Vor uns schieben sich hunderte Menschen den Berg hinauf, mit Kreuzen, Fahnen und Heiligenbildern. Sie ächzen unter der Last der Sünde. Einer der Gläubigen trägt auf einer hölzernen Rückenkruke Lautsprecher, über die sein Nebenmann Gebete in den Wald hineinruft. Es ist Mariä Himmelfahrt. Manche Pilger sind seit Tagen nach Kalwaria Pacławska unterwegs, einer Marienwallfahrt südlich von Przemysl.
Der Kalvarienberg liegt im Südosten Polens, hart an der ukrainischen Grenze. Mitten in Galizien, dem ehemals größten Kronland der Habsburgermonarchie. Geografisch ist das im Herzen Europas, politisch zwei Kilometer vor der EU-Außengrenze, gefühlt am östlichsten Rand des Kontinents. Dort, wo das gedachte Europa nur in einer Richtung liegen kann - im Westen.
"Dieser Berg ist wie ein Bollwerk gegen den Osten", sagt Bruder Clemens. "Hinter dem nächsten Hügel beten sie schon nach orthodoxem Ritus." Fahrt nicht "nach drüben", warnt uns ein anderer unserer polnischen Mitpilger in gebrochenem Deutsch, "die Ukrainer stehlen von uns Europäern, was sie bekommen."
Lemberg, das Florenz des Ostens

Doch unser Entschluss steht fest - wir wollen in die Weiten Ostgaliziens fahren, in jenes Land, das Polen, Deutsche, Ukrainer und Juden einst mit mitteleuropäischer Kultur gefüllt haben. Eile ist nicht angebracht; zunächst verbringen wir ein paar Stunden an der ukrainischen Grenze mit all den anderen Reisenden, die ihre in Polen erstandenen Fernseher, Waschmaschinen und Kühlschränke nach Hause bringen. Der Westen, so viel ist zwischen den Schlagbäumen zu erkennen, hat seine Reise in den Osten zwar angetreten, angekommen ist er in der Ukraine noch lange nicht. Jenseits der Grenze ducken sich Dörfer an den Straßenrand, Bäuerinnen mit bunten Kopftüchern führen ihre Kühe an Stricken zum Weiden, Bauern steuern Pferdewagen zu handtuchbreiten Äckern. Kinder treiben Gänse über die Straßen, bemooste Denkmäler verkünden den Sieg des Sozialismus.
Unvermittelt erheben sich Kirchtürme über dem flachen Land: Auf Ukrainisch heißt die Stadt Lviv, doch unser ukrainischer Dolmetscher Wolodymyr nennt sie: "Lemberg. Das Florenz des Ostens, die alte Hauptstadt Galiziens." In einem korrekten Deutsch, das mehr nach Lehrbüchern als nach lebendiger Sprache klingt, berichtet er: "Sie befindet sich an der Trennlinie zwischen römischer und byzantinischer Welt, hier ist der Übergang von West nach Ost, hier verläuft die zentraleuropäische Wasserscheide. Es gibt Häuser, von deren Dächern rinnt das Regenwasser auf der einen Seite zum Schwarzen Meer, auf der anderen zur Ostsee."

Das Unwirsche ist realsozialistische Fassade
Deutsche Klassiker, Grass, Heine - sein Deutsch hat Wolodymyr aus Werken, die er an der Uni fand. "Ich heiße Sie in Lemberg willkommen", sagt er und führt uns in die Halle des Hotels "George", das ein Traum aus Stuck und Samt ist. Hier hat schon Balzac logiert. Bewacht wird es von stark geschminkten, übellaunigen Rezeptionsdamen, die verbissen mit ihren Computern kämpfen.
Die Stimmung hellt sich schlagartig auf, als eine Hochzeitsgesellschaft laut hupend vorüberfährt. Die Damen springen auf und klatschen in die Hände. "Wunderbar! So viele Autos!", ruft die Erste. "Alles Glück den Glücklichen!", ruft die Zweite. Das Baby, das die eine Dame hinter dem Tresen hütet, stimmt lautstark in die Freude ein. Und plötzlich erscheint das Unwirsche nurmehr als realsozialistische Fassade, hinter der das Leben lauert.
