Homeoffice ist seit der Corona-Pandemie für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Alltag geworden. Viele Deutsche wollen auch nach der Krise weiter von zu Hause aus arbeiten. Doch wer sagt, dass man dafür in den eigenen vier Wänden sitzen muss? Wer bei seiner Arbeit nicht ortsgebunden ist, kann den Laptop beispielsweise auf dem Balkon eines malerischen, italienischen Dorfes oder einer historischen Kleinstadt aufklappen. Zwei Orte in Italien wollen Homeoffice-Arbeitende anlocken: sie übernehmen einen Teil der Miete.
Viele Orte in Italien haben damit zu kämpfen, dass ihre Einwohnerzahlen einbrechen – viele junge Menschen verlassen die Dörfer und Kleinstädte, um woanders einen Job zu finden. Santa Fiora in der Toskana und Rieti in Latium haben sich eine Strategie ausgedacht, um dem entgegenzuwirken: Wer sich entscheidet sein Homeoffice für längere Zeit in die Orte zu verlegen, bekommt einen Mietgutschein für bis zu 50 Prozent der Gesamtmiete. Noch ein Vorteil: Die Mieten in Santa Fiora und Rieti sind relativ niedrig.
Kein bezahlter Urlaub
Das Angebot kann jeder in Anspruch nehmen, der nachweislich virtuell arbeitet und auf Zeit in Santa Fiora oder Rieti leben möchte. Bei dem "Smart-Village-Projekt" werden die Orte in Italien mit Highspeed-Internet ausgestattet und richten sogenannte "Labore" mit Arbeitsplätzen für digitale Nomaden ein.
Santa Fiora liegt mitten in der Toskana – ein Ort, den vor allem Naturfreunde lieben werden. Bei Wandertouren können sie beispielsweise den nahegelegenen Monte Amiata erkunden, ein Berg mit einem vulkanischen Ursprung. Heute leben nur noch knapp 2.500 Menschen in dem Dorf. Der Bürgermeister Federico Balocchi will den Ort mit den digitalen Nomaden wiederbeleben, wie er es gegenüber dem Nachrichtensender "CNN" schildert. Wer von Santa Fiora aus arbeitet, bekommt maximal 200 Euro oder 50 Prozent der Gesamtmiete erstattet, wenn er zwei bis sechs Monate in Santa Fiora verbringt. Nach sechs Monaten müssen die digitalen Nomaden die Miete selbst zahlen. Die Mieten in der Gegend liegen zwischen 300 und 500 Euro.
Das Angebot richte sich nicht an Touristen, sondern an Menschen, die das Dorfleben erleben möchten, sagt Balocchi: "Das Ziel ist es, Menschen zu motivieren, hier herzuziehen und virtuell zu arbeiten. Wir möchten, dass Santa Fiora zu ihrem flexiblen Büro wird." Jedes Mal, wenn ein junger Mensch das Dorf verlasse, werde ein Teil des Ortes weggenommen.
Nachweis über Mietvertrag und Arbeit im Homeoffice nötig
Wer einen Teil des Jahres in entspannter Atmosphäre in der Natur verbringen möchte, muss in einem ausführlichen Dokument beschreiben, was er beruflich macht – egal ob Architektur, Design oder freiberufliches Texten. Die Tätigkeitsbeschreibung muss zusammen mit einem Antrag eingereicht werden. Außerdem muss mit einem Mietvertrag und der neuen Adresse nachgewiesen werden, dass man auf Zeit in Santa Fiora lebt und arbeitet. Die Miete wird erst erstattet, wenn die Mietbelege im Büro des Bürgermeisters vorliegen. Wer jetzt in die Toskana aufbrechen möchte, kann sich auf der extra angelegten Webseite nach einer Bleibe umschauen.
Wer sich entscheidet, langfristig im Ort zu leben und ein Kind bekommt, erhält einen Baby-Bonus von 1.500 Euro je Neugeborenen. Wer ein Hotel, Hostel oder B&B eröffnet, wird mit 30.000 Euro unterstützt.
In der Kleinstadt Rieti arbeiten
Wer es lieber etwas urbaner mag, findet in Rieti ein ähnliches Angebot. Die Stadt liegt rund 80 Kilometer von Rom entfernt. Rieti ist die ehemalige Hauptstadt der historischen Region Sabina in Mittelitalien. Sie ist von schützenden mittelalterlichen Türmen und Mauern umgeben. In der Altstadt finden sich schöne Plätze und prunkvolle Paläste. Rieti liegt inmitten wunderschöner Natur – das Naturreservat der Reatiner Seen liegt ganz in der Nähe.
Die Kleinstadt hat rund 50.000 Einwohner – aber die Bevölkerung wächst nicht. "Wir stecken irgendwie fest", sagt der stellvertretende Bürgermeister Daniele Sinibaldi gegenüber "CNN". "Junge Menschen fliehen immer noch auf der Suche nach Arbeit nach Rom. Deshalb haben wir uns auf den Weg gemacht, um Menschen, die ortsunabhängig arbeiten, nach Rieti zu locken, um es in ihr intelligentes Büro zu verwandeln und die Stadt so wiederzubeleben."
Mietgutscheine von Aufenthalte ab drei Monaten
Wer mindestens drei Monate bleibt, kann von den Mieterstattungen profitieren. Telearbeiter müssen nicht direkt in Rieti leben, sondern können sich auch in den nahe gelegenen ländlichen Gebieten eine Immobilie suchen. "Für 600 Euro können Telearbeiter eine ganze kleine Villa in einer ruhigen Landschaft bekommen", sagt Sinibaldi. Das Angebot in Rieti ist sogar noch attraktiver als das in Santa Fiora: Während die Homeoffice-Arbeitenden nach sechs Monaten die Miete in dem toskanischen Dorf selbst zahlen müssen, können die Mietgutscheine in Rieti darüber hinaus verlängert werden.
Ein vorläufiger Mietvertrag reiche aus, um den Ball ins Rollen zu bringen, sagt Sinibaldi. Wer sich auf Zeit in Rieti niederlassen möchte, muss als Freiberufler seine Tätigkeit detailliert beschreiben. Für Angestellte muss der oder die Vorgesetzte den Homeoffice-Status bestätigen.