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Singapur Auf Sand gebaut

Singapur ist für das Wachstum von Bevölkerung und Wirtschaft auf Sand angewiesen. Für Aufschüttungsprojekte importiert der Stadtstaat mehr von dem kostbaren Rohstoff als jedes andere Land weltweit

Jeder Wachstumsschub kostet Milliarden. Das neue Geschäftsviertel, der weltbeste Flughafen, die Parkanlage "Gardens by the Bay": Für jedes Bauprojekt muss sich der Stadtstaat Singapur erst Platz verschaffen. Land gewinnen im Meer.

In einem halben Jahrhundert Unabhängigkeit hat die ehemalige britische Kronkolonie die Zahl ihrer Einwohner auf 5,5 Millionen verdreifacht und ihr Staatsgebiet um über 20 Prozent vergrößert. Bis 2030 sollen es 30 Prozent sein. Singapurs Wirtschaft ist angewiesen auf den Flächengewinn, so sehr, dass der Staat Sandreserven in militärischen Sperrgebieten hortet. Für Aufschüttungsprojekte importiert Singapur mehr Sand als jedes andere Land weltweit. Pro Kopf der Bevölkerung verbraucht der Inselstaat jährlich 5,4 Tonnen Sand - Weltspitze!

Singapur: Jurong Island im Südwesten von Singapur: Tonnenweise Sand machte aus sieben kleinen Inseln ein Industriegebiet
Jurong Island im Südwesten von Singapur: Tonnenweise Sand machte aus sieben kleinen Inseln ein Industriegebiet
© Munshi Ahmed/Bloomberg/Getty Images

Auf der ganzen Welt, so schätzt das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, werden jedes Jahr rund 40 Milliarden Tonnen verbraucht. Der Rohstoff Sand werde weit schneller abgebaut, als er sich erneuere, warnen Experten. Der Welt geht der Sand aus.

Und mit dem, was sich noch abbauen lässt, machen findige Sandhändler und -Schmuggler Milliardengeschäfte. Nicht mehr nur aus Sandgruben kommt der Nachschub, sondern auch aus Flüssen und Meeren, häufig illegal abgegraben. Das hat Folgen für die Natur: Wasserspiegel sinken, Küsten erodieren, ganze Ökosysteme werden zerstört.

Singapurs Nachbarländer haben solche Umweltprobleme längst erkannt - und erließen Ausfuhrverbote in Serie: Malaysia verbot Sandexporte schon 1997, Indonesien im Jahr 2007, Kambodscha und Vietnam folgten 2009. Insbesondere in Indonesien hatte der Lieferstopp an das kleine Nachbarland auch politische Gründe: Mit dem Sandabbau waren reihenweise unbewohnte Inseln des Archipels verschwunden - und im Hoheitsgebiet von Singapur wieder "aufgetaucht". Ein schleichender Territorial-Transfer.

Offiziell bezieht Singapur seinen Sand inzwischen hauptsächlich aus Myanmar und den Philippinen. Aber auch in dem boomenden Stadtstaat wird darüber diskutiert, dass illegale Importe aus den Nachbarländern wohl im Verborgenen weiterlaufen. Manchmal verschwinden ganze Strände über Nacht. Singapurs Sandhunger, schätzen Umweltschützer, könnte in den nächsten Jahren über 80 indonesische Inseln im Ozean versinken lassen.

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GEO Nr. 05/97

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