Wohl jede(r) kennt dieses Phänomen: Je weiter der Abend in der Bar vorrückt, desto attraktiver werden die Gäste – scheinbar. Wir können uns unser Gegenüber nämlich schön trinken. Wissenschaftler sprechen auch vom "Beer goggles effect" (deutsch: Bierbrillen-Effekt). Doch die Bewertung der eigenen Attraktivität scheint unabhänig von der Menge der Drinks zu sein.
Männer finden sich selbst zu später Stunde attraktiver
Tobias Otterbring von der University of Agder in Norwegen und Kristian Rolschau von der Aarhus University in Dänemark haben in einer Studie herausgefunden, dass Männer und Single-Frauen auch sich selbst zu fortgeschrittener Stunde attraktiver bewerten als zu Beginn des Abends.
Und nein, das liegt laut den Forschern nicht an der Menge der Drinks: Diese Selbsteinschätzung trafen die Bargäste „ungeachtet der Menge an Alkohol, die sie getrunken haben oder wie betrunken sie sich fühlen“, heißt es in der Studie.
Schönheitsskala zwischen eins und sieben
Für vier Wochenenden haben die Wissenschaftler Gäste von Bars Fragebögen ausfüllen lassen. Die Befragten mussten Alter, Geschlecht, den Beziehungsstatus und die Anzahl der Drinks angeben. Außerdem mussten sie ihre eigene Attraktivität auf einer Skala von eins bis sieben bewerten.
Mit dem Ergebnis: Männer fühlen sich unabhängig von ihrem Beziehungsstatus zum Ende des Abends hin attraktiver, bei Frauen ist dieser Effekt nur sichtbar, wenn sie ungebunden sind. Eine mögliche Erklärung: Die eigene Attraktivität spielt eine wichtige Rolle, um „jemanden abzuschleppen“. Je später der Abend, desto schmaler wird allerdings das Zeitfenster, noch bei dem potentiellen Traummann- oder frau punkten zu können.
Menschen, die abends in Bars gehen, sind möglicherweise hübscher
Tobias Otterbring und Kristian Rolschau haben noch andere Vermutungen, warum dieser Effekt auftritt: Menschen, die nachmittags in Bars oder Kneipen gehen, sind einfach weniger attraktiv oder schlecht im Flirten. Eine weitere Annahme: „Menschen, die später am Abend in Bars gehen, gehören zu einer Gruppe, die schickere Kleidung und verführerische Accessoires trägt […]. Das sei angesichts der Tatsachte, dass solche stilbasierten Strategien in Paarungskontexten eine herausragende Rolle zu spielen scheinen von Bedeutung.“
In der Wissenschaft ist der sogenannte „Closing time effect“ bereits bekannt – allerdings in der Bewertung von Menschen des jeweils anderen Geschlechts. Er besagt, dass Bargäste Personen des anderen Geschlechts zu später Stunde attraktiver einschätzen als zu Beginn des Abends.
Mit der Knappheit steigt die Attraktivität
Dieser Effekt wird kritisiert, weil diese Einschätzungen auch am Alkoholpegel liegen könnten. Eine These, um das Phänomen zu erklären, stammt aus der „Warentheorie“ und besagt, dass wir Dinge (in dem Fall allerdings Menschen) attraktiver finden, wenn sie knapp sind beziehungsweise für uns schwer zu haben sind.
Tobias Otterbring und Kristian Rolschau wollten mit ihrer Studie den „Closing time effect“ von einer neuen Perspektive aus beleuchten, in dem sie die Befragten ihre eigene Attraktivität bewerten ließen.