Von Lemberg hat der Zahn der Zeit kräftig abgebissen. Die Fassaden stammen aus dem Barock, der Renaissance, dem Klassizismus und dem Jugendstil, die Kirchtürme bestimmen den Rhythmus der Skyline, doch der Stuck platzt ab, die Aufschriften sind vergilbt, und das Kopfsteinpflaster türmt sich zu Hügeln. Lemberg wäre nicht mehr lange eine Perle, wenn sich seit der Unabhängigkeit der Ukraine nicht überall Widerstand gegen den Verfall regte. Dieses Jahr feiern die Lemberger den 750. Jahrestag der Stadtgründung, das Fest wurde von Mai in den Herbst verlegt, um noch die ärgsten Fassaden- und Straßenschäden rund um das Rathaus beheben zu können.

"Kommen Sie, kommen Sie!", lockt der kleine, untersetzte Mann im militärischen Tarnanzug. Wir folgen ihm zögernd, etwas unsicher betreten wir eine Halle, deren Düsternis unsere Augen nur langsam durchdringen können. Die Pracht dieses Raumes ist nicht zu fassen: Die Treppe schwingt sich mit reichen Schnitzereien in die erste Etage, die Wände sind holzvertäfelt, die Kronleuchter atmen den Glanz der Jahrhunderte. Der freundlich lächelnde Mann macht eine einladende Geste, und wir wandeln alleine weiter, von Prunksaal zu Prunksaal, sprachlos über die Schönheit, Würde und Verlorenheit des leeren und dämmrigen Ortes. Erst nachdem wir dem lächelnden Hauswart ein paar Griwnas in die Hand gedrückt haben und wieder auf der Straße stehen, wird uns klar, was wir gesehen haben: das ehemalige aristokratische Kasino, in dem sich die Herren des gegenüberliegenden galizischen Landtags standesgemäß entspannen konnten.
Das Huzulische ist der gemeinsame Nenner
Wir waren auf ein Stück Mitteleuropa gestoßen, das weit nach Osten abgedriftet zu sein scheint. Das größere Wunder Lembergs sind aber nicht die Bauten, sondern deren Bewohnerinnen: Wie sie auf dem Freiheitsboulevard elfengleich und in traumwandlerischer Sicherheit über das brüchige Pflaster stolzieren, als ließe sich mit zehn Zentimeter hohen Absätzen über dem Ungemach schweben, das ihnen kaputte Straßen, die altersschwache Tram, stinkende Busse und zerlumpte Bettler bereiten könnten. Der Klingelton ihrer Handys ist auch in der Ukraine der Sound der Zeit, die Klänge des alten Galiziens sind nur mehr als Import zu hören: Im "Picasso" etwa, einem Nachtclub, ertönt heute Abend Klezmermusik. Vor der Nazizeit gab es in Lemberg 50 Synagogen und Bethäuser, heute ist da nur noch eine. Hier lebten einst über 100 000 Juden, zurzeit besteht die jüdische Gemeinde aus wenigen tausend Menschen. Der Klezmersänger musste aus Moldawien anreisen, den Inhalt seiner auf Jiddisch vorgetragenen Lieder erklärt der junge Mann seinem ergrauten Publikum auf Russisch, denn das Idiom der Ostjuden beherrscht niemand mehr. Wer es sich leisten kann, geht danach noch etwas essen - zur "Frau Stefa", einem Restaurant in der Innenstadt. Es gibt Rote-Rüben- Suppe, Krautrouladen und Banosch, Maisgrütze mit Schafskäse, außerdem Wodka und Bier, in dieser Reihenfolge. Dazu spielt die obligate Huzulenkapelle, deren Musik mit der des gleichnamigen Bergvolkes in den Karpaten so viel zu tun hat wie DJ Ötzi mit alpenländischer Volksmusik. Doch das Huzulische ist der neue gemeinsame Nenner Galiziens, ja der ganzen Westukraine. Nicht nur mit Folklore feiern die Ukrainer ihre nationale Erweckung, sondern auch mit Kunst. Mit großem Aufwand haben sie das Potocki-Palais renoviert, um es zu einem Kunstmuseum zu machen. In sowjetischer Zeit hatte das prächtige Barockschloss schweren Schaden genommen, weil die "Russen", wie die Menschen hier alles Böse nennen, ausgerechnet mitten im Schlosshof die erste U-Bahn-Station der Stadt bauen wollten.

