"Bei "Waldi" muss man mit der Kupplung immer etwas spielen“, erklärt Sandra Dahmann beim Anlassen, und schon schnurrt der grüne Bulli los. Im echten Leben mag sie zwar Neurologin sein, aber man könnte meinen, die junge Ärztin aus Bochum würde nichts anderes tun als T2-Oldtimer fahren und Kameraobjektive wechseln. Am Morgen war Sandra als Gewinnerin eines Fotoworkshops im Bregenzer Wald angekommen, doch bereits am Abend, als sich die Sonne tief hinter die umliegenden Berggipfel duckt, ist sie von den Blenden- und Verschlusszeiträdchen nicht mehr wegzubekommen. Beste Voraussetzungen für die Tour des Jahres.
Der Plan: fünf Tage mit dem alten Bulli durch die Alpen zu tuckern und an den schönsten Ecken mit Profi Hauke Dressler die Kamera auszupacken. Sandra entpuppt sich als Musterschülerin, die schnell raushat, wie das mit der ISO, der Lichtempfindlichkeit funktioniert und genau nachfragt, wie Hauke die Tiefenunschärfe hinbekommt. „Es gehören zwei Dinge zur Fotografie“, merkt sie. „Die Idee für das Bild und dann, diese Idee technisch umsetzen zu können. Das ist schwieriger als ich dachte.“ Doch mit jedem Kilometer, den Waldi tapfer auf den steilen Straßen zurücklegt, wird auch Sandra selbstbewusster mit der Kamera. Und das, obwohl das Wetter anfangs nicht wirklich mitspielt: Die Lamas, die beim ersten Roadtrip-Stopp warten, sind pitschnass, der Bärlauch, der bei der nächsten Etappe gesammelt wird, ist es ebenso. Aber Gewitterwolken lassen sich schließlich auch schön dramatisch fotografieren.
Nicht immer alles wie geplant
Am Abend, als die selbst gemachte Bärlauchbutter aufs Vorarlberger Bauernbrot geschmiert und verspeist ist, entscheiden sich Hauke und Sandra, nicht wie geplant weiter zu fahren, sondern den Bulli am Ende einer kleinen Serpentinenstraße zu parken. „Ich dachte, dass wir eine längere Strecke im Auto sitzen“, sagt Sandra, als sie die Rückbank zum Bett umbaut. „Aber wenn wir direkt weiter fahren würden, könnten wir die Gegend nicht so intensiv kennen lernen.“ Hier oben ist es nachts zwar noch ziemlich frostig, aber morgens früh die klare Bergluft durch die Schiebetür hereinziehen zu lassen und an der Kuhtränke die Zähne zu putzen, ist einfach zu verlockend. Und liefert gleich die nächsten Motive. Bei einem Roadtrip läuft – wie beim Fotografieren – schließlich nicht immer alles wie geplant. Und das ist ja auch das Schöne daran.