Sprachkurs
Die schwedische Durchschnittsfamilie, deren fiktives Leben das Statistische Zentralamt aus Abermillionen Daten errechnet hat, heißt Johansson und zählt vier Personen: Lars Erik, 39, ist verheiratet mit Anna Maria, 42; die beiden haben einen 15-jährigen Sohn namens Johan und eine zwölfjährige Tochter, Emma. Die vier Johanssons essen rund 1,2 Kilogramm Süßigkeiten, etwa Schokolade, pro Woche. Und selbstverständlich sprechen sie Schwedisch.
Das Alphabet ihres Landes hält einige Klippen bereit. Das å klingt wie ein o – zum Beispiel in Småland oder måndag. Und wer das Nationalgericht köttbullar, gebratene Fleischklößchen, bestellen will, sollte wissen, dass k vor den Vokalen ä, e, i, ö und vor y zu einem Zischlaut aus sch und tch verschmilzt. Ebenfalls gewöhnungsbedürftig: rg wird am Wortende rj ausgesprochen. Wenn also in der Stockholmer U-Bahn die Station Östermalmstorg angesagt wird, passiert dies ohne harten g-Laut.
Öl kauft man nicht an der Tankstelle, sondern in der Kneipe. Es heißt Bier. Anna und Lars Johansson trinken gemeinsam drei Dosen Bier pro Woche, einen Liter Wein und den ein oder anderen Schnaps. Und bei ihrer freundlichen Frage: Ska vi fika? sollte niemand Unanständiges denken. Fika heißt Kaffee trinken. Beim wichtigsten aller Worte kommt glücklicherweise keine Verwirrung auf: Tack! Danke. So gesprochen wie geschrieben. Und auch mit der Begrüßung Hej! ist man immer auf der sicheren Seite. Mehr Schwedisch im Hörbeispiel.
Schweden von A-G
A: Dank allemansrätt, dem Jedermannsrecht, darf man in Schweden auch fernab von ausgewiesenen Campingplätzen sein Zelt aufschlagen – selbst mitten in der Natur. Beeren pflücken und Pilze sammeln ist ebenfalls genehm, solange man nicht stört oder gar zerstört.
B: Schweden bescheinigen uns Deutschen das Bullerbü-Syndrom: eine idealisierte Sicht auf ihr Land, naiv-romantisch, verklärt. Ein Bild, das von den Heile-Welt-Geschichten an Schauplätzen wie Bullerbü, Lönneberga oder Saltkrokan geprägt ist, die Astrid Lindgren einst erdacht hat.
C: Schweden ist das Land der Chöre. Um der langen dunklen Zeit etwas entgegen zu setzten, singen die Schweden gern und viel. Rund 600.000 Sänger sind laut Information des Stockholmer Körförbund Mitglied in einem Chor. Auch ein Oscar nominierter Film thematisierte das Phänomen bereits: „Wie im Himmel“ von Kay Pollack.
D: Die in Schweden übliche Anredeform Du hat Olof Palme in den 1960er Jahren etabliert. Der Sozialdemokrat machte als Ministerpräsident gesellschaftsfähig, was unter Arbeitern und Gewerkschaftlern schon lange üblich war – das Duzen. Eine wichtige Ausnahme gibt es: Den König oder die Königin duzt man nicht. Sie spricht man mit "Ers Majestät" an, "Seine" oder "Ihre Hoheit".
E: Der Elch heißt auf Schwedisch älge und fasziniert seit ewigen Zeiten. Das Geweih des männlichen Exemplars bildet sich besonders schnell: Pro Tag schiebt sich der Knochen um zwei Zentimeter nach vorne – das schnellste Knochenwachstum im Tierreich. Nach der Paarungszeit im November ist das imponierende Geweih überflüssig und fällt einfach ab.
F: An Neujahr, Ostersonntag, Weihnachten und am Mittsommertag soll die Flagge gehisst werden. Deshalb steht vor den meisten schwedischen Häusern eine Fahnenstange, flaggstång. Auch an privaten Feiertagen, zum Beispiel dem Geburtstag eines Familienmitglieds, weht die blau-gelbe Fahne im Wind. Nicht zu vergessen ist natürlich der 6. Juni: Dann ist "Svenksa flaggans dag", und die Nation feiert sich selbst.
