
"Ich wollt’, ich wär ein Huhn", heißt es im Lied der Comedian Harmonists. Allerdings: Schon bei der Vorstellung, man müsse nach jedem Schritt den Kopf ruckartig nach vorn ziehen, dürfte einem Menschen übel werden. Was hat sich die Natur nur dabei gedacht, das ländliche Federvieh andauerndem "Seegang" auszusetzen?
Nun, recht betrachtet handelt es sich um einen "Seh-Gang" – die merkwürdig ruckartige Fortbewegung erlaubt es dem Huhn, genauer hinschauen zu können. Bewegt sich das Huhn vorwärts, sieht es verwischt – da seine Pupillen viel unbeweglicher sind als die des Menschen und zudem noch an der Seite des Kopfes sitzen. Einfach gesagt, ist das Huhn mit einem ähnlichen Problem konfrontiert, wie wir beim Blick aus dem Zugfenster. Nur, dass dem Huhn durch die starren Augen schon der Gang über die Wiese zu schnell ist.
In Wahrheit eigentlich kein echtes Nicken
Dieses Manko gleicht es dadurch aus, dass der Kopf zunächst sehr lange ruhig gehalten wird, bis die Augen ein stabiles Bild fixiert haben, das im Hirn verarbeitet werden kann. Der übrige Körper bewegt sich währendessen weiter. Erst wenn das Bild auf der Netzhaut stabil ist, schnellt der Kopf wieder nach vorne, um ein neues Objekt zu fixieren. Genaugenommen handelt es sich bei der Kopfbewegung also gar nicht um ein Nicken. Denn dann müsste sich der Kopf ständig vor- und zurückbewegen. Es ist eine optische Täuschung, die durch die Bewegung des Körpers des Huhn etsteht.
Mit einer ähnlichen Verzögerungstaktik simulieren die Vögel das räumliche Sehen, das wegen der seitlichen Stellung der Augen sonst kaum möglich ist. Um die Position eines leckeren Wurms zu erkennen, fixieren sie ihn erst mit einem Auge, wiederholen dies aus einem anderen Blickwinkel und verrechnen dann die Einzelbilder zu einem 3-D-Eindruck.