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Niedliche Plumploris Internet-Hype bringt Primaten an den Rand der Ausrottung

Plumplori
Es gibt - je nach Systematik - zwischen drei und acht Arten von Plumploris. Gefährdet sind sie alle
© mauritius images / Ian Butler Borneo / Alamy
Youtube-Videos von niedlichen Plumploris haben Millionen Fans. Doch die falsch verstandene Tierliebe könnte den Primaten zum Verhängnis werden

Kaum einer kennt sie nicht: Sonya, die genusssüchtige Primatendame, die sich von ihrer Pflegerin streicheln lässt und dabei genießerisch die Arme hebt. Die Kraul-Videos auf Youtube von ihr und anderen Artgenossen begeistern bis heute Millionen. Einfach zu süß, diese Plumploris, wie die Tiere korrekt heißen, mit ihren großen, runden, unschuldig wirkenden Augen, ihrem plüschigen Fell und den bedächtigen Bewegungen.

In den Kommentaren überschlagen sich die User vor Begeisterung. "Möchte ich auch haben", lauten nicht wenige von ihnen. Doch der Schein trügt. Den Tieren geht es keineswegs so gut, wie die Videos suggerieren. Noch schlimmer: Die Begeisterung für die niedlichen Primaten könnte zur Ausrottung ganzer Spezies führen - weil der Bedarf für Heimtiere durch Videos wie diese weiter angekurbelt wird. Darauf hatte schon 2013 die Primatologin Anne-Isola Nekaris in einer Studie hingewiesen.

Laut IUCN sind alle Arten der Plumploris "gefährdet" oder "stark gefährdet". Trotzdem gehören sie zu den Tieren, die auf illegalen Märkten in Südostasien am häufigsten zu finden sind. Wenn die Nachfrage nach süßen Haustieren steigt, erzeugt das zusätzlichen Druck auf die wild lebenden Populationen. Denn bei den im Handel angebotenen Tieren handelt es sich ausschließlich um Wildfänge - oft ganze Familien. Dabei verbietet das internationale CITES-Abkommen seit 2007 den Handel mit Plumploris.

Viele dieser nachtaktiven Tiere sterben schon durch grobe Behandlung beim Fangen oder während des Transports. In den zu engen Boxen verenden regelmäßig 30 bis 90 Prozent aller Tiere.

Besonders grausam: Den Tieren werden, bevor sie auf den Markt kommen, die spitzen Eckzähne herausgebrochen. Ohne Betäubung, mit einem Nagelklipper. Denn Plumploris sind giftig: Eine Drüse am Ellenbogen produziert einen Giftcocktail, der, vermengt mit Speichel, sogar für Menschen lebensgefährlich werden kann. Viele Tiere sterben nach einem solchen Eingriff an Entzündungen oder an Blutverlust.

Das Armheben Plumplori ist nicht Behagen – sondern Abwehr

Jetzt warnt die Tierschutzorganisation International Animal Rescue (IAR) mit einer eigenen Kampagne: Tickling is torture, Kraulen ist Folter. Demnach ist das Armheben, wie bei Sonya zu sehen, keineswegs Ausdruck wohligen Behagens – sondern Teil der arteigenen Abwehrstrategie. Ihr Verhalten bedeutet also nicht: „Weitermachen!“, Sondern „Hör auf, sonst wird’s gefährlich für dich“.

Plumploris, so IAR, sind aber nicht nur als Streicheltiere ungeeignet; sie sollten überhaupt nicht als Haustiere gehalten werden. Denn die Primaten sind von Natur aus nachtaktiv und haben trotz ihrer langsamen Bewegungen einen erstaunlich großen Bewegungsradius in ihrem natürlichen Lebensraum, dem Wald. Käfige oder Wohnungsräume seien reine Quälerei.

Ein weiteres Problem, über das die zukünftigen Besitzer von Plumploris kaum nachdenken: Die Tiere sind auf eine ausgewogene Diät aus Früchten und Insekten angewiesen. Viele von ihnen werden in Gefangenschaft falsch ernährt, sind unter- oder übergewichtig. Auch der Internet-Star Sonya, erklärt Anne-Isola Nekaris, ist zu dick. Ob die Tiere, wie in einem anderen Video zu sehen, mit einem Reisbällchen glücklich sind, darf bezweifelt werden. Vielleicht hat das Tier einfach nur Hunger.

IAR und Anne-Isola Nekaris rufen jetzt dazu auf, Plumplori-Videos statt mit „Wie niedlich!“ mit einem Link zu den haarsträubenden Fakten zu kommentieren.

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