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Kulturhauptstadt 2017 Jetzt Aarhus entdecken!

øhaven, Aarhus
Gärten für die Anwohner statt ein weiteres Hochhaus, das Projekt ø-haven zeigt wie aus Beton urban Gardening wird
© PR Anders Laursen
Hochbeet statt Hochhaus, Eisberge an der Ostsee, ein begehbarer Regenbogen und eine Kunstmeile bis zur Küste: Dänemarks zweitgrößte Stadt denkt aufs Schönste um

Einstimmen auf Aarhus

Das kommt dabei heraus, wenn man umdenkt: Karotten, Salate und Radieschen sprießen, wo ursprünglich ein Hochhaus wachsen sollte. Das Projekt landete in der Tonne, als die Stadt am Kattegat (www.visitaarhus.de), die zweitgrößte des Landes, anfing, die Pläne für das neue Quartier Aarhus Ø auf dem nördlichen Teil des Hafengeländes zu überdenken. Statt Beton nun Urban Gardening: Dänemarks größten Stadtgarten Ø-Haven nutzen inzwischen Anwohner und Besucher gern als Treffpunkt. Rund 250 Hobbygärtner pflanzen und pflegen Blumen, Gemüse und Obst in Hochbeeten und gehen im Sommer zwischendurch in der Ostsee baden (Helga Pedersens Gade, www.ø-haven.dk). Den Aarhusern macht das Umdenken offensichtlich so großen Spaß, dass die Kulturhauptstadt programmatisch auffordert: Let's Rethink – lasst uns neu über die Zukunft nachdenken (www.aarhus2017.dk). Das Kulturhauptstadtjahr wollen übrigens Hunderttausende Menschen aus der Region am 21. Januar mit einer Welle aus Gesang, Licht und Gelächter eröffnen.

Was es in Aarhus zu entdecken gibt

Dass die neue Hafencity lebendiger und abwechslungsreicher als das größere Pendant in Hamburg wirkt, erklärt Stadtbaudirektor Stephen Willacy so: "Wir setzen auf Partizipation statt Vorschriften von oben." 25 Prozent der Wohnungen müssen bezahlbare Sozialwohnungen sein, dazu kommen Studentenapartments und ein Generationenhaus für Jung und Alt. Im Sommer zieht der Beachclub Strandbaren mit Volleyball-Feldern, kleinen Restaurants und Shops von Baulücke zu Baulücke und informiert via Facebook über den aktuellen Standort (facebook.com/strandbarenaarhus). Ein zur Ostsee offenes Hafenbecken mutiert zur Hafenschwimmbahn.
Architektonischer Höhepunkt des neuen Viertels ist der Isbjerget: Wie kantige Eisberge stemmen sich die hellen Gebäude dieses Wohnkomplexes gegen die Wellen der Ostsee (Jette Tikjøbs Plads, www.isbjerget.com). Bindeglied zwischen dem neuen Viertel und der City ist Dokk 1, ein futuristischer Bau aus Beton und Glas. Er beherbergt Skandinaviens größte öffentliche Bibliothek. Die 350 000 Bücher spielen in dem Medien-Zentrum nicht die Hauptrolle. "Wir wollen das angestaubte Image von Büchereien aufbrechen", sagt Dokk1-Chef Rolf Hapel. Auf der "Rampe", dem offenen Treppenbereich, sitzen Studenten vor ihren Laptops. Es gibt Tonstudios, 3-D-Drucker, ein Reparaturcafé mit Nähmaschinen, im Familienbereich hüpfen Kinder auf digitalen Fußballplätzen, und zuweilen erklingt ein Gong: Jedes Mal wenn in Aarhus ein Baby geboren wird (Hack Kampmanns Plads 2, www.dokk1.dk).

Aarhus, Kunstmuseum Aros
Ab Juni 2017 ist das Kunstmuseum Aros der Ausgangspunkt für eine rund vier Kilometer lange Kunstzone in Aarhus
© mauritius images / Travel Collection / Elmenhorst für JALAG

Was man in Aarhus gesehen haben sollte

Aarhus wächst und erfindet sich neu. Von rund 311 000 Einwohnern sind ca. 40 000 Studenten. Wie kreativ, kontrastreich, innovativ und zugleich bewahrend sich die Stadt neu gestaltet, lässt sich am besten vom begehbaren Regenbogen des dänisch-isländischen Künstlers Ólafur Elíasson überblicken: Auf dem Dach des Kunstmuseum Aros eröffnet er ein 360-Grad-Panorama in schillernden Farben (Aros Allé 2, www.aros.dk). Das mit seinen breiten, aufwärts strebenden Gängen an das New Yorker Guggenheim erinnernde Museum ist im Juni und Juli 2017 Ausgangspunkt einer vier Kilometer langen Kunstzone, die sich durch die Innenstadt und entlang der Ostseeküste erstreckt.

Unter dem Titel Der Garten - Zeitenende, Zeitbeginn sollen in diesem Großprojekt mit Skulpturen, Installationen und Aktionen die Beziehungen von Mensch und Natur reflektiert werden. Eine kleine Stadt in der Stadt ist Den Gamle By, ein Freilichtmuseum mit Häusern und Straßenzügen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert, die auch an Momente des eigenen Lebens erinnert: eine Studenten-WG aus den 70er Jahren mit Friedensplakaten und Abba-Platten. Eine Jazz-Kneipe, in der noch geraucht werden durfte. Die Zimmer einer Flüchtlingsfamilie aus Somalia – und die klassisch-eleganten Tonmöbel von Bang & Olufsen in einem Fachgeschäft aus dem letzten Jahrhundert (Viborgvej 2, www.dengamleby.dk).

