch bei Kindern: "Die Patientin, die am längsten unter den Folgen ihrer Sars-CoV-2-Infektion leidet, ist jetzt 14 Monate krank." Doch in der Regel habe Long-Covid eine gute Prognose – mit jeder Woche steige die Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerden nachlassen, sagt der Mediziner.

Die Ursache von Long-Covid können Ärztinnen und Ärzte noch nicht behandeln. In der Ambulanz der Uniklinik Jena werden die Kinder beispielsweise mit Ergo- und Physiotherapie unterstützt. "Eine medikamentöse Therapie von Long-Covid haben wir noch nicht, weil wir die Ursache noch nicht kennen. Wir können nur die Symptome behandeln", fasst es Daniel Vilser zusammen.

Anteil der Kinder mit Post-Covid-Syndrom

Wie hoch der Anteil der Kinder ist, die nach einer Covid-19-Infektion noch Wochen oder Monate Symptome haben, wird in Studien, die Symptome bei Kindern mit Long-Covid dokumentieren, unterschiedlich eingeschätzt.

In der Umfrage aus Großbritannien zeigen fünf Wochen nach der akuten Infektion noch zehn bis 15 Prozent der Kinder mindestens ein Symptom. Bei einer Untersuchung mit 510 Kindern, die vier Wochen nach einer diagnostizierten oder vermuteten Covid-19-Infektion noch Symptome hatten, waren nur zehn Prozent der Kinder nach den sieben Monaten wieder genauso fit wie vor der Erkrankung.

Doch die Aussagekraft solcher Studien ist begrenzt. Sie befragen oder beobachten Kinder nach einer Covid-19-Infektion, die noch unter Symptomen wie Müdigkeit, Kopfschmerzen oder Schlafproblemen leiden. Solche psychosomatischen Probleme könnten aber auch durch die psychischen Belastungen der Pandemie ausgelöst werden, wie beispielsweise die COPSY-Studie-Hamburg zeigt.

Mehr Forschung ist nötig, um Long-Covid zu verstehen

In einer Studie aus Italien legen Forschende dar, dass nach mehr als 120 Tagen nach der Infektion mit dem Coronavirus noch bei fast 36 Prozent der befragten Kinder ein oder zwei Symptome auftreten.

"Es ist eine sehr begrenzte Studie und die Eltern sind per Telefon gefragt worden. Ist beispielsweise gefragt worden, ob das Kind in den letzten Wochen Kopfschmerzen hatte und dies als Long-Covid-Symptom bewertet wurde, kommt eine zu hohe Rate zu Stande. Das ist kein Ausschnitt aus der Wirklichkeit, die wir hier im Klinikalltag erleben. Die Long-Covid-Rate bei Kindern dürfte im unteren einstelligen Prozentbereich liegen", sagt Vilser.

Um die Symptome von Long-Covid besser zu verstehen, sammelt die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie Daten zu den Langzeitfolgen bei Kindern. Ziel der Forschung ist es, belastbare Daten für das neue Krankheitsbild zu bekommen und so Patientinnen und Patienten gezielter behandeln zu können. 

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