Die falsch konstruierten Schächte sind längst wieder zugeschüttet, die U-Bahn-Pläne ad acta gelegt, und Vosnytsky Boris Hryrorowitsch triumphiert. "Die Sowjets wollten unsere Kultur zerstören", sagt der schon etwas zittrige, aber stolze Museumsdirektor, der seinen Posten seit 45 Jahren innehat, "sie machten unsere Kirchen zu Lagerhallen und unsere Schlösser zu Gefängnissen, doch wir haben uns gewehrt, und jetzt sind wir sie los."
Dabei huscht ein feines Lächeln über die Lippen des sonst so ernsten Mannes. Seine Obsession während all der Jahrzehnte der Okkupation durch die Russen bestand darin, Kunstwerke aus den verstaatlichten Schlössern, Kirchen und Klöstern im ganzen Land vor der Zerstörung zu retten und in den Lagern seines Museums zu horten. Ungefähr 20 000 Stücke zählt diese Sammlung mittlerweile, der Museumsdirektor sagt, sie seien 80 Milliarden Dollar wert - wohl eher eine konservative Schätzung.

Wir fahren tiefer hinein in die galizische Weite, auf der Fernstraße von Lemberg nach Kiew. Das häufigste Lebewesen hier scheint der Storch zu sein, das zweithäufigste eine alte Frau, die alleine auf weiter Flur nur mit einer Harke bewaffnet gegen das Unkraut kämpft. Als die Ebene erste Wellen wirft, erscheint Schloss Pidhirci. Der Bau galt schon im 17. Jahrhundert als bedeutendste Sehenswürdigkeit des Landes, als ukrainisches Versailles. Am Eingang empfängt uns Svitlana Mostova, Kunsthistorikerin und Schlossverwalterin. "Ich bin hier die Schlossprinzessin", sagt sie lachend. In ihrem Reich war bis vor kurzem eine Lungenheilanstalt untergebracht. Die Kranken sind inzwischen umgezogen, die Kunst lagert noch im Lemberger Depot. Beredt schildert unsere Prinzessin den Glanz vergangener Tage. Während wir von einem leeren Saal in den nächsten wandern, entstehen vor unseren inneren Augen italienische Marmorböden und Lüster aus Murano- Glas wieder. Während sie erzählt, sehen wir chinesische Möbel, türkische Teppiche und französische Seidentapeten - dort, wo noch die abgerissenen Klosettanlagen stehen. "Alles hier wird wunderschön", sagt die Prinzessin und strahlt über das ganze Gesicht, "ihr seid zur Eröffnung eines neuen europäischen Kunstmuseums willkommen" - als ob die bereits morgen bevorstünde.
Glockensuche

Auch gegenüber dem Schloss, hinter dem verwilderten Park, wird gearbeitet, dort graben drei Männer auf dem Hof der Dorfkirche. Der Spätrenaissancebau mit zwei Säulenreihen, auf denen Heiligenfiguren dem Verfall trotzen, wirkt zwischen weidenden Kühen und Pferden wie ein aufs Dorf verirrter, kleiner Petersdom. Einer der Männer hantiert mit einem Metalldetektor, ein zweiter mit einer Wünschelrute. Sie suchen die Glocken, die in den freistehenden Türmen neben der Kirche läuteten - bis die Deutschen sie 1944 vergruben, als die Rote Armee näherrückte. Rund 60 Jahre später ist das Geschehen hier so präsent, als wäre alles erst gestern passiert: Ein Kriegsveteran aus dem Dorf, im Sonntagsanzug und ordensgeschmückt, dirigiert das Grabungsteam aus dem fernen Kiew zu der Stelle, wo er die Glocken vermutet. In Jaremtsche, unserem nächsten Ziel, ist die Zeit vergleichsweise weit vorgerückt: Dieses Vorzeige-Feriendorf in den ukrainischen Waldkarpaten scheint schon deutlich näher an Europa zu liegen. Die Übernachtungszahlen waren nach dem Ende des Sozialismus, als große Staatsbetriebe den Billigtourismus organisierten, drastisch eingebrochen. "Vor knapp zehn Jahren waren wir ganz unten angelangt, bei 26 000 Gästen pro Jahr", sagt Viktor Jakiwtschuk, huzulischer Abstammung wie die meisten hier, Förster, Nationalparkdirektor und Besitzer des neu erbauten Blockhauses, in dem wir wohnen. "Jetzt sind wir bei 300 000." Die umtriebigen Huzulen hatten sich EU-Berater geholt, Privatquartiere gezimmert, eine alte Holzfäller-Dampfeisenbahn durch den Wald reanimiert. Ihr Dorf mit einer ganzjährigen Weihnachtsdekoration verschönert, huzulische Trachtenkapellen engagiert und eine neue Skistation gebaut. "Wir haben uns mit den anderen Bergvölkern der EU zusammengetan", sagt Jakiwtschuk, "mit den Polen, den Bayern, den Österreichern, den Schweizern." Auf den Einwurf, so neu sei das doch gar nicht - nette Privatquartiere, markierte Wanderwege, gemütliche Bergrestaurants, antwortet er lachend: "Alles Neue ist ohnehin nur vergessenes Altes, all das gab es früher natürlich auch in den Karpaten, zu Habsburgerzeiten."
