In Europas Wäldern ist es in Bodennähe im Sommer durchschnittlich 2,1 Grad kühler als in der waldfreien Umgebung, im Winter hingegen 2 Grad wärmer. Das berichtet ein internationales Forschungsteam im Fachmagazin "Global Change Biology". Das Wissen sei wichtig für das Verständnis zahlreicher biologischer und ökologischer Prozesse unterm Blätterdach und um Veränderungen im Zuge des Klimawandels besser abschätzen zu können.
Der Klimawandel hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Artenvielfalt der Erde und auf Ökosystem-Prozesse, schreibt das Team um Stef Haesen von der KU Leuven (Belgien). Die ökologische Forschung zu den möglichen Veränderungen basiere allerdings größtenteils auf räumlich recht grob aufgelösten Klimadaten aus Gittern von etwa einem Quadratkilometer oder mehr. Die ermittelten Werte stammten von meteorologischen Stationen, die die Temperatur in etwa zwei Meter Höhe in möglichst offenem und windigem Terrain messen.
Mehr als 1200 Zeitreihen von Temperaturmessungen an über 1000 Standorten
Viele Organismen aber lebten unter Temperaturbedingungen, die deutlich von diesen Werten abwichen. Für viele Pflanzen etwa seien die mikroklimatischen Bedingungen in Bodennähe viel entscheidender als in zwei Meter Höhe. Insbesondere im Wald unterschieden sich die Bedingungen teils erheblich, da etwa das Blätterdach die Einstrahlungsintensität der Sonne beeinflusse.
Um die realen Bedingungen besser abzubilden, werteten die Forschenden mehr als 1200 Zeitreihen von Temperaturmessungen in Bodennähe an mehr als 1000 Standorten aus den Jahren 2000 bis 2020 in Europa aus. Diese kombinierten sie mit hochauflösenden Satellitenbildern zur Waldbedeckung, mit Angaben zur Topographie der Landschaft und den Temperaturbedingungen außerhalb der Wälder. Die räumliche Auflösung ihrer kombinierten Daten betrug 25 Meter.

Die Auswertung zeigte erhebliche Abweichungen zwischen den Temperaturen im Wald und in offener Umgebung, wobei die Temperaturen im Wald im Frühjahr und Sommer unter der Umgebungstemperatur lagen und im Winter und Herbst darüber. Das Ausmaß der Abweichung wurde etwa durch die Nähe zur Küste und die jährliche Niederschlagsmenge in einem Gebiet beeinflusst. Beide Werte beeinflussen die Feuchtigkeit des Bodes und damit auch die Temperatur in Bodennähe.
Die räumliche Auflösung der Daten von 25 Metern sei ein bedeutender Schritt vorwärts, schreiben die Forscher. Für einige Forschungsfragen sei auch das aber noch zu grob. So seien für viele Organismen viel kleinräumigere Mikroklimate entscheidend, einige Insekten fänden etwa in Sonnenflecken oder Bäumlöchern geeignete klimatischen Bedingungen vor.