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Wallonie Mit dem Rad in Belgiens Genießerregion

Dinant, Belgien
© dudlajzov / Fotolia
Wallonien hat mehr als 2000 Kilometer großartiger Radwege. Hundert davon ist unser Autor abgefahren – rund um die Städte Dinant und Lüttich

Inhaltsverzeichnis

Einstimmen für die Wallonie

Der Fluss macht sich breit in dem Durchlass, den er bei DINANT durch die Ardennen gegraben hat. Für das Leben in der belgischen Stadt, den Verkehr zumal, bleibt deshalb nur ein schmaler Landstreifen zwischen der MAAS und den schroffen Felswänden. Dass aber jemand den Radfahrern ihren eigenen Weg auf der Croisette, der Uferpromenade, bestreiten könnte, ist undenkbar.

Radfahren ist Religion in der Wallonie, und wo auf knappem Raum eine stattliche KATHEDRALE wie Notre-Dame Platz gefunden hat, da finden sich immer auch zwei, drei Meter Wegbreite für RAVeL, was für Réseau Autonome des Voies Lentes steht, das autonome Netzwerk der langsamen Wege. Belgiens französischsprachiger Süden ist von einem fabelhaften, mehr als 2000 Kilometer langen Wegesystem durchzogen, das Radlern, Wanderern und Reitern vorbehalten ist.

Die prima asphaltierten Strecken verlaufen oft auf alten Eisenbahntrassen und Treidelpfaden. Auf der Fahrt nach Dinant hinein wird es zwischen Fluss, Berg und Straße nur einmal richtig eng. Das grüne Schild gebietet: »Cyclistes pieds à terre«, bitte absteigen.

Ansonsten muss ich niemals aus dem Sattel, nicht mal auf der RUE GRANDE, weil die Autofahrer Radfahrern netterweise eine Gasse lassen. Die Geschäftsstraße führt auf den 100 Meter hohen Felssturz zu, unter den sich das Städtchen schmiegt, in dem ADOLPHE SAX das Saxofon erfand, und auf dessen Schulter eine mächtige ZITADELLE hockt. Den dreistöckigen Gebäudefronten aus gebrannten Ziegeln geben Gesimse aus fein behauenem Kalkstein ein gediegenes Gepräge.

Durchstarten!

Was Voies lentes meint, die Wertschätzung der Langsamkeit, zeigt sich am nördlichen Ausgang der Stadt. Der RAVeL löst sich von der Landstraße und wechselt über eine Schleusenbrücke auf die linke Seite der Maas, wo Angler still im Nieselregen sitzen. Der Fluss selbst scheint zu dösen, Stauwehre hemmen die Strömung. Das verschlafene Örtchen Bouvignes hat die Konkurrenz mit Dinant in Jahrhunderten verloren, als Attraktion kommt hier höchstens noch der Reiz des Verfalls infrage. Ich rolle auf dem alten Treidelpfad am Ufer und verpasse wegen der Regenkapuze, die mir über die Augen rutscht, fast den Abzweig ins VALLÉE DE LA MOLIGNÉE. Bald führt der Radweg neben einem Schienenstrang entlang, den auch Draisinen nutzen.

Weil die Eisenbahn extreme Steigungen nicht bewältigen konnte, zieht die acht Kilometer lange Trasse unmerklich sachte zur ABBAYE DE MAREDSOUS hinauf, durch Tunnel und über Stahlträgerbrücken, die eine gute Aussicht auf Schlösser und verträumte Bergdörfer bieten. Weil die Abtei ein beliebtes Ausflugsziel ist, herrscht oben reger Betrieb, inklusive Führungen durch Käserei und Brauerei. Mich lockt dagegen mehr die Abfahrt: eine Viertelstunde sanftes Gefälle.

