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Was, um Himmels willen, lässt plötzlich so viele Leute nach Aachen pilgern? Die besten Universitäten? Ein ziemlich unbekanntes, sehr lustiges Nachtleben? Die vielen Künstler, die sich das Leben in der Stadt noch leisten können? Das gelebte Europa nah an der belgischen und der niederländischen Grenze? Wer einen lauen Abend erwischt und durch die Innenstadt schlendert, die sich wie ein Geflecht um den berühmten Dom herumwickelt, kommt aus dem Staunen nicht heraus.
Relaxen in Aachen: Die Lousberg-Terrasse
Der Teufel wurde beim Dombau um seinen Lohn betrogen, kam mit Säcken voll Sand zurück, um die Stadt samt Kirche unter einer Riesendüne zu begraben, und wurde von einer Marktfrau mit einer schlauen List erneut zur Hölle gejagt. Zum Glück hinterließ er den Sandhaufen – und damit den Lousberg, ein Naherholungsparadies für die Aachener mit Wäldchen und Wiesen und einer Bronzeplastik, die an die Sage erinnert. Wenn man der Buchenallee Richtung Norden folgt, findet man die vorgelagerte Sonnenterrasse. In einer großen Sandkiste stehen überdimensionale Stahlstangen, dazwischen schaukeln Hängematten aus Gummi, groß genug für zwei. Die Menschen dösen, andere haben ihre Bücher dabei und lernen, Vögel zwitschern, Kinder spielen im Schatten der Matten im Sand. Das Aachener Landschaftsarchitekturbüro 3Plus verantwortet noch weitere Installationen auf dem sogenannten Weißen Weg, der vom Lousberg quer durch den Pferdelandpark entlang alter Industriehalden und aufgelassener Textilfabriken circa 25 Kilometer bis nach Kerkrade in den Niederlanden führt. Aber die öffentlichen Hängematten sind mit Abstand der schönste Grund, einfach mal richtig abzuhängen.
Hinter dem Müschpark, Karte des »Weißen Wegs« zum Herunterladen auf www.aachen.de

Ausgehen in Aachen: Restaurant, Eis und Party im Frankenberger Viertel
Studenten, Familien, in die Jahre gekommene Anwohner: Egal wer in diesem Altstadtquartier Aachens zwischen Oppenhoffallee, Bismarck- und Tribelsstraße wohnt, spricht immer von »uns Frankenbergern«. Man grüßt sich, man kennt sich wie auf dem Dorf. Und Metzger, Post, Trödelladen, Bücherei, Weingeschäft, alles liegt gleich um die Ecke. Die Gründerzeitfassaden leuchten frisch renoviert, auf den Balkonen läuft Musik, auf den Gehsteigen machen sich Cafés mit ihren Frühstückstischen breit. In der alten Frankenberger Burg treffen sich linksalternative Kulturvereine. Samstags werden auf dem Neumarkt die Obst- und Gemüsestände aufgebaut. Eine Marktfrau empfiehlt den »Oecher Eis-Treff«, Tonkabohneneis, ein Traum aus Vanille und Heublumen (Bismarckstr. 72). Abends geht der Genuss weiter, bei »Zacharias Grill« Sauerbraten, das Aachener Lieblingsgericht: dunkle Soße mit Printen und Rosinen, dünne Scheiben Rindfleisch, Rotkohl, krosse Fritten (Bismarckstr. 115). Gut satt für die Nacht im Musikbunker, einem grauen, ehemaligen Luftschutzbau. Auf vier Etagen gibt es Konzerte, wird Musik aufgelegt, finden Performances statt (Goffartstr. 39). Ein bisschen wie in Berlin fühlt sich das Frankenberger Viertel an, nur ohne Touristen.