G: Auch in Schweden essen Kinder gern Süßigkeiten, die heißen hier godis. Im Supermarkt kann man sich Tüten mit seinen Lieblingen zusammenstellen: Konfekt, Lakritz oder Weingummi. Auch für Schokolade der Marke Marabu ist das Land bekannt. Um dennoch die Prinzipien einer gesunden Ernährung hoch halten zu können, ist es in manchen Familien üblich, dass die Kinder nur samstags (lördag) Süßigkeiten bekommen. Daher der Name lördagsgodis.
Schweden von H-O
H: Im November 1961 erhielt Dag Hammarskjöld den Friedensnobelpreis, persönlich entgegennehmen konnte der populäre schwedische UN-Generalsekretär ihn jedoch nicht mehr: Er starb zwei Monate zuvor bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz auf dem Weg zu Friedensverhandlungen im Kongo.
I: Der bekannteste Botschafter Schwedens ist neben Astrid Lindgren sicherlich: IKEA. Ein Kunstname, den Gründer Ingvar Kamprad ersann: I steht für Ingvar, K für Kamprad, E für den heimischen Hof Elmtaryd und A für den Ort Agunnaryd in der Nähe des Gehöfts. Etliche Möbelhäuser gehören inzwischen zur bekannten Kette, seit 1958 trägt sie schwedisches Design in die Welt.
J: Lars Erik, Anna Maria, Johan und Emma Johansson sind die schwedische Durchschnittsfamilie, deren fiktives Leben das Statistische Zentralamt aus Abermillionen Daten errechnet hat. Sie leben in einer Stadt, verbringen die Ferien aber in ihrem roten Sommerhaus. Vorbildlich: Mutter und Vater rauchen nicht, und die Kinder lieben Sport.
K:Köttbullar sind nicht nur das Leibgericht von Karlsson vom Dach. Die deftigen Fleischbällchen gelten als eine der beliebtesten Spezialitäten. Hackfleisch, Ei, Paniermehl und Zwiebeln sind ihre Zutaten. Traditionell werden sie mit Preiselbeerkompott, Sahnesoße und Kartoffelpüree serviert.
L: Das Wort lagom hört man häufig. Es bedeutet frei übersetzt: „So sein wie alle anderen“. Denn in Schweden will sich niemand von seinen Nachbarn abheben: Haus und Auto fungieren nicht als Statussymbole, Chef und Angestellte unterscheidet wenig, und die Kinder der Königsfamilie besuchen keine Elite-Anstalten, sondern normale Schulen.
M:Mittsommer ist das bekannteste Fest Schwedens. Es wird an jenem Wochenende gefeiert, das dem 24. Juni – der längsten Nacht des Jahres – am nächsten liegt. Traditionell tanzt man mit blumengeschmückten Kränzen im Haar um den Maibaum. Anschließend folgt das typische Mahl – Hering in Essig und Gewürzen eingelegt.
N: Der Erfinder des Dynamits, Alfred Nobel, veranlasste in seinem Testament, dass sein Vermögen von 31,2 Millionen Kronen in einer Stiftung aufgeht. Von den Zinsen werden bis heute die Nobelpreise finanziert. Das Geld erhält, wer für die Menschheit in den Bereichen Physik, Chemie, Medizin, Literatur und Frieden im fraglichen Jahr den größten Nutzen erbracht hat.
O: Das Opfer einer Geiselnahme verliebt sich in den Täter und entwickelt Hass gegenüber der Polizei. Dieses Phänomen bezeichnet man als „Stockholm-Syndrom“. Geprägt wurde es von Brigitta Lundblad, die 1973 als Geisel fünf Tage im Tresorraum einer Stockholmer Bank gefangen war – und am Ende Zuneigung gegenüber ihrem Peiniger empfand.
