Studie Motten hören, wenn Pflanzen gestresst sind – und nutzen dieses Wissen

Tomatenpflanzen, die unter Trockenheit leiden, geben Geräusche von sich
Tomatenpflanzen, die unter Trockenheit leiden, geben Geräusche von sich
© JACKIE NIX / Adobe Stock
Die Geräusche einer gestressten Pflanze sind für das menschliche Ohr nicht hörbar. Doch sie helfen Insekten offenbar dabei, wichtige Entscheidungen zu treffen

Dass gestresste Pflanzen Geräusche machen, haben Forschende der Universität Tel Aviv bereits 2023 nachgewiesen. Einige Gewächse wie Tomaten oder Tabak werden demnach laut, wenn sie unter Trockenstress leiden oder man ihre Stängel schneidet. Die Geräusche seien ungefähr so laut wie ein normales Gespräch, lägen allerdings im Ultraschallbereich und seien damit für Menschen nicht zu hören. Das Forschungsteam nahm schon damals an, dass viele Säugetiere und Insekten die Geräusche wahrnehmen können.

Motten bevorzugen ruhige Pflanzen für die Eiablage

Um ihre Hypothese zu überprüfen, untersuchten die Forschenden das Verhalten von Motten an Tomatenpflanzen. Falter seien in der Lage, Ultraschall mit Frequenzen zwischen 20 und 60 Kilohertz zu hören. In diesen Bereich fallen auch die als "clicks" bezeichneten Geräusche dehydrierter Pflanzen. Sie sollen so ähnlich klingen wie das Zerdrücken von Luftpolsterfolie und durch die sogenannte Kaviation im Inneren der Pflanze entstehen. Dabei bilden sich vereinfacht gesagt Luftblasen im Gefäßsystem, die sich ausdehnen und wieder zusammenfallen und damit für Vibrationen sorgen.

Tatsächlich stellte sich heraus, dass die Weibchen des Afrikanischen Baumwollwurms (Spodoptera littoralis) auf der Suche nach einem geeigneten Platz zur Eiablage einen Bogen um "laute" Pflanzen machten, wenn sie eine Wahl hatten.

Spodoptera littoralis gehört zu den Eulenfaltern und ist ein generalistischer Pflanzenfresser, also nicht auf bestimmte Pflanzen spezialisiert
Spodoptera littoralis gehört zu den Eulenfaltern und ist ein generalistischer Pflanzenfresser, also nicht auf bestimmte Pflanzen spezialisiert
© Palash / Adobe Stock

Für die Studie hatten die Forschenden in einem Testbereich zunächst zwei Pflanzen aufgestellt, eine leicht dehydriert, die andere gut gewässert. Die Motten nutzten bevorzugt die frische Pflanze für die Eiablage. In einem weiteren Versuch kamen zwei gut hydrierte Pflanzen zum Einsatz, während auf einer Seite des Testbereichs die Tonaufnahme einer gestressten Pflanze abgespielt wurde. Die Tiere favorisierten daraufhin die "leise" Pflanze. Womöglich, weil die Geräusche den Motten Hinweise auf den vermeintlichen Gesundheitsstatus der Pflanzen gaben: Sie hielten sie für eine bessere Lebensgrundlage für ihre Larven.

Weitere Testläufe zeigten: Die Tiere nutzten lieber eine ungesunde Pflanze als gar keine. Denn als den Tieren im Testbereich kein Gewächs zur Verfügung stand, legten sie ihre Eier dort ab, wo eine Tonaufnahme gestresster Gewächse abgespielt wurde. Sie schlossen von den Geräuschen auf das Vorhandensein einer Pflanze. Taub gemachte Motten hingegen reagierten nicht auf die Tonaufnahmen und zeigten keinen bevorzugten Ort für die Eiablage.

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Kommunikation zwischen Pflanzen und Tieren bisher wenig erforscht

Die Forschenden betonen, dass zwischen gestressten Tomaten und weiblichen Motten keine zweiseitige Kommunikation im klassischen Sinn stattfindet. Denn die Geräusche dienen nicht dazu, den Insekten etwas mitzuteilen. Trotzdem sei das Forschungspotenzial in diesem Bereich groß. Man gehe davon aus, dass einige Pflanzen die Fähigkeit entwickelt haben könnten, ihre Geräusche zu verstärken, etwa bei Schädlingsbefall, um damit natürliche Fressfeinde des Schädlings anzulocken. Und einige Insekten könnten dem Forschungsteam zufolge in der Lage sein, einzelne Pflanzen anhand ihrer Geräusche zu unterscheiden oder unterschiedliche Stressfaktoren wie Trockenstress oder Krankheit zu erkennen.

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