Corona-Welle Was Sie für den Herbst über neue Virusvarianten und Impfschutz wissen sollten

Illustration: Eine junge Frau blickt mit vorgehaltener Hand gen sich von oben nähernde Corona-Viren
Experten gehen davon aus, dass uns im Herbst eine neue Corona-Welle treffen wird. Dies liegt an neuen Omikron-Mutanten, die hoch infektiös sind 
© Klaus Vedfelt / Getty Images
Experten sehen die nächste Corona-Welle im Anmarsch. Was Sie über die hochansteckenden Omikron-Subtypen wissen sollten, wer sich durch eine weitere Impfung schützen sollte und welches Verhalten für jeden in Herbst und Winter geboten ist 

In den Sommermonaten war das Corona-Virus nahezu vergessen. Nun zeichnet sich anhand des Abwasser-Monitorings ab, dass wir auf eine neue Herbstwelle von Erkrankungen zusteuern könnten. Neben klassischen Rhinoviren und der saisonalen Grippe sorgen neue Omikron-Ableger, konkret die hochinfektiöse Variante XEC, für ein dynamisches Infektionsgeschehen. Die Virologin Sandra Ciesek erläuterte gegenüber der dpa das Geschehen: Das Coronavirus mutiere und suche immer neue Wege, um den Menschen zu infizieren. Was rollt da also auf uns zu, und was können wir tun, um uns im Herbst und kommenden Winter zu schützen? 

I. Wie gefährlich ist die neue, mutierte Corona-Variante? 

Nachdem zuletzt die Variante KP. 3.1.1, ein Omikron-Ableger, das Infektionsgeschehen der Sommermonate vorangetrieben hatte, rollt bereits eine neue Corona-Mutation heran, die noch infektiöser zu sein scheint. Eine im Fachblatt "The Lancet" veröffentlichte Studie hatte schon die extreme Infektiosität von KP. 3.1.1 unterstrichen, das der Antikörperantwort besser aus dem Weg gehen kann als zuvor kursierende Omikron-Ableger. Noch infektiöser und "fitter" ist allerdings offenbar die aktuelle Variante XEC. 

Sie könnte weltweit die "dominante Subvariante in diesem Winter werden", so Francois Balloux vom Institut für Genetik des University College London gegenüber dem britischen "Science Media Center". In Deutschland, Dänemark sowie in den USA und Kanada breitet sich der Subtyp bereits schnell aus. XEC hat zwei zusätzliche Mutationen in seinem Spike-Protein, um die menschliche Immunabwehr besser zu umgehen. Die Mutationen ermöglichen es, besser an menschliche Zellen zu binden. Da die hochansteckende Variante erstmals in Deutschland entdeckt wurde, wäre sie nomenklatorisch nun die "deutsche Variante". Die WHO stellt jedoch die Bezeichnung neuer Varianten auf griechische Buchstaben um, um Stigmatisierung zu vermeiden, und so tauften Experten die Variante als den Omikron-Subtyp XEC. Es handelt sich um eine Hybridvariante, die sich aus den beiden Omikron-Untervarianten K.S.1.1 und KP.3.3 zusammensetzt.  

II. Welche Symptome erwarten Erkrankte? 

Die Symptome ähneln jenen vorheriger Coronawellen: Erkrankte berichten von Kopfschmerzen, Schnupfen, Abgeschlagenheit, Schüttelfrost, Atemwegsbeschwerden und Husten. Einige leiden unter Magen-Darm-Beschwerden. Möglich ist erneut auch ein vorübergehender Geschmacks- oder Geruchsverlust, der jedoch in der Regel nach kurzer Zeit verschwindet. In der Regel ist von einem milden Verlauf auszugehen. Das liegt daran, dass durch vorherige Infektionen und durch Impfung bereits eine gute Grundimmunität in der Bevölkerung aufgebaut wurde. 

Die Bevölkerung, so Experten, ist immunologisch nicht mehr "naiv". Allerdings bedeutet eine zunehmende Anzahl von Infektionen zugleich auch immer, dass mehr schwere Fälle auftreten können. Auch das Long-Covid-Risiko bleibt bestehen, Experten gehen jedoch davon aus, dass es ebenfalls durch vorherige Infektionen und Impfung verringert wird.

III. Was können die neuen angepassten Impfstoffe? 

Seit Mitte August stehen angepasste Impfstoffe bereit. Wie bei der jährlichen Grippeschutzimpfung wurden diese auf zirkulierende Untervarianten der Omikronfamilie angepasst. Sie heißen daher "bivalente" Impfstoffe, da sie gegen die Ursprungsvariante des Coronavirus (den Wildtyp) und neue Varianten wirken. Laborversuche deuten darauf hin, dass der neue Impfstoff die zirkulierenden Untervarianten der Omikronfamilie eindeutig besser erkennt als bisher verfügbare Impfstoffe. Im Tierversuch wurden stärkere Immunreaktionen beobachtet. Genaue Daten müssen sich noch aus dem Infektionsgeschehen diesen Herbst und Winter ergeben. 

