In der griechischen Mythologie verkörpern Harpyien (Harpia harpyja) heimtückische Wesen zwischen Mensch und Vogel. In Amazonien bewohnen die bis zu zehn Kilogramm schweren Greifvögel mit dem kronenähnlichen Federschopf am Hinterkopf die Baumkronen der Urwaldriesen und haben sich auch in der Nahrungskette weit nach oben gejagt.
Mit den deutlich kleineren Harpyienadlern (Harpyopsis novaeguineae) aus Papua-Neuguinea haben sie gemein, dass sie ihre Beutetiere mit einem gezielten Krallenschlag außer Gefecht setzen. Doch sie sind wesentlich kräftiger: Harpyien können mit ihren bis zu sieben Zentimeter langen Krallen selbst große Affen aus den Baumwipfeln reißen, weshalb sie auch Affenadler genannt werden.
Mit ihren Flügeln von bis zu 2,3 Meter Spannweite schwingen sie sich geschickt von ihren Nestern in bis zu 50 Meter Höhe durch das Astwerk des Urwalds. Ihr Jagdrevier erstreckt sich über 100 Quadratkilometer. Der Lebensraum reicht von Südmexiko bis in den Nordosten Argentiniens; wie viele es tatsächlich gibt, lässt sich aufgrund der Unzugänglichkeit des Terrains allerdings schwer schätzen. Gleichwohl ist die Art durch die zunehmende Abholzung von Wäldern bedroht - und auch, weil Dorfbewohner in der Nähe von Harpyien-Territorien die Vögel aus Angst um ihr Vieh und als Trophäen jagen. Die International Union for Conservation of Nature (IUCN) hat die Art 2012 als „potenziell gefährdet“ auf ihrer Roten Liste eingestuft.
Lesen Sie die komplette Reportage von Michael Stührenberg in GEO 9/2014.
