
GEO.de: Ein Kinofilm über Moore - wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Jan Haft: Ich habe schon in meiner Kindheit viel Zeit im Moor verbracht. Ein Bekannter meiner Großeltern stach in den Katzenreuther Filzen im Landkreis Ebersberg Torf - von Hand. Und ich konnte ihm bei der Arbeit zusehen, in den Torfstichen Ringelnattern und Frösche fangen und Wasserkäfer jagen. Auf den Torfsoden sonnten sich Zauneidechsen. Das war ein absolut spannender Erlebnisraum für mich.
Und für den Fernsehzuschauer?
Für das Fernsehen wurde wohl jedes Thema schon bearbeitet, aber über Moore gab es noch nicht viel. Außerdem wurde in den 90er Jahren deutlich, dass es sich lohnt, die kleinen und großen Tiere der Heimat mit neuester Technik in Szene zu setzen. Die Zuschauer zeigten Interesse an solchen Themen. Darum haben wir zuerst einen Fernsehfilm-Einteiler über Moore gedreht, der gut ankam. Dann signalisierten der Bayerische Rundfunk und der Verleih Polyband Interesse. Und darum haben wir uns noch einmal zwei Jahre rausgewagt und diesen Film gemacht.
Hängt das neue Interesse an heimischer Natur damit zusammen, dass schon alle Winkel der Erde ausgeleuchtet sind?
Nie und nimmer sind alle Winkel ausgeleuchtet! Die Natur ist so ein Fundus ... Die Entdeckung war eher, dass man die heimische Tier- und Pflanzenwelt - auch mit einem hohen technischen Aufwand - aufregend darstellen kann. Heutzutage hat man eben tolle Tools, um den Wollschweber, ein Insekt mit parasitisch lebenden Larven, zu filmen, wie es aus der Luft seine Eier in die Wohnröhren der Wildbienen schießt.
Was war das Besondere beim Dreh im Moor?
Einen Wald kann man einigermaßen bequem betreten. Ein Moor dagegen ist unzugänglich. Das ist ja auch der Grund, warum sie überhaupt noch existieren. Es gibt in Deutschland keine Urwälder mehr, aber es gibt noch Ur-Moore, die ihr Aussehen über Jahrhunderte kaum verändert haben. Man trifft dort niemanden. Und man kann im Vergleich zum Wald mit viel besserem Gewissen Zeitraffer-Apparate stehen lassen, die über Nacht alleine arbeiten.
Eine Botschaft des Films ist, dass man mehr Moore schützen sollte, aber dafür weniger streng. Wie ist das gemeint?
Nehmen Sie die EU-Osterweiterung. In Polen etwa ist seither viel Natur verschwunden, landwirtschaftlich nutzbar gemacht mit EU-Mitteln. Gleichzeitig werden aber Naturschutzgebiete eingerichtet, die streng geschützt sind, in denen die Wege nicht verlassen werden dürfen. Ich will das nicht generell kritisieren, das steht mir nicht zu. Aber es ist doch offensichtlich, dass die Natur weniger wird und gleichzeitig die Menschen von ihr ferngehalten werden. Ein Naturerleben im eigentlichen Sinne wird dadurch erschwert. Ich halte es für sinnvoller, einen bestimmten Prozentsatz der Landesfläche unter Schutz zu stellen, nicht weiter anzutasten oder naturnah zu bewirtschaften. Diese Flächen sollen dann aber die Menschen betreten dürfen. Auch wenn sie mal Blumen pflücken oder Kinder Hütten bauen.
Blumen pflücken im Naturschutzgebiet?
Wenn eine Orchidee wirklich mal nur noch an einem Ort vorkommt, dann kann man selbstverständlich dort ein großes Schild aufstellen, "Pflücken bei Strafe verboten!". Aber Natur auf kleinsten Restflächen vom Menschen abgeschottet zu schützen - das ist nicht ideal. Und es ist auch nicht im Sinne des Naturschutzes. Ich habe selber drei Kinder und weiß, dass Kinder draußen Natur erleben und anfassen müssen.
Moore sind für den Menschen gefährliches Terrain und kaum nutzbar - außer, er legt es trocken. Das tut er seit Hunderten Jahren. Glauben Sie, dass es jemals wieder eine friedliche Koexistenz geben kann?
Das wäre schön - und ich glaube, es geht in diese Richtung. Faktisch werden wir mehr Moore schützen oder renaturieren können, weil der Naturschutz sich den Klimaschutz auf die Fahne schreiben kann. Die Zahlen sind beeindruckend, wie viel CO2 gebunden werden kann, sobald ein Moor wieder beginnt, zu wachsen.
Der Film "Magie der Moore" startet am 24. September 2015 in deutschen Kinos. Mehr Infos zum Film: magiedermoore-derfilm.de