IV. Wer sollte sich durch eine Auffrischungsvakzine schützen? 

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Auffrischungsimpfung allen Menschen ab 60 Jahren sowie Personen mit Grunderkrankungen. Dazu zählen beispielsweise eine COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung), eine Coronare Herzerkrankung sowie Diabetes mellitus. Hier ist die Vakzine bereits ab 50 Jahren angeraten. Die Virologin Sandra Ciesek empfiehlt, bei der Impfung darauf zu achten, einen auf die derzeit zirkulierenden Omikronvarianten angepassten Impfstoff zu erhalten. Seit Mitte August stehen diese angepassten Impfstoffe bereit. Auch wer jung und gesund ist und dennoch einen vierten Impfschutz wünscht, macht mit einer Impfung nichts falsch. Es ist Medizinern zufolge nicht möglich, zu "überimpfen". 

Bei der neuerlichen Auffrischungsvakzine sollte eine durchgestandene Infektion allerdings mindestens drei Monate zurückliegen. Laut RKI dauert der Impfschutz vor schwerer Erkrankung in der Regel mindestens zwölf Monate an. Eine im Herbst verabreichte Impfung soll bestmöglich während der zu erwartenden saisonalen Infektionssaison schützen. Im Herbst könnte am selben Termin auch gegen die jahreszeitliche Influenza oder Pneumokokken geimpft werden, sofern dies medizinisch indiziert und sinnvoll ist. Die Injektionen sollen allerdings jeweils an unterschiedlichen Gliedmaßen erfolgen. Es empfiehlt sich, rechtzeitig auf die Suche zu gehen nach Hausarzt- und Facharztpraxen, Apotheken oder Betriebsärzten, die impfen. Nicht alle Hausarztpraxen führen noch Corona-Impfungen durch. 

V. Was kann jeder tun, um gesund zu bleiben und andere zu schützen? 

Infektionswellen werden dadurch getrieben, dass Menschen sich nicht vernünftig verhalten, krank im Büro erscheinen, einkaufen gehen oder U-Bahn fahren. Einfache Regeln schützen Mitmenschen: Wer Symptome hat, bleibt zu Hause. Die wirksamen Schutzmaßnahmen AHA+L sind zudem aus den letzten Wellen bekannt: Abstand, Hygiene, Alltagsmaske und Lüften. Aber nicht alle Maßnahmen wirken gleich gut. Ein flächendeckendes Maskentragen halten Experten bisher für diesen Herbst für übertrieben. 

Wer zu einer greift, der sollte eine gut sitzende FFP2-Maske wählen und diese austauschen, sobald sie feucht geworden ist. Wenn eine infizierte Person und ihr Gegenüber beide eine solche Maske tragen, liegt die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion nach 20 Minuten bei einem Promille, das heißt 1:1000. Einfache OP-Masken schützen wesentlich schlechter vor Ansteckung: Wenn infizierte Menschen und Kontaktpersonen diese tragen, wird das Virus mit bis zu zehn Prozent Wahrscheinlichkeit übertragen. Aber beide Masken sind immer noch besser als keine zu tragen: Ohne Maske steckt sich die Kontaktperson mit fast 100-prozentiger Sicherheit an.

Abstand hilft nur bei kurzen Begegnungen, eine Ansteckung zu vermeiden. Sobald mehrere Menschen längere Zeit in einem Raum sitzen, verteilen sich die Viren in der Luft, und auch drei Meter Distanz bewahren nicht vor einer Ansteckung. Dagegen hilft regelmäßiges Lüften. Stoßlüften verringert die Aerosolkonzentration im Raum um bis zu 99,8 Prozent. Wenn es draußen wesentlich kälter ist als drinnen, reichen schon drei bis fünf Minuten Durchzug für einen Luftaustausch.

Wie oft die Fenster aufgemacht werden müssen, hängt von der Raumgröße, der Personenzahl und der Aktivität ab. Schulklassen sollte man etwa alle 20 Minuten lüften. Handhygiene schadet ebenfalls nicht, verhindert aber kaum Ansteckungen mit COVID-19. Auch wenn das Virus auf Oberflächen tagelang überleben kann, gibt es kaum nachgewiesene Fälle, in denen sich jemand auf diese Weise angesteckt hat. 

Weiterhin empfohlen: Schnelltests erkennen neue Untertypen von Omikron mit der gleichen Genauigkeit wie bisher. Es hilft also noch immer, wenn sich alle Beteiligten kurz vor einem Treffen selbst testen und für Sicherheit sorgen. Schnelltests sind laut der Virologin Isabella Eckerle auch angeraten, um Folgeerkrankungen zu vermeiden. Niemand sollte sich krank zur Arbeit schleppen. Herzmuskelentzündungen oder ein bakterieller Erreger setzten sich der Expertin zufolge ansonsten nicht selten auf eine durchgestandene Influenza oder Covid-Erkrankung. Und man vermutet: Wer sich ausreichend lange auskuriert, reduziert die Krankheitsschwere und das Long-Covid-Risiko. Die vorhandenen Tests erkennen bisher die genetisch veränderten Varianten, denn diese reagieren auf einen relativ stabilen Teil des Virus.

mae