Damit wir sehen, dass die Huzulen über solche Fortschritte die Tradition nicht vergessen haben, schickt unser Vermieter uns zu Mychajlow Tafitschuk, dem besten Trembita-Bauer der Karpaten. Die Trembita ist das huzulische Pendant zum Schweizer Alphorn, aus Fichtenholz und Birkenrinde zusammengeleimt. Herr Tafitschuk kann auch Flöten bauen, den huzulischen Dudelsack Duda und sogar Geigen, aber auch Äxte schmieden, Bänke zimmern oder Webstühle konstruieren. Wenn der Hausherr einen neuen Bohrer braucht, dann fährt er nicht in den Baumarkt, sondern schmiedet sich einen.
So lebt Herr Tafitschuk zusammen mit seiner Frau, einem seiner acht Kinder und zwei seiner 13, nein, 15, korrigiert die Großmutter, also 15 Enkelkindern mitten in diesem kleinen Paradies. Fast ganz oben auf der Alm, in einem selbstgezimmerten Haus, das man nur zu Fuß oder mit dem Pferdewagen erreichen kann, was nichts ausmacht, denn ein Auto besitzt hier sowieso kaum jemand, jedenfalls niemand aus der Familie. Doch in dieser Abgeschiedenheit benötigt man auch kein Auto, sondern nur ein paar Kühe, Schafe, Schweine, Hühner und jede Menge geschickte Hände. Die backen Brot, machen Butter, weben Wolle, nähen Kleider, stopfen Würste, räuchern Schinken, brennen Schnaps und kochen Marmelade ein - was man eben so macht, wenn man über die Dinge verfügt, aber nicht über Geld. Früher gingen ein paar der Söhne ins Sägewerk arbeiten, doch das bringt wenig, 300 Griwna im Monat, gerade mal 50 Euro. Da ist es besser, man arbeitet am eigenen Haus und verkauft hin und wieder einen selbstgewebten Teppich, eine Axt oder eine Trembita an einen verirrten Touristen. Das reicht, um ein bisschen Schrott als Rohmaterial für neue Äxte zu kaufen, einen gebrauchten Fernseher oder ein paar Gummistiefel. Für Dinge eben, die hier oben nicht wachsen.
Hier ist noch Platz
Nicht wegen der Äxte des Herrn Tafitschuk die meisten Touristen hierher, sondern wegen der Howerla. Die ist mit 2061 Metern der höchste Berg der ukrainischen Karpaten. Die Howerla ist auch der heilige Berg der Huzulen, und seit sich Präsident Wiktor Juschtschenko dazu entschloss, die von Gras und Latschen bewachsene Anhöhe zur Feier der ukrainischen Unabhängigkeit von nun an einmal jährlich zu besteigen, ist der höchste Berg des Landes allen rund 47 Millionen Einwohnern heilig. Wodurch die Besucherzahlen drastisch anstiegen - und die der Freiheitsdenkmäler auf dem Gipfel. Den erreichen wir im Frühsommer durch tiefe Schneefelder, Graupelschauer und im pfeifenden Wind, zeitgleich mit dutzenden anderen ukrainischen Bergsteigern, die sich vor allem durch ihren alpinistischen Wagemut auszeichnen: Ohne Jacken und Bergschuhe, dafür in Hausschuhen, Lederslippern oder Turnschuhen und nur von Plastiktüten geschützt erklimmen sie den Gipfel, den schmalen Proviant in einer zweiten Plastiktüte mit sich führend. Trotzdem genießen alle den Blick über unendliche Bergweiten und unbesiedelte, waldige Täler, soweit das Auge reicht - hier ist noch Platz, viel Platz.

