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Städtereisen Mantua, die Schöne der Lombardei

Italien, Mantua
Umgeben von Wasser, thront Matua auf einer Art Halbinsel
© JFL Photography / Fotolia
In der ersten Kulturhauptstadt Italiens ist alles im Fluss und vieles über die Maßen prächtig: ein 3-D-Gemälde aus der Renaissance, eine Riesenkathedrale und XL-Paläste

ÜBERBLICK

Ihre Traumlage auf einer Landzunge verdankt die Stadt einem strategischen Kalkül. Im 12. Jahrhundert staute man rund um Mantua den Fluss Mincio zu vier Seen auf, und schon thronte sie, umgeben von Wasser, auf einer Art Insel. So war die Stadt im Osten der Lombardei gut zu verteidigen und ein Blickfang, was sie bis heute ist. Sie findet sich 50 Kilometer südlich vom Gardasee. Nur drei Brücken führen zu ihr hinüber. Dahinter erhebt sich die Silhouette mit Kuppeln und Türmen, im Abendlicht wie matt vergoldet. Das beste Panorama bietet eine Bootstour auf dem vogelreichen Lago Superiore, auf dessen Schilfinseln von Juni bis September Lotusblüten wachsen (www.motonaviandes.it). Flussabwärts folgen Lago di Mezzo, Lago Inferiore und Lago Paiolo.

ERLEBEN

Florenz hat die Medici, Mantua seine Gonzagas. Von 1328 bis 1707 herrschte dieser Fürstenclan, ließ Maler wie Rubens und Musiker wie Monteverdi die pralle Lebenslust der Renaissance inszenieren. Mit gut 500 Wohnräumen, groß wie Turnhallen, gleicht der zinnengekrönte PALAZZO DUCALE einer Stadt in der Stadt. Darin: eine Basilika, Innenhöfe, Lustgärten und die Miniburg CASTELLO SAN GIORGIO sowie das berühmte Fresko – das HOCHZEITSZIMMER von Andrea Mantegna. Die täuschend echt gen blauen Himmel geöffnete Kuppel zieht den Blick an, hin zu Putten auf kaum fußbreitem Sims. Rundherum das höfische Leben der Gonzagas. Ebenfalls ein Hingucker: wie Mantegna mit feinem Strich die Beziehungen der Fürstenfamilie und ihres Hofstaats in Gesichtszügen, Blicken und Gesten einfror (Piazza Sordello 40, www.ducalemantova.org).

Im Lustschloss PALAZZO DEL TE umfassen mit Säulen und Bögen überladene Fassaden einen stadiongroßen Garten mit Grotten und Bassins. Wände und Decken sind monumentale Plakatflächen für antike Helden, lebensgroße PFERDE schauen täuschend echt, wie in 3-D, von Türrahmen herunter, und das ZIMMER DER TITANEN zeigt den apokalyptischen Untergang dieser antiken Putschisten, ein von der Decke förmlich herabstürzendes Horrorgemälde (Viale Te 13, www.palazzote.it). Für die Renaissance typisch, dominieren Weite und Licht in der riesigen BASILIKA SANT’ANDREA, dem letzten Meisterwerk Leon Battista Albertis, eines der wichtigsten Baumeister dieser Epoche. Das Triumphbogen-Portal sitzt heute allerdings wie eingequetscht zwischen Altstadthäusern (Piazza Andrea Mantegna, www.santandreainmantova.it). Sie lehnen an der PIAZZA DELLE ERBE wie verzogene Pulte und Kommoden im Möbellager. Die Mittelalterfassaden bröckeln vielerorts, gezeichnet vom oft schwülen Klima am Seengürtel. Seit 2008 UNESCO-Weltkulturerbe, ist Mantua in diesem Jahr die erste ITALIENISCHE KULTURHAUPTSTADT und feiert das mit Ausstellungen und Konzerten (www.mantova2016.it).

EINKAUFEN

Die Töpferin Irma Guidorossi gestaltet, gern vor Besuchern, originalgetreu Gonzaga-Geschirr nach, mit dem damals gebräuchlichen, hochgestülpten Schlürfrand an den Tellern (Piazza Concordia 17, www.cortedeigonzaga.com). In Giovanni Bacchis SALUMERIA unbedingt MOSTARDA MANTOVANA probieren, Früchte, eingelegt in Zucker-Senf-Sirup, köstlich zu Käse und Wurst (Via Orefici 16). Gegenüber erzählt der aus Albanien stammende Schuster PETRIT KOZELI blumig, warum er als Zeichen der Völkerverständigung dem italienischen und dem albanischen Staatspräsidenten Schuhe fertigte, und dem Papst noch dazu. Kopien der Promitreter stehen im Schaufenster (Via Orefici 33). Stefano Baraldi präsentiert in seinem Vintage-Laden CIRCUS coole Klamotten italienischer Manufakturen zwischen Motorrädern, Ampeln, Hydranten und Kinosesseln, darunter mit Legosteinen verzierte Schuhe (Via Calvi 69, www.circusmantova.it).

GENIESSEN

Mini-Kantine unter einer Gewölbedecke, Sardinen und Polenta und eine Schlange bis vor die Tür: In der winkligen, günstigen OSTERIA DELLE QUATTRO TETTE isst ab 12.30 Uhr halb Mantua (Vicolo Nazione 4). Spezialitäten wie TORTELLI DI ZUCCA (mit Kürbis) oder STRACOTTO D’ASINO, Eselfleisch, gibt’s in der L’OCHINA BIANCA von Wirt Roberto (Via Giuseppe Finzi 2, www.ochinabianca.it). Das italienische Abendritual, die Passeggiata – das Schlendern, Sehen und Gesehenwerden – endet unter Arkaden und in der BAR CARAVATTI, beim gleichnamigen, hier vor fast 100 Jahren erfundenen Aperitif (Portici Broletto 16).

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