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Klimaschutz "Es bringt nichts, wenn wir Deutsche etwas tun!" - Darum ist die Stammtischparole falsch

Schornsteine
Jede/r Deutsche ist für fast zehn Tonnen CO2 im Jahr verantwortlich. Das ist fast das Doppelte des Durchschnittswerts aller Nationen
© jzehnder / Fotolia
In Debatten über das Klima hört man immer wieder, Deutschland trage prozentual verschwindend wenig zum Klimawandel bei. Können wir uns also zurücklehnen?

Man kann fast darauf wetten: In Diskussionen über den internationalen Klimaschutz fällt irgendwann der Satz: „Ja, aber die Chinesen!“ Und dass Deutschland ohnehin nur für zwei Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sei. Zwei Hundertstel – das ist meist nicht als wertneutrale Feststellung gemeint, sondern soll suggerieren: Was wir hier machen, ist eh fast egal. Und zwar, weil es nur verschwindend geringe Auswirkungen auf das Klima hätte.

Der Wert stimmt zwar. Doch die Argumentation, die er stützen soll, ist falsch. Das hat das Portal klimafakten.de analysiert. Die drei wichtigsten:

Verantwortung kann man nicht delegieren oder teilen

Wenn sich alle Nationen, die weniger als Deutschland emittieren (Österreich etwa trägt nur 0,2 Prozent zu den weltweiten CO2-Emissionen bei), auf dasselbe "Argument" beriefen, könnte der internationale Klimaschutz einpacken. Doch Verantwortung lässt sich nicht aufteilen oder delegieren. Oder, wie der Klimaforscher Stefan Rahmstorf argumentiert: "Würde man die gesamte Weltbevölkerung in 50 Gruppen einteilen, von denen jede zwei Prozent der globalen Emissionen verursacht – folgt daraus dann, dass niemand etwas machen muss?"

Auch wenn China mit 29 Prozent und die USA mit 14 Prozent die beiden mit Abstand bedeutendsten CO2-Luftverschmutzer der Welt sind (Zahlen von 2017): Das kleine Deutschland zählt immerhin noch zu den zehn größten Verursachernationen der Welt. Damit trägt Deutschland sogar eine besondere Verantwortung beim Klimaschutz.

Hohe Emissionen – großes Klimapotenzial

Weil Deutschlands Bevölkerung im Vergleich zu anderen Nationen überschaubar ist, erscheint der nationale Anteil an der globalen Verschmutzung der Atmosphäre mit CO2 relativ gering. Ein vollkommen anderes Bild ergibt sich, wenn man auf die Pro-Kopf-Emissionen schaut. Da gehört Deutschland zur Spitze. Jede/r Deutsche ist rechnerisch für knapp zwölf Tonnen CO2-Äquivalente verantwortlich, also alle Klimagase, umgerechnet auf die Klimaschädlichkeit von CO2.

Sieht man sich nur die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger an, ergibt sich folgendes Bild: Deutschland: 9,7 Tonnen. Der Pro-Kopf-Anteil im afrikanischen Burundi beläuft sich demgegenüber nur auf den dreihundertsten Teil: 0,03 Tonnen. In China, der Nation mit den höchsten Emissionen, erzeugt jeder Einwohner 7,7 Tonnen – immer noch zwei Tonnen weniger als jede/r Deutsche. Im Durchschnitt sind die Nationen der Erde für etwas weniger als fünf Tonnen pro Kopf verantwortlich. Das entspricht annähernd der Hälfte der deutschen Pro-Kopf-Emissionen.

Anders gesagt: Das Minderungspotenzial ist in Ländern wie Deutschland (aber natürlich auch in den USA mit 15,7 oder Australien mit 16,5 Tonnen) besonders groß. Hinzu kommt, dass die früh entwickelten Industrienationen die Chance haben, Schwellenländern wie China und Indien zu demonstrieren, dass Wohlstand auch ohne einen exzessiven Verbrauch von fossilen Brennstoffen machbar ist. Die Energiewende made in Germany war da ein entschiedener Schritt in die richtige Richtung.

Deutschland hat sich völkerrechtlich bindend zu Klimaschutz verpflichtet

Die Debatte über den Anteil Deutschlands am Klimaschutz ist, rechtlich betrachtet, Spiegelfechterei. Denn wir haben uns völkerrechtlich bindend zu Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet – im Klimaabkommen von Paris aus dem Jahr 2015. Die Verpflichtung gilt übrigens für alle Unterzeichner gleichermaßen und nicht etwa gewichtet nach dem Anteil an den weltweiten Emissionen. Darüber hinaus gibt es auch innerhalb der EU Verpflichtungen zum Klimaschutz - mit klar definierten Emissionsminderungszielen (deren Nichteinhalten mit milliardenschweren Strafzahlungen geahndet werden kann).

Es bleibt also wahr: Ein wachsender Wohlstand, eine wachsende Mittelschicht in den bevölkerungsreichen Schwellenländern hat einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der globalen Emissionen. Das bedeutet aber nicht, dass wir in Deutschland nichts tun müssen – oder können.

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