Ein paar Kilometer weiter stoßen wir mitten in einem schattigen Tal unverhofft doch noch auf die Mitte Europas. Am Straßenrand, am Ufer des Flusses Theiß, steht ein Denkmal aus österreichischer Zeit, mit einer lateinischen Inschrift geschmückt: "Ständiger, genauer, ewiger Ort. Zentrum Europas, festgelegt im Jahr 1887." Nur ein kleiner, weißgetünchter Stein, doch für uns der Beweis: Wir sind mittendrin in dem kleinen Kontinent, dessen Grenzen so unsicher sind wie die keines anderen. Die Ukrainer scheinen dieses Zentrum erst jetzt wahrzunehmen. Seit Anfang dieses Jahres wird der Mittelpunkt Europas touristisch verwertet, auf sehr ukrainische Weise: In einer Holzhütte bietet das Restaurant "Zum Mittelpunkt Europas" Bliny und Wodka an, es gibt Souvenirs und man kann sich neben einem ausgestopften Bären fotografieren lassen. Manchmal halten Reisebusse, immer öfter auch mit Reisenden aus dem Westen. Nimmt in Europa das Interesse an seiner Mitte wieder zu? Oder beginnt die Mitte, auch das wäre möglich, Europa erst jetzt so richtig zu entdecken?
>> Check in
Telefon: Internationale Vorwahl Polen 0048, Ukraine 00380
Zeitunterschied: Plus eine Stunde in der Ukraine
Geld: Polnische Zloty (1 Euro = ca. 4 PLN), Ukrainische Griwna (1 Euro = ca. 6 UAH).
Sprachen: Viele junge Polen sprechen Englisch, manche ältere Deutsch. In der Ukraine sind Englischkenntnisse selten.
Visum: Nicht erforderlich. Für die Ukraine brauchen Reisende einen mindestens noch einen Monat gültigen Reisepass und eine Reisekrankenversicherung.
Anreise: Lufthansa, Austrian, Alitalia und LOT fliegen täglich nach Krakau. Germanwings von Hamburg, Köln/Bonn und Stuttgart, Easyjet von Berlin und Dortmund. Wizz von Dortmund und Frankfurt/Hahn nach Kattowitz bei Krakau. Flüge mit LOT oder Austrian über Warschau oder Wien nach Lviv (Lemberg) sind teuer (500 bis 1000 Euro).
Mit dem Zug: am bequemsten über Nacht nach Krakau. Ab Krakau per Bus oder Zug bis Lviv, bis zur ukrainischen Grenze auch im Mietwagen (diverse polnische und internationale Vermieter).
Info
Preise und Veranstalter
Polen ist ein günstiges Reiseland, die Ukraine ein sehr günstiges – nur Fünf-Sterne-Hotels haben westliches Preisniveau: In Polen kostet ein Doppelzimmer in dieser Kategorie um die 250 Euro, in der Ukraine um die 150 Euro. Die meisten Unterkünfte verlangen nicht mehr als 20 bis 50 Euro für ein Doppelzimmer. GoEast, Tel. 040-896 90 90, www.go-east.de Ukraine Tours, Tel. 0700-200-301 00, www.ukraine-tours.de Eastline, Tel. 030-787 79 70, www.eastline-reisen.de
Unterwegs
Während es in Polen auch in kleineren Städten oder selbst in touristisch halbwegs interessanten Dörfern Übernachtungsmöglichkeiten, Restaurants oder zumindest Kneipen gibt, ist das in der Ukraine oft noch nicht der Fall. Im Osten Galiziens ist es ratsam, jede Möglichkeit zu nutzen, die sich anbietet: vernachlässigte, aber doch noch passable Hotelrelikte aus sowjetischer Zeit; einfache, aber freundliche Privatquartiere oder ästhetisch zuweilen gewagte Hotelneubauten. Selbst Klöster, Bauernhäuser oder Kinderferienheime können als Unterkunft dienen; man muss oft nachfragen. Was die Sicherheit anbelangt, gibt es kaum Probleme.
