Menschen gegenüber verhalten wir Orcas uns in aller Regel respektvoll. Uns würde es nicht einfallen, Euch als Spielball zu benutzen (oder gar als Beute zu betrachten), so wie wir es immer wieder mit Robben, Delfinen oder Großwalen tun.
Was sich einige von uns allerdings in jüngerer Zeit ausgedacht haben, als sie vor der Meerenge zwischen Atlantik und Mittelmeer das Spiel mit den Segelbooten erfanden, geht schon ein wenig in diese Richtung. Es muss ziemlich bedrohlich wirken, sich auf See plötzlich von uns umringt zu sehen.
Wenn wir dann noch gegen dem Rumpf stoßen oder ins Ruder beißen, wird Euch der Schreck bestimmt tief in die Glieder fahren. Allein unsere Körpergröße macht nun mal mächtig Eindruck ... Aber wir haben es dabei nicht direkt auf Euch abgesehen! Vielmehr handelt es sich um, nun ja, ein Spiel eben. Wir haben einfach etwas Neues ausprobiert und seitdem Gefallen daran gefunden.
    Schnell begriffen wir, dass sich die Boote recht einfach unserem Willen unterwerfen lassen. Einem Neun-Meter-Orca fällt es ja nicht sonderlich schwer, ein Wasserfahrzeug derselben Länge vor sich herzuschieben. Noch effektiver lässt sich mit dem Ruder arbeiten, das ganz offenbar dafür gemacht ist, die Richtung vorzugeben. Also machen wir davon Gebrauch. Mit einem beherzten Biss übernehmen wir mal eben buchstäblich das Steuer.
"Die Reaktion der Menschen an Bord interessiert uns"
Zugegeben, es mag für Euch nicht wie Spiel aussehen, doch wir betrachten die Boote weder als Beute, noch möchten wir sie "einfach so" zerstören. Unsere Lust am Spiel hat sich hier schlicht ein wenig verselbstständigt. Zwar wollen wir den Menschen an Bord nicht direkt ans Leder, aber ihre Reaktion auf unser Tun interessiert uns durchaus. Deswegen behalten wir sie bei den Interaktionen stets sorgfältig im Auge.
    Waren es am Anfang nur einige wenige Orcas, so beschäftigen sich inzwischen immer mehr von uns mit Euren Booten. Wir lernen voneinander. Manchmal erweitern wir das Spiel, wenn Ihr uns dazu Gelegenheit gebt. So haben wir uns bereits ein Segelboot, während es abgeschleppt wurde, wie einen Pingpong-Ball gegenseitig zugeschubst. Wer weiß, was uns noch so ales einfallen wird. Das Spiel entwickelt sich, was für uns seinen besonderen Reiz ausmacht.
Wir haben so etwas zuvor noch nirgends angezettelt. Vielleicht haltet Ihr uns deswegen für durchgedreht. Und tatsächlich scheint hier etwas aus dem Geichgewicht geraten zu sein. Die Orca-Gemeinschaft, deren Mitglieder ich an Euren Booten vergreifen, besteht nur noch aus etwa fünfzig Individuen. Das ist der Überrest einer vormals viel größeren und stattlicheren Population. Viele Einflüsse haben zu ihrer Dezimierung geführt, und Ihr seid daran nicht unbeteiligt.
Ihr glaubt, dass wir mit dem neuen Verhalten eine Botschaft vermitteln wollen? Natürlich wollen wir das! In jedem einzelnen Detail dieser Interaktionen steckt eine Botschaft: Achtsamkeit trotz Kraft, Respekt neben Überfall, Planung neben Spontaneität, Leichtigkeit trotz Strategie. Jeder Segler, jede Seglerin, die beteiligt war (und jene, die es noch sein werden), wird unsere Botschaft auf die ein oder andere Weise empfangen, daran besteht kein Zweifel. Fragt sie!
Und schließlich – falls Ihr eine übergeordnete Botschaft sucht –, wie wäre es hiermit: Das Boot, das Ihr steuert, ist nicht mehr unter Eurer Kontrolle. Jetzt geht’s in eine andere Richtung!
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