Alt-Stambul
Die Siedlung aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. hieß Byzantion. Als Konstantinopel war sie Hauptstadt des Oströmischen Reiches. Die Osmanen gaben ihr den heutigen Namen: Istanbul (abgeleitet von griechisch: is tin polin, was Stadt bedeutet). Schön ist es, die Metropole, die seit Jahrtausenden das Bindeglied zwischen Asien und Europa ist, vom Wasser aus zu entdecken. Natürlich sind alle beschriebenen Plätze auch mit dem Taxi oder Auto zu erreichen, doch es gibt in dieser Stadt keine angehmere Art der Fortbewegung als die mit dem Schiff. An den meisten hier beschriebenen Stationen gibt es einen Anleger. Leinen los!
Alt-Stambul
Eminönü, an der Mündung des Goldenen Horns, ist der Verkehrsknotenpunkt. Hier, neben der Galatabrücke, befindet sich der Hauptfähranleger der Stadt. Von hier fahren die Passagierdampfer über den Bosporus - zum asiatischen Ufer nach Kadiköy, zu den Prinzeninseln und nach Bandirma im Südwesten des Marmarameeres. Vom Sirkeci-Bahnhof (Endstation für die Züge aus Europa) hinter dem Fähranleger bringt Sie eine Straßenbahn hinauf in den Stadtteil Sultanahmet.
Rund um den Sultanahmet-Platz sind Monumente der byzantinischen und osmanischen Geschichte versammelt. Das bekannteste: die Hagia Sophia (Ayasofya), die größte Basilika des Oströmischen Reiches, errichtet in den Jahren 532 bis 537. Mehmet der Eroberer ließ den mächtigen Bau 1453 in eine Moschee umwandeln. 1935 entschied der Republikgründer Atatürk salomonisch, aus der "Kirchenmoschee" ein Museum zu machen. Verdeckte Mosaiken wurden wieder freigelegt. Die Blaue Moschee (Sultan Ahmet Camii), ebenfalls am Sultanahmet-Platz, die 1616 fertig wurde, verdankt ihren Namen den ornamentalen blauen Kacheln, die die 43 Meter hohe Kuppel zieren. Vor dem Betreten des Innenraums legen Sie die Schuhe ab.
Altstadttour
Zwischen den beiden Gotteshäusern, am Rande eines kleinen Parks, finden Sie das Yesil Ev, das "Grüne Haus", eine herrschaftliche Holzresidenz aus osmanischer Zeit, heute ein romantisches Hotel. Im Hof der Karawanserei nebenan haben sich Werkstätten und Läden verschiedener Kunsthandwerker niedergelassen. Weiter geht's durch die Altstadt zum Topkapi Sarayi. Der Palast war fast 400 Jahre lang, bis 1839, Residenz der osmanischen Herrscher. Zu den Kostbarkeiten des Topkapı gehören eine Waffensammlung, osmanische Miniaturen, Kalligraphen und Reliquien des Propheten Mohammed.
Ein wenig unterhalb des Sultanahmet-Platzes liegt der Eingang zum Yerebatan Sarayi ("Versunkener Palast"). Dieses Wasserreservoir, 532 von Kaiser Justinian erbaut, um dem Wassernotstand in der Stadt zu begegnen, ruht auf 336 hohen Säulen. Gelegentlich werden Konzerte in dieser phantastischen Anlage gegeben - ein unvergeßliches Erlebnis! Auf zum Kapaliçarsı, dem großen "Bedeckten Basar" aus dem 15. Jahrhundert. Das 30 Hektar große, überdachte Shopping-Labyrinth in der Istanbuler Altstadt wird von 66 Straßen durchzogen, an denen unter anderem 4400 Läden, zwölf Moscheen und eine Schule stehen. Im Angebot der Geschäfte: Teppiche, Lederjacken, Kupfer-, Hochzeitskleider oder Handys.
Ägyptischer Basar
Lassen Sie sich anschließend von der Hinterlassenschaft des großen Baumeisters Sinan beeindrucken. Eines seiner prachtvollsten Werke ist die Sultansmoschee Süleymaniye, erbaut Mitte des 16. Jahrhunderts, auf dem Höhepunkt des osmanischen Imperiums. Die Kuppel misst 26,5 Meter im Durchmesser und hat eine Höhe von 50 Metern.