Übernachten
Polen
Hotel Europejski
Gründerzeitliches Haus direkt am Tor zur Ukraine - dem Hauptbahnhof von Przemysl. Neu, aber ein wenig steril renoviert. Ein guter Stützpunkt im östlichsten polnischen Teil Galiziens. Ul. Sowinskiego 4, Tel. 016- 675 71 00, www.hotel-europejski.pl; DZ/F ca. 30 Euro
Hotel Zamkowy Krasiczyn
Schlosshotel zehn Kilometer westlich von Przemy´sl. Das eindrucksvolle Gebäude mit seinen vier mächtigen Ecktürmen erstrahlt frisch renoviert in strengem Sgraffi to-Schmuck. Zimmer in rustikalem Möbelhausstil. Krasiczyn, Tel. 016-671 83 16, www.krasiczyn.com.pl; DZ/F ab 53 Euro
Ukraine
Unterkünfte in den Karpaten
Hotel Bayka
Neues, rustikales Hotel mitten im Wald des Karpatenvorlandes. Man ist auf urlaubende Russen eingestellt: Grillplatz, Sauna, deftige Hausmannskost, es gibt sogar einen kleinen Skilift. Kosiv, Kreis Ivano-Frankivsk, Nad Hukom Str., Tel. 03478-236 58, www.bayka.com.ua; DZ/F ca. 42 Euro
Hotel Karpaty
Urlauberhotel im Tatra-Stil, riesengroß und unpersönlich – aber der Service funktioniert. Im Restaurant ehrliche Hausmannskost. Yaremche, Kreis Ivano-Frankivsk, Ul. Dachna, Tel. 03434-221 34, E-Mail: info@karpaty-tour.com.ua; DZ/VP ca. 70 Euro
Privatquartiere
Zimmer und Ferienwohnungen in den Gärten von Bauernhöfen oder in Einfamilienhäusern, meist rustikale Holzbauweise. Die Gastgeber kochen oft nach Vereinbarung. Selbstversorgung ist möglich, zahlt sich angesichts der Preise aber kaum aus. Vermittlung über das Regionale Tourist- und Informationszentrum in Ivano-Frankivsk, Halystkastr. 4 a, Tel. 0342- 50 24 74, www.tourism-carpathian.com.ua; Ü ab 15 Euro/Person und Tag
Lemberg (Lviv)
George Hotel
Prunkbau nach Plänen der Wiener Gründerzeit-Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer. Hat seine besten Tage hinter sich, ist aber nicht heruntergekommen, die De-luxe-Zimmer sind neu renoviert. Mickiewich Platz 1, Tel. 0322-72 59 52, www.georgehotel.com.ua; DZ/F ab ca. 30 Euro (empfehlenswert ist die Semi-de-luxe-Klasse ab ca. 75 Euro)
Grand Hotel Lviv
Seit 1892 das erste Haus am Platz, 1992 angenehm renoviert. Mitten im Zentrum des Geschehens am Freiheitsboulevard. Wer Ruhe sucht, nimmt ein Zimmer zum Innenhof. Bestes Frühstücksbuffet der Westukraine! Prospekt Swobody 13, Tel. 0322-72 40 42, www.ghgroup.com.uaa; DZ/F ab 130 Euro
Info
Essen und Trinken
Amadeus
Feine ukrainische, aber auch internationale Küche in familiärem, gepflegtem Ambiente, das sich wohltuend von der Massenabfertigung vieler ehemals staatlicher Restaurants abhebt. Pl. Katedralna 7, Tel. 0322-97 80 22; tägl. 12-23 Uhr
Kaffeehaus Wien
Der Treffpunkt der Stadt, Terrasse mit Aussicht auf die Flaneure am Friedensboulevard. Es gibt nicht nur Wiener Kaffeespezialitäten, sondern auch ordentlichen Borschtsch, die ukrainische Rote- Rüben-Suppe, Bliny und Steaks. Prospekt Swobody 12, vis-à-vis vom Mickiewicz-Denkmal; tägl. 8-24 Uhr
Klepsydra
Das Café des Kulturzentrums "Kreisel" ("Dzyga"), in einer stillen Sackgasse im armenischen Viertel der Altstadt. Kleine Speisen, hervorragender, frisch gebrühter türkischer Kaffee. Hier trifft sich die Kulturszene der Stadt. Wirmenska-Str. 35; tägl. 9-24 Uhr
U pani Stefa
Das auf huzulische Folklore getrimmte Restaurant bietet regionale Speisen wie Bliny, Pilze in saurer Sahne und Schaschlik mit Maisgrütze. Abends Live-Musik in voller Lautstärke - der Huzulensound von heute. Prospekt Swobody 10; tägl. 18-23 Uhr
Einkaufen
Handwerksmarkt Lemberg
Auf dem zentralen Marktplatz gibt es die typischen Souvenirs aus der Ukraine: hölzerne Matroschka- Puppen, geschnitzte Huzulenschwerter, handgeknüpfte Kelim-Teppiche oder bestickte Tischdecken. Rynok Pl., Westseite; tägl.
