Dass sie mit einer Kamera einmal 60 Meter über einem Abgrund hängen würde, hätte Sandra Dahmann, 33, nie gedacht. Aber jetzt lehnt sie sich extra weit nach vorn, um die Steilwand unter ihr einzufangen. Kletter-Guide Franko Rietzler ist mindestens genauso baff wie Fotograf Hauke. Am Vormittag war die Ärztin aus Bochum schon beim Canyoning durch Schluchten mit türkisfarbenem Wasser geschwommen, später wird sich der Sonnenuntergang knallrot hinter die umliegenden Bergkuppen schmiegen – man könnte meinen, die Vorarlberger Natur wäre für einen Fotomotiv-Contest geschaffen worden.
»Für mich ist es besonders interessant, Landschaften zu fotografieren«, sagt Sandra, während sie ein Gipfelkreuz im Bildausschnitt hin- und herschiebt. »Im Urlaub probiere ich auch immer, die Natur zu dokumentieren, um mir eine Reise später wieder in Erinnerung rufen zu können. Aber das, was man vor Ort sieht, in einem Bild einzufangen, ist wirklich schwer. Da bin ich zu Hause oft enttäuscht von meinen Fotos und denke: Das sah viel schöner aus in echt!« Während der Bulli später an der rauschenden Bregenzer Ach entlangrollt, erklärt Hauke, dass es oft nur Kleinigkeiten sind, die einem Foto mehr Ausdruck verleihen: eine Straße, die links unten noch angeschnitten ist, oder ein Ast, der rechts oben ins Bild ragt, damit man die Weite erfassen kann.
Die größte Herausfoderung ist die Bildauswahl
Als Sandra am letzten Abend des gemeinsamen Roadtrips ihre Fotos das erste Mal auf der mitgebrachten Leinwand sieht, ist sie begeistert – und hat sogar gelernt, wie sie den grünen Bulli trotz Dämmerlicht noch in der Szenerie einfängt. »Durch die Tipps von Hauke habe ich das Gefühl, dass meine Fotos authentischer sind. Er hat meinen Blick geschärft, ich achte jetzt viel mehr auf Details, die das Bild lebendiger machen.« Für ihr Fotobuch zum Roadtrip wartet jedoch noch eine weitere Herausforderung: die Bildauswahl. Bei wild tosenden Wasserfällen, zauberhaften Bergspitzen, steilen Canyons und klaren Flüssen macht es einem die Natur im Bregenzerwald in dieser Hinsicht nicht gerade leicht. Aber wenn das in Zukunft Sandras größtes Problem als Fotografin ist, nimmt sie es gern in Kauf. Auch bei ihrem anstehenden Trekkingurlaub durch Island.