In Polen sind mehrere Dutzend Katzen an einer Infektion mit dem Vogelgrippevirus H5N1 gestorben. Das beunruhigt Halterinnen und Halter sowie die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie hat am Montag in Genf deshalb eine formelle Meldung über den Krankheitsausbruch veröffentlicht. Zunächst berichtete sie über 29 bestätigte Fälle bei Hauskatzen und einem zuhause gehaltenen Wüstenluchs (Karakal). Laut dem Newsblog "Avian Flu Diary" ist die Zahl inzwischen aber auf 34 gestiegen.
Die WHO-Meldung soll andere Länder veranlassen, die Überwachung zu verschärfen. In Deutschland gibt es nach Angaben des für Tiergesundheit zuständigen Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) bislang keine H5N1-Nachweise bei Haustieren.
Aus dem Umfeld der Katzen in Polen hat sich nach vorläufigen Erkenntnissen kein Mensch mit dem Virus angesteckt. Die WHO schätzte das Risiko einer Ansteckung im Allgemeinen als gering, für Tierbesitzer und Tierpflegepersonal als gering bis moderat ein.
Ist das Futter Schuld?
Besorgniserregend ist auch, dass die Quelle der Ansteckung unklar ist. Möglich sei, dass die Tiere Kontakt mit infizierten Vögeln gehabt hätten, so die WHO. Allerdings seien 5 der betroffenen Tiere reine Hauskatzen gewesen. Die WHO schließt daher nicht aus, dass die Tiere sich über kontaminiertes Futter infiziert haben. Es gebe Indizien, dass das Virus über das Futter übertragen worden sein könnte, sagte auch der Virologe Krzysztof Pyrc von der Jagiellionen-Universität Krakau der Zeitung "Gazeta Wyborcza". Die restlichen Katzen hatten teils nur Zugang zu einem Balkon, einer Terrasse oder einem Hinterhof. Lediglich bei sieben Katzen sei gesichert, dass sie Gelegenheit zum Kontakt mit Wildvögeln gehabt hätten.
Die Vogelgrippe zirkuliert seit Jahrzehnten vor allem in Wildvögeln. Die Zahl der Fälle ist zuletzt explodiert. "So viele Fälle bei Wildvögeln hat es nie zuvor gegeben", so das FLI. Seit 2020 ist die Virusvariante 2.3.4.4b in Umlauf, mit der sich vermehrt auch Säugetiere infizieren. Experten befürchten, dass sich die H5N1-Viren mit der Zeit soweit an Säuger anpassen, dass sich die Tiere – und dann möglicherweise auch Menschen – in großem Stil gegenseitig anstecken. Bislang sind einzelne Ansteckungen bei Menschen bekannt, nicht aber eine Übertragung von Mensch zu Mensch.
Erstmals sehr viele Katzen mit H5N1 infiziert
"Sporadische Infektionen von Katzen mit dem A(H5N1)-Virus wurden bereits früher gemeldet, aber dies ist der erste Bericht über eine große Anzahl infizierter Katzen in einem großen geografischen Gebiet innerhalb eines Landes", teilte die WHO mit Blick auf Polen mit. Auch aus Frankreich und Italien wurden inzwischen vereinzelt Fälle gemeldet, so das FLI.
In Deutschland seien H5N1-Viren zwar nicht bei Haustieren, aber unter anderem bei wildlebenden Füchsen und Seeottern gefunden worden, berichtet das FLI auf seiner Internetseite. Sie alle hätten sich vermutlich bei Wildvögeln angesteckt.
Da sich das Virus global ausbreitet und auch in Deutschland zirkuliert, seien einzelne Infektionen bei Katzen, etwa durch den Kontakt zu erkrankten Wildvögeln, nicht völlig auszuschließen, so das Institut. Hunde hingegen seien nicht besonders anfällig für Vogelgrippeviren.
Für viele Katzen endet die Infektion tödlich
In Polen waren erste Berichte über eine rätselhafte tödliche Krankheit bei Katzen Mitte Juni in einem Tierärzte-Forum aufgetaucht. Zu den Symptomen gehören Steifheit der Gliedmaßen, Atemnot, Krämpfe und epileptische Anfälle. Ende Juni gab das Hauptveterinäramt bekannt, dass in neun von elf untersuchten Proben verendeter Katzen das Vogelgrippevirus entdeckt worden war. Die infizierten Katzen stammten aus voneinander entfernten Regionen: Danzig (Gdansk) im Norden, Posen (Poznan) im Westen und Lublin im Osten des Landes.
Die polnischen Behörden empfehlen besorgten Katzenhaltern und Katzenhalterinnen, ihre Tiere möglichst nicht aus dem Haus zu lassen und nicht in Kontakt mit Wildvögeln und Wildtieren zu bringen. Hat die Katze Auslauf auf dem Balkon, sollte der Boden vorher desinfiziert werden. Eine weitere Empfehlung lautet: Schuhe, die außer Haus getragen wurden, außerhalb der Reichweite von Katzen aufzubewahren. Das FLI rät außerdem, Katzen nicht mit rohem Fleisch zu füttern.
Bislang keine Ansteckung von Katze zu Katze durch Vogelgrippeviren
"Nach den aus Polen vorliegenden Informationen gibt es dort keinen Hinweis auf eine Übertragung von Katze zu Katze oder von Katze zu Mensch", schreibt das FLI. Dennoch sei die Häufung der Fälle genau zu verfolgen. Die bisher bei den Katzen beobachteten genetischen Anpassungen des Virus seien vergleichbar mit den bereits seit langem bekannten Veränderungen, die eine verbesserte Virusvermehrung im Säugetierwirt zulassen, so das FLI. "Weitergehende Mutationen wurden bisher bei den untersuchten Sequenzen in Polen nicht beobachtet."