Tagsüber klettern hier die Temperaturen im Sommer regelmäßig auf über 30 Grad Celsius, die Sonne sticht. Es ist fast eine Gnade, wenn sie gegen halb sieben Uhr untergeht.
Die relativ kühlen Temperaturen und die Dunkelheit nutzen auch die Meeresschildkröten. Sie kommen zur Eiablage an den zwei Kilometer langen Sandstreifen auf Klein Bonaires Nordostseite. Er ist der wichtigste hiesige Brutstrand. Zwei Drittel der jährlich 70 bis 80 Meeresschildkrötennester an Bonaires Küsten finden sich hier.
Drei Arten brüten auf Bonaire. Echte und Unechte Karettschildkröten sowie die Grüne Meeresschildkröte. Einige der Tiere tragen Satellitensender. Deren Signale erzählen von langen Reisen. Bis zu 3000 Kilometer legen die Weibchen zurück, um sich dann nahe den Küsten Kubas und Jamaikas, in den Gewässern vor Nicaragua oder Mexiko aufzuhalten. Dort liegen ihre Nahrungsgebiete.
Doch wenn es Zeit für die Eiablage ist, tun sie, was Meeresschildkröten seit Millionen von Jahren tun: Sie schwimmen an den Ort ihres Schlüpfens zurück. Zum ersten Mal im Alter von frühestens 20 Jahren - so lange dauert es, bis zum Beispiel die Echte Karettschildkröte geschlechtsreif wird. "Brutortstreue" nennen Biologen dieses Verhalten. Über Ewigkeiten hat es sich offenbar bewährt.
Immer häufiger landen die Weibchen jedoch zwischen Liegen und Sonnengeschirmen eines in der Zwischenzeit errichteten Hotels, neben beleuchteten Promenaden, lärmenden Straßen.
Und noch etwas ändert sich. Die Zahl extrem heißer Tage und Nächte in der Karibik steigt, Forscher werten dies als Zeichen des Klimawandels. Bis zum Ende des Jahrhunderts sollen die Temperaturen in der südlichen Karibik um rund 2,5 Grad Celsius steigen. Gleichzeitig prognostizieren Klimaforscher eine Abnahme der Niederschläge. Regen aber bringt Abkühlung - ein wichtiger Faktor, damit in den Gelegen auch bei durchschnittlich zunehmenden Temperaturen überhaupt noch hin und wieder Männchen heranreifen.
Die Folgen einer veränderten Relation der Geschlechter treten natürlich nicht unmittelbar ein. Erst wenn die Jungen geschlechtsreif sind, also in 25 Jahren, werden Forscher Auswirkungen auf die Population beobachten können.
Lesen Sie die ganze Reportage über die Arbeit der GEO-Stipendiatin Sandra Striegel in GEO Nr. 1/2016.