Ägyptischer Basar
Hügelabwärts geht es nun zurück in Richtung Eminönü, zum 300 Jahre alten Misir Çarsisi, dem "Ägyptischen Basar" oder Gewürzmarkt mit seinen tausend verführerischen Düften etwa nach Thymian, Safran oder frisch geröstetem Mokka. Das Restaurant Pandeli, eines der ältesten der Stadt (osmanische Küche seit 1901), finden Sie im oberen Stockwerk des Basars. Ein Souvenir können Sie beim sekerci (Konditor) Haci Bekir erstehen: Das Familienunternehmen, 1777 gegründet, kreierte lokum, eine zuckersüße Nascherei. An der Yeni Camii ("Neue Moschee"), endet die Altstadttour - wir sind wieder an der Galatabrücke.
Am Goldenen Horn
Neben der Galatabrücke legen kleinere Boote ab, die das Goldene Horn (Haliç) hinauffahren. Im Sommer stinkt es hier bisweilen heftig - Ergebnis jahrzehntelanger Abwasser-Einleitungen. Erste Station: Fener, das einstige Viertel der Griechen ("Phanarioten"). In Ufernähe, an der Sadrazam Ali Pasa Caddesi, residiert seit 1602 das griechisch-orthodoxe Patriarchat. Der Patriarch Bartholomäus ist das geistliche Oberhaupt von weltweit über 300 Millionen Orthodoxen. Das Gelände, das auch die Kirche Hagios Georgios (1720) umfasst, steht Besuchern täglich offen.
Viertel der spanischen Juden
Zurück zum Goldenen Horn: nach Balat, jahrhundertelang das Viertel der spanischen Juden. Im Innern der Ahrida-Synagoge (Kürkçü Çesme Sokak 15) aus dem 16. Jahrhundert wurde, so die Legende, ein Bugteil der Arche Noah verbaut. Nördlich von Balat, in Ayvansaray: die Kariye Camii, die ehemalige Chora-Kirche aus dem 11. Jahrhundert, heute Museum. Ihre Mosaiken und Fresken gehören zu den erstaunlichsten Denkmälern aus byzantinischer Zeit. Der Distrikt Eyüp, letzte Station am Goldenen Horn (wo die Boote allerdings nicht mehr anlegen), ist ein Wallfahrtsort für Muslime, die zum Grab des heiligen Eyüp (Hiob) pilgern.
Oberhalb des verwunschen wirkenden Großen Friedhofs von Eyüp mit seinen osmanischen Grabstelen gibt es ein Café, das nach Pierre Loti (1850-1923) benannt ist. Der französische Schriftsteller, der viele Jahre in Eyüp lebte, liebte diesen Ort. Warum? Wegen des herrlichen Blicks auf das Goldene Horn!
Galata-Viertel
Über die Galatabrücke hinüber ans andere Ufer des Goldenen Horns. Auf dem Karaköy-Platz befinden Sie sich hier am Fuß der mittelalterlichen genuesischen Siedlung Galata. Zwei Möglichkeiten gibt es, zum Galata-Turm zu gelangen, dem Wahrzeichen des Viertels aus dem 6. Jahrhundert: entweder durch Gassen und über die kunstvoll geschwungene Treppe zur Eski Banka Sogagi ("Straße der Alten Bank"), dann vorbei an der österreichischen Schule St. Georg (gegr. 1882); oder mit der unterirdischen Zahnradbahn Tünel, der 1875 gebauten U-Bahn, hinauf ins Stadtviertel Beyoglu. Oben angekommen blicken Sie auf den Eingang zur Tünel Pasaji, einer Ladenzeile mit Antiquariaten.
An der Tünel-Bergstation beginnt die Istiklâl Caddesi ("Straße der Unabhängigkeit"), früher Grande Rue de Péra, die durch Beyoglu zum Taksim-Platz führt. Autos sind auf der Flaniermeile nicht mehr zugelassen, nur eine nostalgische Straßenbahn. Von den vielen prachtvollen Jugendstilfassaden, die diese Straße säumen, empfehlen wir die beiden folgenden: das Misir Apartmani ("Ägyptisches Wohnhaus", Nr. 311) und das Portal zur Çiçek Pasaji ("Blumenpassage"), in der sich einige Restaurants etabliert haben.
Am Bosporus: europäisches Ufer
Unser erstes Ziel: Besiktas, von Kabatas aus zu erreichen mit der Fähre, oder zu Fuß in einer Viertelstunde. Direkt am Bosporus-Ufer leuchtet die weiße Mamorfassade des Dolmabahçe Sarayi: Sultan Abdül Mecit I. ließ die gewaltige Prachtresidenz - 250.000 Quadratmeter, 285 Zimmer, 43 Säle! - Mitte des vorigen Jahrhunderts errichten. Hinter dem Hafen Besiktas erstreckt sich ein weiterer Sultanspalast: Der Çiragan Sarayi, 1874 vollendet, 1910 abgebrannt, ist in den 80er Jahren als Repräsentationsgebäude wiedererstanden. Die Palast-Imitation nebenan ist das feine Kempinski-Hotel. Dessen jedermann zugänglicher Swimmingpool am Ufer vermittelt die Illusion, im Bosporus zu schwimmen.