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Ankommen

Zurück in Dinant, schließe ich das Rad am schmiedeeisernen Gitter von Notre-Dame an und nehme die SEILBAHN hinauf zur Zitadelle, die neben dem fantastischen Blick ins MAASTAL auch einen Blick in die Geschichte liefert. Durch die Katakomben hallt Schlachtenlärm – als multimediale Dauerschleife. Am 23. August 1914 hatten deutsche Soldaten 674 Zivilisten massakriert und drei Viertel der Stadt in Schutt und Asche gelegt. Auch mit der Erinnerung an solche Geschehnisse wird der Fahrradtourist aus Deutschland in der Wallonie konfrontiert. Und ist umso dankbarer dafür, dass er überall und immer so freundlich aufgenommen wurde.

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Anreise in der Wallonie

Wer mit dem Auto anreist, kann auch Abschnitte des RAVeL-Netzes befahren, die nicht zusammenhängen. Neben der Tour von Dinant ins Molignée-Tal bietet sich eine Schleife durchs Tal des Maas-Nebenflusses Lesse an oder die Kirschbaum-Route nahe Lüttich.

Tipp: Touren und weitere Infos finden sich auf: www.wallonie-radfahren.de.

Natürlich ist die Wallonie auch gut mit dem Zug zu erreichen. Lüttich hat einen futuristischen Bahnhof für die Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Köln und Paris bauen lassen, vom Stararchitekten Santiago Calatrava. Fahrtzeit von Köln: weniger als eine Stunde.

Wallonie: Mit dem Rad in Belgiens Genießerregion

Sehenswertes in der Wallonie

Auch Lüttich, einst Ausgangspunkt der Industriellen Revolution, heute kulturelles Zentrum der Region, lässt sich gut à vélo erkunden (Räder und Infos bei: Point Vélo de la Gare de Liège, Place de Guillemins 2). Der Maigret-Erfinder GEORGES SIMENON hat als junger Journalist im Stadtteil OUTREMEUSE ein bewegtes Leben geführt. Heute machen Zuwanderer aus aller Welt die Stadt zu einer vitalen und vielfältigen Metropole.

Wallonie, Kathedrale
© Victor Lacken / Alamy Stock Photo

Genießen: Tipps für Restaurants und Cafés

Die belgische Nationalspeise Pommes Frites steht zum Glück ebenso wenig auf der Dopingliste des Internationalen Radsportverbands wie das gute Bier. Der kleine Feinkostladen AU VILLAGE GOURMAND auf der Rue Grande in DINANT führt rund 200 Sorten, vom traditionellen KLOSTERBIER bis zum neumodischen Craft Beer aus der Nachbarschaftsbrauerei.

Fritten – groß, knusprig und saftig sollten sie sein – gibt es an jeder Ecke: In Dinant etwa bei IVAN DES FRITES (Grand Route de Ciney 8), LA GOURMANDINE (Rue Adolphe Sax 30) oder der »verrückten Fritte«, À LA FOLLE FRITE (Rue Georges Cousot 2). Im Restaurant LA BROCHE an der Rue Grande begleiten frites das sportlergerechte »Menu Terroir« aus Muschelsuppe und Rinderfilet. In Lüttich ging ich auf Frittendiät und ins LE BISTROT D’EN FACE von Thierry Marée: Terrine de Foie Gras, Tête de Veau, Sorbet Citron et Vodka, dazu ein Glas Chinon.

Schlafen: Schöne Unterkunfte in der Wallonie

Direkt in der Stadt und am Ufer der Maas liegt das IBIS DINANT (DZ ab 110 €).

Das neoklassizistische Schlösschen CASTEL PONT À LESSE, zehn Radminuten von Dinant entfernt, einst die beste Stube der Metallarbeitergewerkschaft, ist heute ein Privathotel inmitten der stillen Flussaue der Lesse (DZ ab 89 €).

RAMADA PLAZA: Ebenfalls am Fluss gelegen und eine gute Homebase fürs Sightseeing in Lüttich (DZ ab 114 €).

GEO SAISON Nr. 04/2018 - Mallorca

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