Mehr Infos über das Viertel auf www.frankenberger-viertel.de und www.wir-frankenberger.de
Das Zeitungsmuseum Aachen
»Napoleon gefangen«, titelt 1870 das »Neue Wiener Tageblatt«. »J'accuse …!«, schreibt Émile Zola 1898 in »L’Aurore« an den französischen Präsidenten. Lieblingsstücke des Museumschefs Andreas Düspohl sind die Ausgaben der »Neuen Rheinischen Zeitung« von 1848, Karl Marx war der Chefredakteur. Oscar von Forckenbeck begann schon im 19. Jahrhundert mit dem Sammeln. Der deutsche Jurist heiratete reich, hing seinen Beruf an den Nagel, wurde Privatgelehrter und Weltreisender, brachte aus möglichst jeder Region Zeitungen mit und begann Gedrucktes zu horten. 1931 wurde das Internationale Zeitungsmuseum gegründet, das nur einen Bruchteil der 200000 Highlights aus fünf Jahrhunderten zeigen kann. Im Lesesaal, mit seinen bis zur Decke reichenden Bücherregalen, können Archivexemplare gelesen werden. Die Entwicklung von Schrift und Buchdruck lässt sich auf Filmen, Fotos und Geschichtstafeln verfolgen. Auch Manipulation und Fake News sind Thema. Und an den Zeitungsständern im Café im Parterre hängt die Tagespresse, aktuell und international.
Pontstr. 13, Tel. 0241-4324910, www.izm.de
Wasserkur in Aachen: Die Carolus Thermen

Vermutlich war Aachens erstes Gebäude ein Schwimmbad. Seit mehr als 2000 Jahren wird das heiße Thermalwasser, das direkt unter der Stadt sprudelt, zum Heilen und Entspannen genutzt. Den Römern gefiel es in der Region so gut, dass sie rund um die Quellen gleich eine ganze Stadt samt Bädern, Herbergen und Häusern gründeten. Auch Karl der Große liebte das heiße Wasser, später kamen die üblichen Adeligen aus Russland und Frankreich, brachten Geld und Ruhm. An die mondäne Zeit erinnert die üppige Architektur der Carolus Thermen (die allerdings keine 20 Jahre alt sind): Säulenhallen zieren die Becken, viel Marmor, Grottenduschen, ein kleiner Park mit ein wenig Kunst. Badebecken gibt es natürlich auch – gleich acht, drinnen und draußen, jedes anders temperiert und mit 1,30 Meter Wassertiefe und dem heißen Wasser definitiv nicht zum Schwimmen gemacht. In der Haupthalle hat das Wasser fast Körpertemperatur, auf die große Kuppel wurde ein künstlicher Himmel gemalt. Zu Römerzeiten stank die Wasserkur noch nach Schwefel, also nach faulen Eiern. Heute ist der Genuss dank moderner Aufbereitung geruchlos.
Carolus Thermen Bad Aachen, Passstr. 79, Tel. 0241-182740, www.carolus-thermen.de
Hier spielt in Aachen die Musik
Davon können andere Städte nur träumen: ungenutzte, bezahlbare Ladenlokale, leer stehende Fabriken. In Aachen entstanden in den vergangenen Jahren immer wieder neue Locations, in denen nicht nur gefeiert und getanzt wird, sondern sich auch die Aachener Kultur- und Musikszene präsentieren darf. Erst im März feierte die »Gravieranstalt« im Aachener Rehmviertel ihre Eröffnung. Seitdem leuchtet die neonblaue Schrift über dem Eingang. Laden und Werkstatt waren zu haben. Drei Freunde entschieden sich spontan: Michael Baier, Bauingenieur, Sammler und Künstler, über 20 Jahre älter als Lutz Adorf, gelernter Elektriker und Fotograf, und Hisham Attya, Architekt mit viel Auslandserfahrung. »It’s all about the Stimmung!«, so lautet ihr Slogan. Wo einst Pokale und Klingelschilder beschriftet wurden, wird jetzt Musik gemacht, treffen sich Punk und Jazz, treten Aachener Singer-Songwriter auf, werden Musikvideos gedreht und finden bemerkenswerte Ausstellungen junger Künstler statt, die ganz groß rauskommen wollen. Dass die drei ein Händchen für Kunst und Musik haben, ist jetzt schon klar. Und bis die nächste Location aufmacht, wird sich die Gravieranstalt längst etabliert haben.
Ottostr. 85, www.gravieranstalt-aachen.de