Brasilien Forschende entdecken zweitkleinstes Wirbeltier der Erde – mithilfe einer Tonaufnahme

Brachycephalus dacnis misst nur knapp sieben Millimeter
Brachycephalus dacnis misst nur knapp sieben Millimeter
© Lucas Machado Botelho / Projeto Dacnis
An der brasilianischen Atlantikküste spürten Forschende einen nur sieben Millimeter kleinen Frosch auf. Er unterscheidet sich nur durch seinen Gesang von einer schon bekannten Spezies

Im brasilianischen Regenwald, zwischen SãoPaulo und Rio de Janeiro, hat ein Forschungsteam kürzlich das zweitkleinste Wirbeltier der Erde entdeckt: einen Frosch, der nur knapp sieben Millimeter misst. Das berichtet ein internationales Forschungsteam im Fachmagazin "PeerJ Life & Environment".

Die Entdeckung in der Region Ubatuba gelang demnach eher zufällig: Die Forschenden hatten Tonaufnahmen vom Gesang einer nah verwandten Art gemacht und zur Auswertung an den Studienleiter Luís Felipe Toledo geschickt. Der stellte fest, dass auf der Aufnahme nicht eine, sondern zwei verschiedene Arten zu hören waren.

Die Suche nach dem unbekannten Sänger im dichten und feuchten atlantischen Regenwald gestaltete sich gleichwohl schwierig. Denn die Arten der Gattung Brachycephalus sind allesamt winzig – und sie singen am Boden sitzend, versteckt unter Blättern.

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Tatsächlich unterscheidet sich die neue kaum von der schon bekannten Art Brachycephalus hermogenesis. Erst die morphologische, anatomische und bioakustische Analyse zeigte: Es handelt sich um eine bislang nicht beschriebene Art: Brachycephalus dacnis. Zum Einsatz kamen dabei auch neue computertomographische Verfahren, die einen detaillierten Blick in den Magen der Amphibien erlauben.

Neue Art verriet sich am Gesang

Unterschiedliche Arten, deren äußeres Erscheinungsbild sich exakt gleicht, sogenannte kryptische Arten, sind für die Biologie eine besondere Herausforderung. "Der Gesang hilft uns sehr bei der Unterscheidung", erklärt Toledo laut einer Presseerklärung. "Aber wir können nicht immer eine Aufnahme machen, und manchmal kann es sich auch um ein Weibchen handeln, das nicht singt."

Der extremen Miniaturisierung der Art sind einige anatomische Unterschiede zu größeren Spezies geschuldet. So hat die neu entdeckte Art an den Händen und Füßen jeweils einen Finger und einen Zeh weniger. Zudem legen die Weibchen nur zwei Eier auf einmal. 

Dem Forschungsteam zufolge ist allerdings nicht die Entdeckung der zweitkleinsten Wirbeltierspezies des Planeten – noch kleiner ist lediglich der nahe Verwandte Brachycephalus pulex – das Entscheidende. Sondern die Erforschung der Extreme der Biologie. Wie also ein Herz und eine Lunge funktionieren, die nur wenige Millimeter messen.

Auch wenn viele neu entdeckte Arten als bedroht gelten: Sorgen muss man sich um die neu entdeckte Art offenbar nicht. "In der Natur gibt es sie in Hülle und Fülle", sagt Toledo. "Man kann Hunderte von ihnen auf einmal singen hören". Zudem pflanzen sich die Tiere immer dann fort, wenn es regnet. Und in der Region Ubatuba regnet es viel.