Anschauen Korniakthaus oder "Königshaus"
Der prächtige Renaissancepalast des griechischen Kaufmanns Konstantin Korniakt im Zentrum Lembergs beherbergt nicht nur ein historisches Museum, eine Galerie und eine Sammlung zur Stadtgeschichte, in seinem Arka den hof befindet sich auch ein Café, das Ausländern und Lembergern als Treffpunkt dient. Rynok Pl. 6; tägl. (außer Mi) 10-18 Uhr
Boim-Kapelle
Das schönste Renaissance- Kunstdenkmal Lembergs wurde Anfang des 17. Jahrhunderts im Auftrag des gleichnamigen Lemberger Patriziergeschlechts gebaut und ist wohl eine der edelsten Privatkapellen der Welt: Eine durch geschickte Proportionierung riesig wirkende Kuppel ist innen mit buntgefärbten Sandsteinfiguren geschmückt, die Fassade geht fast über vor Ornamentik und allegorischen Figuren. Ein Muss, gleich hinter der Marienkathedrale.
Sehenswürdigkeiten außerhalb von Lemberg
Felsen von Bubnyshche
In den Buchenwäldern der Ost-Beskiden stehen einzelne, teils haushohe Felsblöcke, von deren Gipfeln man gut die Wälder der Gorgany überblicken kann, des unzugänglichsten Gebietes der galizischen Karpaten. In einige Felsen sind Kammern, Nischen und ganze Galerien gehauen. Heidnische Tempel? Steinzeitliche Befestigungen? Niemand hat sich bisher die Mühe gemacht, das zu ergründen, doch die (hauptsächlich ukrainischen) Besucher pilgern trotzdem zum historischen Kultort. Bubnyshche, südlich von Stryj (bei nassem Wetter: Allradantrieb empfohlen)
Olesko
Das stolze Schloss, Geburtsort des polnischen Königs Jan Sobieski, beherbergt ein Museum voller Überraschungen: Hier fi ndet sich ein einfamilienhausgroßes Gemälde zur Türkenbelagerung Wiens, die Sobieskis Heere beendeten, genauso wie ein Kamin mit Wagner- Büste, ein Skulpturenpark und ein als Kosake verkleideter Ukrainer, der Visa für Galizien verkauft. Ca. 50 km östlich von Lemberg
Solotschiw
Im Hof der mittelalterlichen Burganlage befindet sich nicht nur ein chinesisches Teehaus, sondern auch der sagenhafte "Templerstein". Seine Inschrift, deren Verfasser etliche Zeichen absichtlich ausließ, soll den findigen Entzifferer angeblich schnurstracks zum Heiligen Gral der Kreuzritter führen. Bislang ist es allerdings noch niemandem gelungen, das Rätsel zu lösen. Ca. 70 km östlich von Lemberg
Brody
Die zu k. u. k. Zeiten nach Lemberg und Krakau drittgrößte Stadt Galiziens hatte eine große Vergangenheit als prosperierende Freihandelszone und Zentrum jüdischen Bürgertums. Dann kamen fürchterliche Zeiten: wiederholte Zerstörung im Ersten und Zweiten Weltkrieg, organisierte Ermordung der jüdischen Bevölkerung, die über 80 Prozent der Einwohner stellte. Heute ist Brody so etwas wie ein Freilichtmuseum seiner Vergangenheit: Die größte Synagoge steht wie ein Mahnmal als Ruine inmitten einer Plattenbausiedlung, der jüdische Friedhof ist mit über 20 000 Gräbern einer der größ ten Galiziens. An den prominentesten Sohn der Stadt, den Schriftsteller Joseph Roth, erinnert nicht viel mehr als ein Gedenkstein und -raum im örtlichen Gymnasium.
Informieren
Lviv Tourist Information, Kyvska Str. 53, Tel. 0322-37 27 27, www.inlviv.info
Polnisches Fremdenverkehrsamt, Kurfürstendamm 71, 10709 Berlin, Tel. 030-210 09 20, www.polen-info.de Botschaft der Ukraine, Albrechtstr. 26, 10117 Berlin, Tel. 030- 28 88 70, www.botschaft-ukraine.de