Aktiv werden in Aarhus

Nur nicht unter die Räder kommen! Denn Aarhus wimmelt von Fahrrädern. Das älteste Stadtviertel, das Latiner-Quartier, in dem sich einst eine Latein-Schule befand, lässt sich allerdings am besten zu Fuß durchstreifen. Auf den ersten Blick dänische Idylle mit kleinen farbig getünchten Häusern, vor denen Stockrosen wachsen. Auf den zweiten Blick ein fast südländischer Marktplatz der Ideen und Genüsse: Im Great Coffee zelebriert Barista-Meister Søren Markussen den besten Kaffee der Stadt (Klostergade 32, www.greatcoffee.dk). Die neueste Mode dänischer Designer präsentiert WON HUNDRED (Volden 20, www.wonhundred.com). Junge Kunst zu bezahlbaren Preisen ist in der Charlotte Fogh Gallery zu finden (Mejlgade 18 b, www.charlottefogh.dk). Und zwischendrin immer wieder Kneipen und Restaurants. Bestens per Rad erreicht man Godsbanen im ehemaligen Güterbahnhof (Skovgaardsgade 3, www.godsbanen.dk). Theaterleute, Filmemacher,Schriftsteller, Künstler, Kreative jeder Art finden hier Bühne und Arbeitsplätze, auf dem Dach kann man skaten oder den Sonnenuntergang anhimmeln, im Restaurant mittags günstig essen. Auf dem Außengelände entstand aus Güterschuppen, Containern und selbst gebauten Holzhütten ein Kreativ-Bauspielplatz für alternative Projekte, koordiniert vom Institut for X (www.institutforx.dk). Fahrräder, auch sportliche der deutschen Marke Canyon, verleiht Cycling Aarhus, auf der Website gibt’s eine App mit Insider-Tourentipps (Frederiksgade 78, www.cycling-aarhus.dk).

Great Coffee, Aarhus
Wer den besten Kaffee der Stadt verköstigen möchte, findet sich im Great Coffee ein
© Great Coffee

Essen und Trinken in Aarhus

Gleich drei Restaurants, das Substans, das Gastromé und das Frederikshøj, tragen einen Michelin-Stern. Wem in letzterem das sechsgängige Menü zu mächtig vorkommt (Oddervej 19–21, www.frederikshoj.com), kann in der Dependance F-Høj bei klassischem Smørrebrød den Stil von Küchenchef Wassim Hallal testen (Grønnegade 2). Auf frische Ökozutaten setzen Langhoff & Juul: Wunderbar zart ist der bei niedrigen Temperaturen gegarte Lammbraten mit Hagebutten und grünen Tomaten. Das Menü mit drei Gängen lässt man sich im dezent-rustikalen nordischen Ambiente munden. (Guldsmegade 30, www.langhoffogjuul.dk). Günstiger und unterhaltsam essen Gäste dienstags ab 19 Uhr im Le Coq: Einmal in der Woche gehen bei einer Art Volksspeisung ein Hauptgericht und ein Glas Bier für wenige Euro über die Theke, im Sommer essen die Gäste gern auf der Straße (Graven 14, www.cafe-lecoq.dk). Um die Ecke liegt das Ris Ras Filliongonggong, eine Kneipe mit mehr als 100 Biersorten und Wohnzimmer-Atmosphäre (Mejlgade 24). Zum "Volksspeisehaus", Folkets Spisehus, verwandelte sich eine ehemalige Busgarage: In 25 Streetfood-Küchen garen günstige Gerichte aus aller Welt, bezahlt wird mit eigener Währung, den Streetcredits (Ny Banegårdsgade 46, facebook.com/aarhusstreetfood).

Übernachten in Aarhus

Umgeben von Cafés und Restaurants am Flusslauf der Å steht das Cabinn Hotel. Jüngst modernisiert, funktionell und etwas spartanisch sind die Standardzimmer (Kannikegade 14, www.cabinn.com, DZ ab 84 €). Überraschung hinter alten Mauern: In den 65 Zimmern des Hotel Oasia stehen ausgesuchte Stücke skandinavischer Designer, und der kleine Innenhof ist eine Oase (Kriegersvej 27, www.hoteloasia.com, DZ/F ab 120 €). Eine historische Fassade aus dem 19. Jahrhundert kombiniert das Scandic Aarhus City mit moderner Glas-Architektur, dezent modernem Komfort und umweltfreundlicher Technik: Die Solaranlage liefert 90 Prozent des Strombedarfs (Østergade 10, www.scandichotels.com, DZ/F ab 150 €). Den Strand zu Füßen und das Bad im Meer inklusive hat das Marselis Hotel. Der Blick auf die Ostsee aus allen Zimmern wiegt auf, dass das gediegene Interieur etwas in die Jahre gekommen ist (Strandvejen 25, www.helnan.dk, DZ/F ab 200 €).

GEO SAISON Nr. 12/2016 - Die spannendsten Ziele 2017

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