Partnerwahl Kotproben zeigen: Spinnenaffen stehen auf genetische Vielfalt

Nördlicher Spinnenaffe auf einem Ast
Nördliche Spinnenaffen achten bei der Partnerwahl auf genetische Vielfalt
© Carla Possamai / dpa
Nördliche Spinnenaffen sind extrem selten. Damit die Jungen gute Überlebenschancen haben, wählen Weibchen ihre Partner sorgfältig aus. Die Männchen dürfen keine nahen Verwandten sein - und sollten ein möglichst schlagkräftiges Immunsystem haben, wie eine aktuelle Studie nahelegt

Bei der Partnerwahl achten Nördliche Spinnenaffen nicht nur darauf, Inzest zu vermeiden, sondern auch auf einen ganz bestimmten genetischen Cocktail. Das berichtet ein US-Forschungsteam im Fachblatt "Proceedings of the Royal Society B" auf Grundlage von Langzeitbeobachtungen der Tiere und DNA-Analysen von Kotproben. Die erfolgreiche Aufzucht von Nachkommen ist wichtig, da die Art vom Aussterben bedroht ist.

Nördliche Spinnenaffen (Brachyteles hypoxanthus) bilden zusammen mit Südlichen Spinnenaffen (Brachyteles arachnoides) die größten Vertreter der Neuweltaffen, also der in Amerika heimischen Primaten. Nur noch etwa 1000 Tiere leben in den stark dezimierten Regenwäldern der brasilianischen Atlantikküste. Anders als bei vielen anderen Primaten sind Gesellschaften der Spinnenaffen sehr friedlich und gleichberechtigt organisiert - ihr Kern besteht aus verwandten Männchen und deren Müttern.

Eben jene Mütter ziehen bei der Fortpflanzung der Tiere die Fäden: Schon 2011 zeigte eine im Fachblatt "PNAS" veröffentlichte Studie, dass die Affenmütter für ihre Söhne den Kontakt zu empfängnisbereiten Weibchen herstellen und darüber hinaus Inzucht verhindern. Zu dieser Erkenntnis kam die Anthropologin Karen Strier von der Universität von Wisconsin unter anderem durch die Analyse von Kotproben. 

Vaterschaftstest per Stuhlprobe

Strier, die das Verhalten der Primaten bereits seit 40 Jahren erforscht, hat sich nun erneut mit deren Fortpflanzungsmustern beschäftigt - auch angesichts der Tatsache, dass die Weltnaturschutzunion (IUCN) Nördliche Spinnenaffen als "vom Aussterben bedroht" listet. Durch ihre langjährige Erfahrung mit den Tieren wussten Strier und ihr Team, wie sie jeden einzelnen Affen der untersuchten Population identifizieren können und wer mit wem verwandt ist.

Proben der Ausscheidungen schickte die Anthropologin an ihre Kollegen Anthony Di Fiore und Paulo Chaves von der University of Texas. Anhand von DNA-Analysen untersuchten das Team das Paarungsverhalten der Tiere. "Ich wusste aus Verhaltensbeobachtungen, dass es bei der Paarung keinen Wettbewerb gibt und dass sich die Mütter nicht mit ihren Söhnen oder engen männlichen Verwandten paaren. Aber die einzige Möglichkeit herauszufinden, wer die Väter sind, ist die Genetik", erläutert Strier in einer Mitteilung.

Tatsächlich bestätigten die Laboranalysen, dass es in der promiskuitiven Population keine Mutter-Sohn-Paare gab. Das deutet darauf hin, dass die Affen ihre Verwandten erkennen und somit inzestuöse Paarungen vermeiden können. Darüber hinaus stellten die Forschenden fest, dass sich Weibchen eher mit Männchen fortpflanzen, die eine größere Vielfalt an Genen besitzen - vor allem bezüglich einer Gruppe von Genen: Der sogenannte Haupt-Histokompatibilitätskomplex (MHC) spielt eine wichtige Rolle für das Immunsystem.

Strier zufolge bedeutet eine höhere MHC-Vielfalt, dass Männchen eine größere Fitness haben - also ihren Nachkommen Gene vererben, die gute Überlebenschancen bieten. Eine Vielfalt an MHC-Genen könne Nachkommen einen besseren Schutz vor Krankheitserregern und Umweltstressoren bieten. Demnach sollte ein Weibchen Männchen wählen, die nicht nur eine hohe MHC-Diversität aufweisen, sondern auch MHC-Gene, die sich von ihren eigenen unterscheiden. Allerdings zeigte die genetische Analyse, dass die Weibchen zwar insgesamt Partner mit hoher MHC-Vielfalt wählten, aber nicht unbedingt solche mit anderen genetischen Varianten als ihren eigenen.

Alice Lanzke