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Psychologie Unhörbar tiefe Frequenzen animieren uns zum Tanzen

Tiefe Frequenzen – und selbst unhörbar tiefe – bringen uns eher in Schwingung als hohe
Tiefe Frequenzen – und selbst unhörbar tiefe – bringen uns eher in Schwingung als hohe
© master1305 / Adobe Stock
Eine neue Studie zeigt: Extrem tiefe Frequenzen haben Einfluss auf unser Verhalten auf dem Tanzboden – obwohl wir sie nicht hören können

Von einem "Rhythmus, dass jeder mit muss" sang Udo Lindenberg in den 1970er-Jahren. Bekannt ist das Phänomen der beschwingt-beschwingenden Beats aber schon viel länger. Und wohl jeder, der mal in einer Disco war, kennt das: Bestimmte Titel versetzen die Tanzenden zuverlässig in Extase.

Nun haben Forschende der McMaster University in Hamilton, Kanada, eine überraschende Entdeckung gemacht: Es gibt sogar Klänge, die uns zum Tanzen verleiten, obwohl sie mit den Ohren gar nicht wahrnehmbar sind.

Wie das Team im Fachmagazin Current Biology berichtet, luden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler insgesamt 133 Menschen zu einem Konzert mit elektronischer Musik der Band Orphx ein. 66 freiwillige Probandinnen und Probanden versahen die Forschenden mit einer Art Stirnband, das die Kopfbewegung registrierte. Während des Konzerts mischte das Team in regelmäßigen Abständen unhörbar tiefe Frequenzen (englisch: very low frequency, VLF) von acht bis 37 Hertz in die hörbaren Basstöne der Musik. Als akustisch für Menschen gerade noch wahrnehmbar gelten 40 Hertz.

Bass-Sounds beeinflussen den Gleichgewichtssinn

Während des knapp einstündigen Konzerts ließen die Forschenden in Abständen von 2,5 Minuten die unhörbar tiefen Sounds mitlaufen. Nach dem Konzert analysierten sie den zeitlichen Verlauf der Tanz-Aktivität – und erfassten in Fragebögen die subjektive Wahrnehmung der Musik und die Empfindungen der Proband*innen.

Das Ergebnis: In den Phasen, in denen die VLF-Sounds abgespielt wurden, war die Bewegung des Kopfes um durchschnittlich 11,8 Prozent erhöht. In den Fragebögen gaben die Probandinnen und Probanden zudem an, dass die (wahrnehmbaren) Bassklänge sie zum Tanzen bringen.

Das ist nun zwar nichts Neues; dass tiefe Bassklänge Menschen eher in Bewegung versetzen als hohe Töne, ist bekannt. Auch dass dabei die taktile Wahrnehmung der Frequenzen und das Gleichgewichtsorgan eine Rolle spielen.

Offenbar wird dieser Effekt aber durch unhörbar tiefe Bassfrequenzen verstärkt. Und zwar ohne, dass sich die Tanzenden darüber im Klaren sind. Die VLF stellen somit eine Art unbewusste Beeinflussung des Verhaltens von Menschen dar.

Dass die Tanzenden auf unhörbare Frequenzen reagieren, könnte allerdings auch schlicht am Boden liegen: So gibt der Psychologe und Neurologe Jonathan Cannon zu bedenken, dass die Schwingungen sich über den Tanzboden auf die Füße der Tanzenden übertragen haben könnten. Zudem könnten einzelne Personen, die besonders auf die (hörbaren) Basstöne reagieren, andere um sich herum "angesteckt" und zu ausladenderen Bewegungen motiviert haben.

Um auszuschließen, dass sich die Schwingungen über den Boden und die Füße der Tanzenden verbreiten, schlägt Cannon laut dem Magazin Live Science für weitere Experimente einen schwingungsarmen Betonfußboden vor. Dann müsste man allerdings aus den Ergebnissen etwas anderes herausrechnen: Das Tanzen auf harten Böden macht einfach weniger Spaß.

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