Albanerdorf
Ortaköy mit seinen restaurierten zweigeschossigen Häusern an engen Gassen, Kunsthandwerksläden, Cafés und Kneipen rund um die Anlegestelle ist in den letzten Jahren zu einer türkischen Version von Schwabing geworden. Hinter Ortaköy passiert die Fähre die erste Bosporus-Brücke, die Asien und Europa auf einer Länge von 1074 Metern verbindet. Bei Arnavutköy ("Albanerdorf") passieren Sie die längsten zusammenhängenden Zeilen alter Bosporus-Villen. An beiden Ufern stehen die hölzernen Sommerresidenzen aus osmanischer Zeit. Hinter dem beschaulichen Bebek, bekannt für sein Marzipan, rücken die Türme der Burg Rumeli Hisari ins Blickfeld. Zusammen mit der Anadolu Hisari gegenüber kontrollierte die Festung im Mittelalter diese mit knapp 700 Metern engste Stelle des Bosporus.
Das Dorf Rumeli Kavagı, bekannt für seine Fischrestaurants, ist der letzte Ort am westlichen Ufer, an dem die Bosporus-Fähren anlegen, bevor sie nach Anadolu Kavagi übersetzen und von dort auf der asiatischen Seite wieder zurückfahren.
Am Bosporus: asiatisches Ufer
Drei Stopps der Fähre vorweg: Beykoz, Pasabahçe und Çubuklu. Die schmucken Uferpaläste stammen aus einer Zeit, als die Uferhügel noch dicht bewaldet und eine beliebte Istanbuler Sommerfrische waren.
In Kuzguncuk künden Moschee, Kirche und Synagoge noch vom früheren Nebeneinander von Türken, Armeniern, Griechen und Juden. Mittlerweile stellen Zuwanderer aus Anatolien die Mehrheit im Viertel; und weil es seinen dörflichen Charakter bewahren konnte, wurde es zu einem Rückzugsort für Istanbuler Künstler und Intellektuelle. In Kadiköy, das streng genommen schon am Marmarameer liegt, ist die Bosporusfahrt zu Ende. Mit einer Fähre können Sie entweder wieder nach Eminönü übersetzen - oder den Wechsel in eine etwas andere Welt wagen: auf die Prinzeninseln.
Die Prinzeninseln
Woher der Name? Weil hier in byzantinischer Zeit "störende" Königskinder oder Thronanwärter gefangengehalten wurden. Auf dem Archipel erwarten Sie frische Luft, üppige Vegetation und eine Villenlandschaft, die der von Capri oder der Côte d'Azur an Noblesse nicht nachsteht. Und das schönste: Die Prinzeninseln sind autofrei! Mieten Sie sich also ein Fahrrad, oder steigen Sie in eine der 230 Pferdekutschen. Zu den vier größten Inseln im Marmarameer braucht das Schiff von Istanbul aus eine gute Stunde. Erster Halt der Schiffe ist Kinaliada, die "hennafarbene Insel" (wegen der rötlichen Färbung ihrer Küstenfelsen). Es folgt die grüne Insel Burgazada. Der Name der dritten, Heybeliada, bedeutet "Sattelinsel".
Hauptinsel Büyükada
Letzte Station: die Hauptinsel Büyükada, die an Sommerwochenenden die meisten Besucher anlockt. In einigen Holzpalästen dieser "Großen Insel" sind Clubs oder Hotels untergebracht. Schauen Sie sich die alte Villa an der Çankaya Caddesi Nr. 55 an: Der Hausherr Izzet Pasa war Geheimdienstchef unter Sultan Abdülhamid II.; sein berühmtester Gast, Leo Trotzki, verbrachte hier die ersten fünf Jahre seines Exils von 1929 bis 1933.
Hinter den Villen erstrecken sich ausgedehnte Waldgebiete, und auf dem höchsten Berg der Insel steht das Georgskloster (Ayios Yorgios). Die letzten 1000 Meter dorthin müssen Sie zu Fuß gehen, der Weg ist für die Pferdekutschen zu holprig und zu steil. Bunte Schleifen schmücken die Büsche am Rand des Pfades. Gläubige Christen haben sie hinterlassen - und jede steht für einen Wunsch an den heiligen Georg. Oben erwartet Sie ein kleines Teehaus.