Ob im eigenen Garten oder auf einem Spaziergang – wohl jeder hat schon einmal einen Jungvogel hilflos auf der Straße, auf dem Gehweg oder im Gras sitzen sehen. Und den Impuls verspürt, zu helfen.
Das „verlassene“ Federknäuel mitzunehmen und zu Hause aufzuziehen, ist in den meisten Fällen allerdings ein Fehler. Denn bei vielen Vogelarten verlassen die Jungen das Nest, noch bevor sie richtig fliegen können. Sind es mehrere, verteilen sich die Kleinen im Garten – wo sie von den Eltern weiter versorgt werden.
Der NABU rät darum, gut gemeinte Hilfe zu unterlassen und scheinbar verlassene Jungvögel niemals sofort mitzunehmen. In der Regel sind die Elterntiere in der Nähe und kümmern sich weiter um ihren Nachwuchs, sobald die Luft wieder rein ist. Finder sollten darum nicht stören – und nach Möglichkeit aus einem Versteck oder der Distanz für mindestens zwei Stunden beobachten, ob das Jungtier versorgt wird.
Die Fütterung durch Menschen, informiert der NABU, kann nie so gut sein wie die Versorgung durch die natürlichen Eltern. Außerdem besteht die Gefahr, dass Jungvögel in menschlicher Obhut fehlgeprägt werden und später unfähig sind, allein in freier Wildbahn zu überleben.
Behutsames Berühren von Jungvögeln ist kein Problem
Nur in wenigen Fällen sollten Menschen eingreifen. So etwa, wenn noch nackte Küken aus dem Nest gefallen sind. Sie behutsam zurückzulegen, ist kein Problem. Denn im Unterschied zu manchen Säugetieren haben Vögel keinen guten Geruchssinn. An dem Geruch von Menschen stören sich die Elterntiere nicht.
Auch wenn flugunfähige Jungtiere auf der Straße sitzen oder sich eine Katze anschleicht, sollten Sie nicht lange zögern. Setzen Sie das Tier möglichst in der Nähe des Fundorts an eine geschützte Stelle, etwa in eine Hecke.
Eine Ausnahme bilden Alpen- und Mauersegler, dazu erklärt der Tierschutzbund: Erwachsene Tiere verbringen ihr gesamtes Leben in der Luft und suchen nur zum Brüten Unterschlupf in hoch gelegenen Mauerspalten. Da die Elterntiere nicht vom Boden starten können und daher dort auch nicht landen, bleiben aus dem Nest gefallene Jungtiere unversorgt. Sie sollten umgehend an Fachleute übermittelt werden.
Pappkarton für vorübergehende Unterbringung geeignet
Hilfe ist natürlich auch dann geboten, wenn die Vogeleltern selbst Opfer von Katze, Sperber oder Auto geworden sind. Dann gehören die Jungen in die Obhut von Pflegern in einer Auffangstation. Eine interaktive Deutschlandkarte mit solchen Einrichtungen gibt es hier.
Laut Tierschutzbund ist für die vorübergehende Unterbringung des Vogels am besten ein ausgepolsterter Pappkarton geeignet. Da es gerade für Laien schwierig ist, die Vogelart zu bestimmen, sollte man besser keine Fütterungsversuche unternehmen. Auch Wasser sollte allenfalls älteren Jungvögeln angeboten und keinesfalls in den Schnabel geträufelt werden, da sonst Erstickungsgefahr bestehe. „Wichtig ist, dass die Tiere so schnell wie möglich in sachkundige Hände übergeben werden“, erklärt James Brückner, Leiter des Referats für Natur- und Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund.
Hohe Todesraten sind bei Jungvögeln normal
Hilflose Jungvögel sind kein schöner Anblick. Aber bei vielen Vogelarten sind hohe Verluste unter der Nachkommenschaft normal. So erlebt nicht einmal jeder fünfte Sperlingsvogel – dazu gehören Haus- und Feldspatz – das Erwachsenenalter. Die hohen Verluste durch Verkehr, Marder, Katzen, Hitze und Futtermangel gleichen einige Vogelarten durch mehrere Bruten im Jahr aus.
Die Hauptbrutzeit liegt zwar zwischen März und Juni. Doch laut Bundesnaturschutzgesetz dauert die Nist- und Brutzeit vom 1. März bis zum 30. September. In dieser Zeit sind übrigens auch Baumfällungen und Heckenschnitt im öffentlichen Raum nicht erlaubt - um Vögel und andere Tiere beim Brutgeschäft nicht zu stören.