In den nächsten Tagen kommt in einigen Teilen Deutschlands Erfrischung vom Himmel: Tiefausläufer ziehen nach Nordosten und bringen Regen und Gewitter mit sich. Die Luft nach einem ersehnten Schauer ist nicht nur angenehm kühl, sie riecht auch anders.
Es ist ein Geruch, so unverwechselbar, dass ein Wort dafür erfunden werden musste. Und so prägten schon in den 1960er Jahren Forschende dafür den wissenschaftlichen Namen "Petrichor" – zusammengesetzt aus den beiden Wörtern "petros" (griech.: Stein) und "Ichor" (griech.: die Flüssigkeit in den Adern der griechischen Götter).
Doch warum überhaupt riecht die Luft nach einem Gewitter anders als vorher? Wasser ist schließlich völlig geruchsneutral. Diesem Rätsel sind Studenten des Massachusetts Institute of Technology nun mit Videoaufzeichnungen sprichwörtlich auf den Grund gegangen:
Sie filmten jeweils den Moment, in dem ein Tropfen auf den Boden schlug. Dabei erkannten die Forscher, dass der Aufprall offenbar so viel Energie freisetzt, dass genügend Duft- und Schwebstoffe vom Untergrund losgeschlagen werden. Die winzigen Teilchen halten sich geraume Zeit als Aerosole in der Luft.
Wir schlagen die legendäre Nase der Haie um Längen
Obwohl die Nase des Menschen im Vergleich zu der vieler Tiere als eher minderwertig gilt, gibt es eine Verbindung, bei der wir herausragend gut abschneiden. Und die wird durch die Regentropfen vielfach aufgewirbelt. Geosmin heißt der Stoff, eine organische Verbindung, die von abgestorbenen Mikroben freigesetzt wird und für jene erdige Note sorgt, die unsere Riechorgane nach Regengüssen erschnüffeln. Die Schwelle, ab der wir die Substanz wahrzunehmen vermögen, liegt bei der verschwindend geringen Konzentration von gerade einmal fünf Teilen pro Billion.
Diese Sensitivität stellt selbst den legendären Spürsinn von Haien gegenüber Blut in den Schatten: Der liegt nämlich bei einem Teil pro Million. Was heißt: Unsere Nase reagiert bis zu 200.000 Mal empfindlicher auf Geosmin als die der Raubfische auf den roten Körpersaft.
Warum wir so empfänglich für die Ausscheidungen toter Bakterien sind, gehört ins Reich der Spekulation. Möglich, dass unsere Vorfahren (zumindest jene, die nicht an Flüssen lebten) evolutionär einen entscheidenden Vorteil dadurch hatten, dass sie – über den Umweg der Bakteriendünste – Wasser riechen konnten. Denn ohne H2O kann kein Wesen überleben.
Einmal abgesehen davon ist der Petrichor-Geruch übrigens direkt vergleichbar mit dem Bouquet von Wein oder Champagner: Auch diese Phänomene entstehen durch duftende, in einem Gas gelöste Schwebstoffe. So verleihen erst die Aerosole durch Champagnerbläschen dem Getränk sein besonderes Aroma.