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Heiligsprechungen der Kirche Wie wird man eigentlich heilig? Von Wundern und ihren Gutachtern

Padre Pio
Verehrt: Pater Pio wird 2002 heiliggesprochen, nach langem Streit um die Echtheit seiner Wundmale, die an jene von Christus erinnert haben sollen
© mauritius images / Alamy / Godong
Wie man zum Heiligen wird, ist in der katholischen Theologie streng geregelt. So funktioniert das langwierige Verfahren der Heiligsprechung

Als Papst Franziskus seinen Vorvorgänger Johannes Paul II. 2014 heiligspricht, ist das eine Premiere: Nie zuvor ist ein Mensch so schnell in die Liste der Heiligen aufgenommen worden wie der 2005 verstorbene Pontifex. Vom Tod bis zu dieser allerhöchsten Auszeichnung der Gottgefälligkeit vergehen sonst schon mal mehrere Hundert Jahre.

Bei Johannes Paul II. waren die hierfür erforderlichen Wunder noch frisch in Erinnerung: Erst soll er eine französische ­Nonne von der Parkinson-Krankheit, später eine Frau aus Costa Rica von einer als unheilbar geltenden Gefäßerkrankung geheilt haben.

Denn damit aus einem Menschen ein Heiliger wird, auch wenn er schon Papst ist, muss mindestens ein (meist medizinisches) Wunder nachweisbar sein. Ein Rat von ­Ärzten, die consulta medica, erarbeitet ein Gutachten über die vorgelegten Heilungen oder Wiederauferstehungen.

Seliggesprochene dürfen nur lokal verehrt werden - Heilige dagegen überall

Es gibt eine Stelle auf Erden, wo Wunder gesammelt, sortiert, bewertet werden: die päpstliche „Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse“ in Rom.

Das Amt besteht aus zwei Fluren, an die sich dunkle Bürotüren mit Art-déco-Messinggriff reihen. Mitunter stößt man auf eine halb offene Tür, im Raum dahinter ein Mann im klerikalen Anzug, der Akten liest. Er ist wohl damit befasst, ein Verfahren voranzutreiben. Oder in einer Schublade zu begraben.

Ein Seliggesprochener darf nur lokal ­verehrt werden, der Heilige überall und von der ganzen Kirche. So sehen es die Regeln der Römischen Kurie vor. Selig ist etwa der mildtätige Priester Adolph Kolping, heilig ist Mutter Teresa aus Kalkutta.

Ein Seligsprechungsverfahren darf frühestens fünf Jahre nach dem Tod der Person eingeleitet werden. Der Papst kann allerdings eine Ausnahme erteilen. Im Falle von Johannes Paul II. war der Druck der Gläubigen so stark (auf dem Petersplatz wurde gerufen: „Santo subito“ – „heilig sofort“), dass Benedikt XVI. dies bereits drei ­Monate nach dem Tod seines Vorgängers tat.

Die Beweiserhebung ist ein langwieriges verfahren - am Ende entscheidet der Papst

Um heiliggesprochen zu werden, muss der Kandidat bereits zu den Seligen zählen; zudem ist ein zweitinstanzliches Verfahren notwendig, das Kanonisationsverfahren. Das Regelwerk füllt, inklusive Kommentaren, mehrere Bände.

Zuerst beginnt die Beweiserhebung. Sie wird vor Ort durchgeführt, in der Zuständigkeit der lokalen Bischöfe. Diese sammeln alle Nachrichten zur Feststellung des „heroischen Tugendgrades“ oder des Martyriums eines mutmaßlichen Seligen. Ist die Materialsammlung abgeschlossen, gehen die Akten nach Rom. Die Kongregation überprüft, ob alle Regeln eingehalten wurden. Ein Relator wird beauftragt, die ­positio aufzustellen, die Beweisakte.

Alsdann geht das Verfahren an einen ­promotor fidei, einen Glaubensanwalt, und an die acht theologischen Konsultoren. Sie entscheiden nach erneuter Prüfung, ob die Causa Kardinälen und Bischöfen vorgelegt werden kann. Der Sekretär der Heiligen­kongregation schreibt den Bericht an den Papst, für Katholiken die höchste Instanz auf ­Erden – der schließlich entscheidet.

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