In den 20er Jahren pendelte auf der High Line in New York noch der Güterzug zwischen dem Meatpacking District und West Chelsea. Heute wandeln hier gestresste Großstädter und Touristen zwischen Blumenbeeten und hölzernen Liegen. Zu verdanken haben sie das dem Architektenbüro "Diller Scofidio + Renfro" und dem neuzeitigen Verlangen des Menschen nach Architektur mit Aussicht.
Es geht dabei zusehends nicht mehr um "schneller, höher, weiter", sondern um das besondere Zusammenspiel zwischen Umgebung und Architektur. Nahezu perfektioniert haben das die Norweger. In der teils kargen Landschaft hat sich ein wahrer Architekten-Spielplatz entwickelt. Das Osloer Büro Snøhetta platzierte als Rentierbeobachtungsstation beispielsweise einen Kubus aus Stahl und Glas im steinernen Dovre-Gebirge. Halb Steg, halb Brücke, baute Code Arkitekter einen unkonventionellen Beobachtungsposten zwischen zwei Fjorde an die Landspitze Tungeneset. Das Gesamterlebnis, bestehend aus Architektur, Natur und Aussicht lockt jedes Jahr mehrere Tausend Besucher in die norwegische Einöde, die zuvor touristisch so gut wie unerschlossen war.
Nicht nur die Skandinavier haben das zunehmende Architekturinteresse für sich entdeckt, Bauherren aus aller Welt lassen ihrer Kreativität freien Lauf. Während ein Bauwerk vor nicht allzu langer Zeit noch mit Funktionalität überzeugen musste, können Architekten heute Spiralen in den Himmel drehen oder Stege über Baumwipfel legen - Hauptsache, die Konstruktion ermöglicht dem Betrachter einen Perspektivwechsel. Weltweit über 30 solcher Projekte aus den letzten 15 Jahren stellt das Buch "Luginsland" vor.