Bakterien Fest, fester, Staphylococcus: Krankenhauskeim hält stärker als Sekundenkleber

Ärzte im Krankenhaus waschen sich die Hände
Die Haut von etwa 20 Prozent aller gesunden Erwachsenen ist mit Staphylococcus aureus besiedelt
© Santiago Nunez / Adobe Stock
Staphylococcus aureus ist ein gefürchteter Krankenhauskeim und wegen Resistenzen oft schwer zu bekämpfen. Das Bakterium siedelt auf menschlicher Haut – und krallt sich dort mit extremer Kraft fest

Staphylococcus aureus haftet einer Studie zufolge mit der stärksten jemals nachgewiesenen natürlichen Proteinbindung an der menschlichen Haut. Die Haftkraft übertreffe die von Sekundenkleber und sei in der Natur nahezu beispiellos, teilte die Auburn University zu den Ergebnissen mit. Möglicherweise biete das neue Ansätze zur Bekämpfung.

Staphylococcus aureus zählt zu den häufigsten Mikroorganismen auf der menschlichen Haut, etwa 20 Prozent aller gesunden Erwachsenen sind damit besiedelt. Das Bakterium ist meist ein harmloser Mitbewohner, kann aber auch schwere Infektionen auslösen und ist ein gefürchteter Krankenhauskeim. Es kann zu Läsionen und lebensbedrohlichen Krankheiten wie Lungenentzündung, Sepsis und Schocksyndrom kommen. Insbesondere Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) stellen weltweit ein großes Problem dar, da sie gegen viele gängige Antibiotika resistent sind.

Warum so hartnäckig?

Forscher beschäftige seit Jahren, warum Staphylokokken so hartnäckig an der menschlichen Haut haften bleiben, hieß es. Das Forschungsteam, zu dessen leitenden Autoren Rafael Bernardi von der Auburn University (USA) zählt, fand nun heraus, dass das Bakterium ein Protein namens SdrD wie einen Enterhaken nutzt, um sich an das menschliche Protein Desmoglein-1 zu binden.

Staphylococcus aureus
Eine calciumabhängige Bindung ermöglicht es Staphylococcus aureus, sich fest an die Hautoberfläche anzuheften, was eine Erklärung für die Fähigkeit des Bakteriums liefert, mechanischen Kräften zu widerstehen und eine Infektion auszulösen
© Department of Physics - Auburn University

Mit Rasterkraftmikroskopie maßen die Forschenden die Kraft, mit der sich ein einzelnes Staphylokokken-Bakterium an menschliche Hautproteine bindet. Zudem wurde die Wechselwirkung Atom für Atom auf leistungsstarken Supercomputern modelliert. Beide Ansätze kamen zu dem gleichen Ergebnis: Die Bindung von SdrD an Desmoglein-1 ist stärker als jede andere in der Biologie bekannte Proteinbindung, wie das Team im Fachjournal "Science Advances" berichtet.

Kratzen oder Waschen reicht oft nicht

"Die Verbindung zwischen den beiden ist einzigartig", teilte die Auburn Universität mit. "Sie widersteht Kräften, die so stark sind, dass sie mit der Stärke einiger chemischer Bindungen konkurrieren." Das erkläre, warum Staphylokokken auch beim Kratzen, Waschen oder Schwitzen an der Haut haften bleiben. Zudem zeigten die Analysen: Unter mechanischer Belastung wird die Wechselwirkung zwischen Bakterium und Haut sogar noch verstärkt.

Die Studie ergab auch, dass Kalzium eine Schlüsselrolle für das bakterielle Haftvermögen spielt. Wurde der Kalziumspiegel in Laborversuchen gesenkt, schwächte sich die Bindung zwischen SdrD und Desmoglein-1 deutlich ab. Die Wiedereinführung stellte die Bindungsstärke nicht nur wieder her, sondern erhöhte die Stabilität des Komplexes noch deutlich weiter.

"Wir waren überrascht, wie sehr Kalzium zur Stärke dieser Wechselwirkung beiträgt", erklärte Mitautorin Priscila Gomes von der Auburn University. "Es stabilisierte nicht nur das bakterielle Protein, sondern machte den gesamten Komplex auch viel widerstandsfähiger gegen Zerbrechen."

Ansatz für mögliche Therapien

In geschädigter Haut verändert die gestörte Barriere den Kalziumgehalt - womöglich wird die bakterielle Haftfähigkeit dadurch
verstärkt und eine Infektion noch wahrscheinlicher, mutmaßen die Forschenden. Sie sehen als potenzielles Ziel Therapien an, die das Anhaften der Bakterien blockieren oder zumindest schwächen.

"Indem wir auf die Adhäsion abzielen, suchen wir nach einem völlig neuen Weg, bakterielle Infektionen zu bekämpfen", sagte Bernardi. "Wir versuchen nicht, die Bakterien zu zerstören, sondern sie daran zu hindern, sich überhaupt anzuheften."