Schweden von P-Z
P: Zur Geburt erhält jede Schwedin und jeder Schwede vom Finanzamt eine Personennummer: Sie besteht aus zehn Ziffern, ohne die man im Land weder ein Konto eröffnen noch eine Wohnung mieten oder zum Arzt gehen kann. Jede Behörde hat Zugriff auf die unter der Nummer gespeicherten Daten; aber auch normale Bürger können mit ihr beim Finanzamt das Einkommen ihrer Nachbarn erfragen. Eine schwedische Besonderheit.
Q: In herkömmlichen Schwedisch-Wörterbüchern finden sich gerade zwei Worte, die mit Q beginnen: "Quatar" als Name des Emirates Katar und „quisling“, das übersetzt Kollaborateur bedeutet.
R: Das Ren, besser bekannt als Rentier, war früher Zug- und Packtier der Sami, der skandinavischen Urbevölkerung. Heute wird die zierliche Hirschart hauptsächlich als Fleischlieferant genutzt.
S:Systembolaget, so heißen die rund 400 Alkoholläden in Schweden. In normalen Supermärkten können Kunden nämlich nichts Hochprozentiges, sondern nur Bier bis 3,5 Prozent kaufen. Mit dem staatlichen Alkoholmonopol will die Regierung den Alkoholkonsum der Bürger eindämmen: In den speziellen Läden darf nur einkaufen, wer über 20 Jahre alt ist.
T: Das höchste Gebäude Skandinaviens steht seit 2005 in Malmö: der Turning Torso, ein 190-Meter-Ausrufezeichen des spanischen Stararchitekten Santiago Calatrava, das sich um sich selbst zu drehen scheint. Der Eindruck entsteht, weil seine neun Segmente mit je fünf Stockwerken versetzt aufeinander gebaut sind.
U: Die Universität Uppsala nördlich von Stockholm darf sich als die älteste Skandinaviens bezeichnen. 1477 gegründet, ist sie heute Studienort für rund 30 000 Studenten. Bevor Schweden sich in einer Hochschule einschreiben, durchlaufen sie das eingliedrige Schulsystem: Bis zum sechsten Lebensjahr besuchen sie die Vorschule, die neun folgenden Jahre eine Einheitsgrundschule. Danach können drei Jahre Gymnasium folgen.
V:Vandrarhem: Die schwedischen Jugendherbergen bieten günstige Übernachtungsmöglichkeiten. Ein Bett gibt es hier schon ab 120 SEK, die teuersten Einzelzimmer kosten 550 SEK. Beliebteste Herberge des Landes ist das STF Hostel Fridhemsplan in Stockholm: www.fridhemsplan.se.
W: Die Wasa, das Schiff von König Gustav II. Adolf, sollte 1628 nach Polen fahren, aber der Dreimaster überstand seine Jungfernfahrt nicht, sank im Stockholmer Hafen in den Schlamm und wurde erst 1961 gehoben. Als beliebte Sehenswürdigkeit steht er heute im Vasamuseet auf der Insel Djurgården. Auch restaurierte Einzelteile wie die Gallionslöwen sind zu sehen.
X: XXL ist die Fläche, die einem Menschen in Schweden statistisch zu Verfügung steht. Denn auf einen Quadratkilometer kommen 20 Einwohner. Viel Platz also! Insgesamt ist Schweden 450.000 Quadratkilometer groß. In Deutschland, dem bevölkerungsreichsten Land der Europäischen Union, leben durchschnittlich 231 Einwohner auf einem Quadratkilometer.
Y:Yttrandefrihet, die Redefreiheit, ist in Schweden ein hohes Gut. 1991 wurde das YGL, das Grundgesetz über die Freiheit der Meinungsäußerung, Teil der Verfassung.
Z: Schwedens Zukunft bleibt vermutlich royal. Im Februar 2009 hat das Königshaus die Vermählung von Prinzessin Victoria und Daniel Westling angekündigt, im Sommer 2010 dann die Märchenhochzeit, gekrönt von der Geburt von Tochter Estelle im Jahr 2012.