Das farbenprächtige Federkleid der Vögel ist bestens erforscht: Während der Pfau mit den "Augen" auf seinem Gefieder Fressfeinde abschrecken will, tarnen sich Papageien mit ihren bunten Federn als tropische Blüte oder plustern männliche Türkisvögel bei der Balz ihr leuchtendes Kleid auf, um potenziellen Partnerinnen ins Auge zu stechen. Weit weniger bekannt ist dagegen über die Augenfarbe von Vögeln. Dabei leuchten auch die Augen in allen Farben des Regenbogens: Der Sterntaucher hat eine karminrote Iris, die Augen der Sumpfohreule strahlen gelborange und männliche Seidenlaubenvögel blicken aus violettblauen Augen.
Welche Gründe es für die unterschiedlichen Farben geben könnte, zeigt eine Übersichtsstudie, die Ornithologen der Louisiana State University in der Fachzeitschrift "Ibis" veröffentlicht haben. Darin zeigen sie Muster auf, die sich – trotz der auf diesem Gebiet noch immer bestehenden Lücken – in 100 Jahren Forschung zur Augenfarbe von Vögeln herauskristallisiert haben.
"Niemand würde vermuten, dass Kormorane die farbenprächtigste Vogelfamilie sind – bis man sich ihre Augen ansieht", schreibt der Ornithologe Eamon Corbett, Hauptautor der Studie, in einem begleitenden Artikel für die britische Ornithologenvereinigung. "Ihre auffälligen Irisfarben reichen von Türkis (Ohrenscharbe) über Saphirblau (Pinselscharbe), Waldgrün (Krähenscharbe) und Tiefrot (Riedscharbe) bis hin zu einem zweifarbigen orange-zinnoberroten Sonnenuntergangsmuster (Küstenscharbe). Aber selbst diese beeindruckende Vielfalt ist nur ein Bruchteil der Augenfarben, die bei Vögeln zu finden sind."
Um die Augenfarbe eines Tieres zu erklären, untersuchten die Forscher verschiedene Ebenen: Welche Pigmente sorgen dafür, dass ein Auge eine bestimmte Farbe annimmt? Welche Gene sind für die Augenfarbe verantwortlich? Und welche evolutionären Gründe gibt es dafür?
Je farbiger die Augen, desto besser der Bruterfolg
Vor allem die Frage, welche Vorteile sich den Vögeln durch die unterschiedlichen Irisfarben bieten, beschäftigt die Ornithologie. Keine Beweise gibt es bislang für die Hypothese, dass die Vögel durch unterschiedlich gefärbte Augen besser sehen. Die Forscher gehen deshalb vielmehr davon aus, dass die Augenfarbe – ähnlich wie die Farbe des Gefieders – wichtige Signale aussendet: zum Beispiel wie gesund, kräftig und alt ein Vogel ist.
Die leuchtenden Augen von Paradiesvögeln, Laubenvögeln, Pelikanen oder Kormoranen scheinen bei der sexuellen Selektion eine Rolle zu spielen. Studien zeigen beispielsweise, dass die Augen von Pelikanen kurz vor der Brutzeit intensiver gefärbt sind als sonst, und dass das intensive Gelb der Iris von Gelbaugenpinguinen mit ihrem Bruterfolg korreliert. Da die Augenfarbe innerhalb der Arten variiert, vermuten die Forscher, dass die Farbintensität ein Indikator für Alter und Partnerqualität ist.
In anderen Fällen dient die Augenfarbe zur Abschreckung von Rivalen: So zeigte ein Experiment mit Dohlen, dass sich Konkurrenten nicht in die Nähe der Nisthöhlen von Vögeln mit besonders hellen Augen trauten – vermutlich, weil sie diese aufgrund ihrer intensiv gefärbten Iris für besonders fit und stark hielten. Die Nisthöhlen von Konkurrenten mit unauffälligeren, dunkleren Augen wurden dagegen nicht gemieden.
Während eine dezente Augenfarbe hier von Nachteil ist, hilft ein dunkles Auge anderen Vogelarten bei der Tarnung – und damit beim Überleben. Besonders gefährdete Vögel wie tagaktive Eulen oder offen nistende Singvögel haben der Studie zufolge oft unauffällige Augen. Damit wollen die Vögel mit ihrer Umgebung verschmelzen – und verhindern, dass ein auffällig gefärbtes Auge die Aufmerksamkeit von Feinden auf sich zieht.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
