Der Iseosee - ein Geheimtipp?
Da habe ich wohl etwas Falsches gesagt. "Nicht so bekannt?" Der alte Mann runzelt die Brauen. "Für uns ist der Iseosee bekannt genug", sagt er bestimmt, dann schaut er wieder seelenruhig auf die Wellen. Wir stehen am Steg von Sale Marasino am östlichen, sanfteren Ufer des Sees, der wie ein angedeutetes S zwischen den Bergen liegt – im Westen fallen die Felswände stellenweise fast senkrecht ins Wasser. Selbst jetzt, im August, wartet nur eine Handvoll Leute auf das Boot zur Insel Monte Isola, deren grüner Kegel aus dem Wasser ragt.
Die Überfahrt dauert keine zehn Minuten, trotzdem habe ich das Gefühl, aus der Welt gefallen zu sein. Ein Auto dürfen hier nur Amtspersonen fahren, und im Hafenort Carzano ist Möwenkreischen das lauteste Geräusch. Ich miete ein Rad, um die Insel zu umrunden. Es geht ziemlich steil den Berg hinauf, unter mir leuchtet tiefblau das Wasser, die Grillen zirpen. Oben geben Holztore in den engen Gassen von Siviano den Blick auf grüne Innenhöfe frei. Eine Frau lädt mich ein, an ihrem Brunnen zu trinken.
Der Iseosee ist besonders bei Italienern beliebt
Andere Besucher sind so selten, dass ich mich frage, woher der alte Mann in Sale Marasino seine Überzeugung nimmt. Doch dann kommt der Sonntag, und ich weiß es. Um den See scheint ein einziger großer, fröhlicher Familienausflug im Gange zu sein. Auf schmalsten Uferstreifen werden Handtücher und Picknickdecken ausgebreitet, Kinder springen von den Stegen ins Wasser.
Im Städtchen Iseo am Südzipfel ist in den Cafés unter den Arkaden jeder Tisch besetzt. Ich höre fast nur italienische Stimmen. Bei den Deutschen mag der Iseosee im Vergleich zum großen Bruder Garda weitgehend unentdeckt sein. Aber die Italiener lieben ihn.
Am Nachmittag spaziere ich die alte, für Autos gesperrte Straße bei Vello entlang, die Sonne brennt, ich frage ein paar Radfahrer nach der nächsten Badestelle. Ein Stückchen weiter finde ich die Treppe, nie hätte ich sie ohne Hinweis genommen. Noch auf dem Pfad durchs Brombeergestrüpp glaube ich an ein Missverständnis. Doch dann liege ich schon im Schatten einer Weide am Wasser, in der Nase den schweren Duft von Feigen, und sehe den vorbeiziehenden Segelbooten nach.
Erlebnisse rund um den Iseosee
- Kenner rühmen den Schaumwein aus der hügeligen Franciacorta im Süden des Sees. Wie er hergestellt wird, habe ich mir bei einer Führung zeigen lassen: im Weinkeller des Guts „Villa Franciacorta“, das zum Agriturismo „Villa Gradoni“ gehört.
- Durch Olivenhaine, Wiesen und stille Weiler führt der alte Römerweg Via Valeriana von Pilzone am Ostufer entlang bis Pisogne. Herrliche Ausblicke, meistens betörende Stille.
- „Sixtinische Kapelle der Armen“ wurden die Fresken genannt, die der lombardische Künstler Romanino 1534–1536 in der Kirche Santa Maria della Neve in Pisogne malte. Als Modelle dienten ihm die Menschen der Gegend. Ich studierte die bäuerlichen Gesichter und kam lange nicht mehr los.
Pisogne, Via Antica Valeriana; Mo geschl. - Wassersportler bevorzugen die Nordküste mit einer Reihe von Segel- und Surfschulen und Verleihen, etwa Sportaction, Solto Collina, Loc. Grè, Tel. mobil 0039-340-984 30 97, www.sportaction.it
- Das Leben ist schön, wenn man in Monte Isola aufs Fahrrad steigt. Verleihe gibt es an den Anlegestegen in Carzano und Peschiera Maraglio, man darf Räder aber auch auf dem Boot mit auf die Insel bringen.
Radverleih in Iseo: www.iseobike.com, mit Tourentipps rund um den See und in der Franciacorta, auch auf Deutsch